Zentralrat der Konfessionsfreien fordert Ende der Bevorzugung im Steuerrecht

Die Milliardensubvention für die Kirchen

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Mit der Streichung eines den Kirchen zugute kommenden Steuerprivilegs ließen sich jährlich 4,6 Milliarden Euro einsparen. Geld, das in Zeiten riesiger Haushaltslöcher dringend gebraucht würde. Der Zentralrat der Konfessionsfreien fordert ein Ende der Bevorzugung der Kirchensteuer im Einkommensteuerrecht.

Wenn ein Kirchenmitglied mit der von ihm gezahlten Kirchensteuer die Kirche unterstützt, so könnten sich Menschen, die mit der Kirche nichts am Hut haben, denken: Ist mir doch egal, sollen die anderen mit ihrem Geld doch machen, was sie wollen. Doch dieser Gedanke ist falsch. Denn auch diejenigen Bürgerinnen und Bürger, die der Kirche indifferent oder gar ablehnend gegenüberstehen, finanzieren deren Unterstützung mit. Nicht nur in Form der jährlich an die Kirchen fließenden Staatsleistungen in Höhe von rund 600 Millionen Euro, die von allen Steuerzahlern aufgebracht werden. Es gibt noch einen weitaus größeren Geldbetrag, jährlich 4,6 Milliarden Euro, der von den Nicht-Kirchenmitgliedern mitfinanziert wird: die Subventionierung der Kirchen durch eine steuerliche Privilegierung bei der Einkommenssteuer. In Zeiten, in denen die Ampelkoalition auch an Haushaltsfragen zerbrochen ist, wäre dies eine Einnahmequelle für den Staat, die sich leicht erschließen ließe. Eben das schlägt der Zentralrat der Konfessionsfreien vor.

Zu der Mitfinanzierung der Kirchensteuereinnahmen durch alle Bürgerinnen und Bürger kommt es, weil die Kirchensteuerzahler diese vollumfänglich von der von ihnen zu zahlenden Steuer absetzen können. Und steuerliches Absetzen bedeutet im Ergebnis: die Allgemeinheit, also auch deren säkular orientierter Teil, bezahlt – weil weniger Geld in den Steuertopf fließt.

Der Zentralrat der Konfessionsfreien rechnet vor:

"Die Kirchen erhalten über 12 Milliarden Euro Kirchensteuer pro Jahr, wovon die Kirchenmitglieder effektiv (nach Absetzung) rund 8 Milliarden Euro zahlen – die Differenz zahlt die Allgemeinheit über die Absetzbarkeit der Kirchensteuer. Aufgrund der aktuellen Regelung entgehen dem Staat im Jahr 2024 mehr als 4,6 Milliarden Euro Steuereinnahmen, wovon etwa 2 Milliarden Euro auf den Bund entfallen."

Die Regelung, die Kirchensteuer abzusetzen, ist äußerst großzügig. Zwar kann ein Steuerzahler auch sonstige Spenden, zum Beispiel an gemeinnützige Organisationen, von der Steuer absetzen. Dieser Betrag ist jedoch stark gedeckelt. Als Spende können maximal 20 Prozent der gesamten Einkünfte abgesetzt werden. Wer beispielsweise 30.000 Euro jährlich verdient, kann Spenden bis zu 6.000 Euro absetzen.

Nicht so bei der Kirchensteuer: Alles, was hier vom Kirchensteuerzahler abgeführt wird, kann dieser in vollem Umfang von seiner Steuer absetzen.

Das garantiert der Paragraph 10 Absatz 1 Nummer 4 des Einkommensteuergesetzes. Und eben diese Regelung – wen wundert's? – hält die Kirche für gerechtfertigt. Auf der Internetseite der Deutschen Bischofskonferenz heißt es dazu:

"Die Berücksichtigung als Sonderausgabe ist jedoch von der Verfassung geboten, weil die Kirchensteuer eine 'indisponible Aufwendung' bildet: Das Kirchenmitglied kann sich ihr nicht entziehen, wenn es in Ausübung seiner Religionsfreiheit der Kirche angehört. Die Entscheidung, in Ausübung der Religionsfreiheit der Kirche anzugehören, wird durch das Grundrecht der Religionsfreiheit geschützt. Die Kirchensteuer ist in voller Höhe steuerlich absetzbar."

Das Statement der Bischöfe lässt sich so übersetzen: Anders als bei der Spende, bei der der Spender es ja in der Hand hat, diese zu tätigen oder nicht, hat der Kirchensteuerzahler keine Wahl. Die "Spende" an die Kirche wird automatisch vom Finanzamt eingezogen. Das kann der Kirchensteuerzahler nur verhindern, wenn er aus der Kirche austritt. Es widerspreche der Religionsfreiheit, das Kirchenmitglied vor diese Alternative zu stellen.

Philipp Möller
Der Vorsitzende des Zentralrats der Konfessionsfreien Philipp Möller (Foto: © privat)

Dieses Argument hält Philipp Möller, Vorsitzender des Zentralrats der Konfessionsfreien, nicht für stichhaltig. Er sagt: "Erstens steht im Grundgesetz nichts von der steuerlichen Absetzbarkeit der Kirchensteuer. Zweitens wird das Grundrecht auf Religionsfreiheit nicht automatisch verletzt, wenn der Staat die Absetzbarkeit auf den für alle anderen geltenden üblichen Pauschbetrag deckelt."

Möller zeigt die Ungerechtigkeit anhand eines Beispiels auf: "Eine konfessionsfreie Supermarkt-Kassiererin im Niedriglohnsektor spendet an die Arbeiterwohlfahrt, kann diese Ausgaben jedoch nicht in voller Höhe steuerlich geltend machen. Gleichzeitig trägt sie mit ihren Steuern dazu bei, dass der evangelische oder katholische Inhaber der Supermarkt-Kette seine (hohe) Kirchensteuer in vollem Umfang von der Einkommenssteuer absetzen kann." Möller fordert, dass die Kirchensteuer genauso behandelt wird wie etwa Mitgliedsbeiträge an gemeinnützige Vereine.

Die Bischöfe argumentieren auch, dass die volle Absetzbarkeit ja nicht der Kirche, sondern den einzelnen Steuerzahlern zugute komme. Bei der Deutschen Bischofskonferenz heißt es, die volle steuerliche Absetzbarkeit, sei "keine Steuervergünstigung für die Kirchen, denn sie betrifft den einzelnen Bürger, der von der Abzugsfähigkeit profitiert."

Eine Ersparnis, die freilich von allen anderen Steuerzahlern mitfinanziert wird. Philipp Möller betont: "Mit der Realisierung des Vorschlags des Zentralrats würde Geld für die Allgemeinheit frei." Dieses könne dann eingesetzt werden in Schulen, Universitäten, Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen oder zur Modernisierung der Infrastruktur usw. Anders als viele dächten, fließe auch nur ein geringer Teil der Kirchensteuer in soziale Zwecke, Möller schätzt diesen Anteil auf 5 bis 10 Prozent.

Der Zentralrat der Konfessionsfreien hat nun politische Entscheidungsträger angeschrieben und ihnen den Vorschlag präsentiert, die steuerliche Regelung, mit der die Kirchen subventioniert und privilegiert werden, zu beenden. Auch wenn sich die Idee in den derzeitigen politischen Wirren bevorstehender Neuwahlen nicht realisieren lässt, wird doch sehr bald schon eine neue Mehrheit im Bundestag mit den bestehenden Haushaltsproblemen konfrontiert sein. Und könnte einen erheblichen Teil davon mit Hilfe des Vorschlags des Zentralrats der Konfessionsfreien lösen.

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