Die Verfassung des Landes Hessen, die 1946 per Volksabstimmung beschlossen wurde, enthält keinen Gottesbezug. Bei der Formulierung der Verfassung hatte man bewusst darauf verzichtet, obwohl die ganz überwiegende Mehrzahl der Hessen damals einer der christlichen Kirchen angehörte. Bei der Volkszählung 1950, der ersten nach dem 2. Weltkrieg, waren 64,2% der hessischen Einwohner evangelisch, 32,2% katholisch und weniger als 3,7% Konfessionsfrei. Bei der Volkszählung 2011 lag der Anteil der Religionsfreien in Hessen bereits bei 27,1% und er steigt weiter an.
Die gegenwärtige Wiederkehr des religiösen Fundamentalismus, vorwiegend im Islam, wo es Strömungen gibt, die wieder Gottesstaaten errichten wollen, sollte uns Grund genug sein, keinen Gottesbezug in die Verfassung Hessens aufzunehmen. Wenn man denn Landesverfassung und Grundgesetz der Bundesrepublik einander näher bringen will, dann muss der Gottesbezug aus dem Grundgesetz ersatzlos entfernt werden.
Ausschließlichkeits-Religionen, die sich im Besitz ewiger Wahrheiten glauben, waren noch nie Garanten für Menschenrechte, Freiheit und gleiche Rechte für alle, dies gilt für diese Religionen immer nur für die eigenen Gläubigen und die Ungläubigen, das sind alle anderen, werden verflucht und verdammt. Das erste, was Christen nach der Missionierung in unserem Land machten, war die Errichtung eines Gottesstaates und nach der Reformation führte man als erstes Krieg zur Aufteilung des Territoriums.
Erst in der Aufklärung und in der 1848er Revolution konnte die Gleichberechtigung Kirchenfreier Menschen, gegen heftigen Widerstand der Kirchen erreicht werden. In Krofdorf-Gleiberg verweigerte man den Dissidenten, die 1861 sogar eine Zweidrittelmehrheit hatten, die ihnen gesetzlich zustehenden Rechte, man zwang sogar die Kinder Kirchenfreier Menschen zur Teilnahme am christlichen Religionsunterricht und das bis zum Jahr 1919.
Selbst heute ist es keineswegs selbstverständlich, die Rechte Kirchenfreier Menschen und Andersgläubiger in allen Bereichen zu respektieren. Gerade in Schulen und Kindergärten kommt es hier immer wieder zu Problemen, es sei hier nur an sogenannte "Einschulungsgottesdienste" und andere christliche Übungen erinnert, zu deren Teilnahme alle genötigt werden.
Was wir nicht brauchen sind Sondervorschriften für einzelne Religionen, wie Verbote von Kruzifixen oder Kopftüchern in Amtsstuben, Verpflichtungen zur Toleranz und Regeln, die gleiche Rechte für Ungläubige sicherstellen, egal ob sie der "falschen" oder keiner Kirche angehören, reichen völlig aus.
Die Aufnahme eines Gottesbezuges in die Verfassung trägt dazu nichts bei, wäre ein Schritt in die falsche Richtung.
Dieter Bender
Vorstand der Freireligiösen Gemeinde Krofdorf-Gleiberg