BERLIN. (hpd) Die Berliner Grünen haben auf ihrem Parteitag am vergangenen Wochenende die Weichen für die Wahl zum Abgeordnetenhaus im September gestellt. Mit tatkräftiger Beihilfe der Landesarbeitsgemeinschaft Säkulare Grüne (LAG) traute sich die Partei, zum Verhältnis von Staat zu den Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften klare Aussagen zu machen.
Die Gründung der LAG hat fühlbar dazu beigetragen, diese lange verschobenen Diskussionen in der Partei endlich zu führen. So waren es auch die Vorschläge der Grünen Säkularen, die ihren Niederschlag im Wahlprogramm führten.
Der Programmpunkt beginnt mit dem friderizianischen Bekenntnis, dass in Berlin alle Menschen nach ihrer Fasson selig werden können. Diese bekannte Aussage wird gerade heute der wachsenden Vielzahl der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften gerecht, die in Berlin aktiv sind.
Es kommt – auch nach Auffassung der Säkularen Grünen – nicht darauf an, diese Gruppen an den heimischen Herd zu verbannen. Sie sind wichtige zivilgesellschaftliche Akteure, die beispielsweise in der Flüchtlingspolitik wichtige Aufgaben wahrnehmen. Keine dieser Gemeinschaften hat aber das Recht, ihre Lehren mit staatlicher Gewalt durchzusetzen.
Das gilt für die finanzielle und protokollarische Sonderstellung der beiden christlichen Großkirchen ebenso wir für das absurde Verlangen anderer, bildliche Darstellungen oder kritische Auseinandersetzungen mit ihren Religionsgründern zu kriminalisieren.
Vorbild für die Berliner Grünen ist nicht das Streben von Glaubensgemeinschaften nach (noch mehr) Privilegien, sondern die Bewahrung und Stärkung der gelebten Vielfalt. Ausdrücklich lobt das Programm das Projekt der Langen Nacht der Religionen. Wir brauchen endlich einen neuen politisch-rechtlichen Ordnungsrahmen für das Verhältnis der verschiedenen Akteure. Das morsche Staatskirchenrecht aus dem Jahre 1919 wird diesem Anspruch nicht gerecht.
Gemeinsam mit den VertreterInnen der Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, die ihre Arbeit auf Basis des Grundgesetzes leisten, wollen wir die Seelsorge und den Beistand auch in Krankenhäusern und Gefängnissen gewährleisten. Die Benachteiligung der kleineren Gemeinschaften geht auf Kosten der Menschen, die deren Beistand wünschen. Wichtig ist bei dieser Aussage, dass die Zuverlässigkeit der Akteure gewährleistet sein muss.
Grüne wollen das durch Volksentscheid beschlossene Pflichtfach Ethik in den Schulen weiterentwickeln und dafür unter anderem die Aus- und Weiterbildung der LehrerInnen stärken.
Nötig ist hier auch die Verbesserung der universitären Ausbildung. Hier sollen weitere Lehrstühle für Religionen und Weltanschauungsgemeinschaften eingerichtet werden. Im Bericht der Arbeitsgruppe des Bundesvorstands zu deren Verhältnis zum Staat wird sogar ausdrücklich die Einrichtung eines Lehrstuhls für Humanistik gefordert.
Einig sind sich die Berliner Grünen darin, dass auch Muslime einen Anspruch darauf haben, an den Universitäten des Landes ausgebildet zu werden. Die Frage der Theologischen Fakultäten wird unter Säkularen außerordentlich lebhaft diskutiert. Unabhängig vom Ergebnis dieser Debatten wird es aber kaum zu vertreten sein, den pädagogischen Nachwuchs an irgendwelchen Einrichtungen auszubilden, die womöglich aus Saudi-Arabien oder anderen obskuren Quellen finanziert werden.
Etwas sachter formuliert, aber gleichwohl verbindlich, ist die Programmaussage zur Ablösung der historischen Staatsleistungen an die großen christlichen Kirchen. Die Reform soll mit einem Dialog beginnen, wie dieser Auftrag des Grundgesetzes nach fast 100 Jahren endlich erfüllt werden kann.
Eine wichtige Programmforderung ist die Schaffung von mehr Transparenz bei den staatlichen Zahlungen und anderen Zuwendungen an Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften. Hier soll ein Transparenzregister eingerichtet werden, das Licht ins Dunkel der Kirchenkassen bringen soll.
Aus säkularer Sicht bieten die einstimmig angenommen Programmaussagen eine solide Grundlage für die Arbeit in den nächsten fünf Jahren, ob als Regierungspartei oder in der Opposition. Säkulare Politik in und für Berlin steht auf der politischen Tagesordnung. Die Grüne Partei hat sich in die Pflicht genommen.