Wenn Sie in den nächsten Tagen jungen Leuten begegnen, aus deren To-Go-Trinkbechern Fäden hängen, dann könnte es sein, dass Sie Zeuge einer provokanten Aktion geworden sind. Mit einfallsreichen Aktionen wollen junge Aktivist*innen das Thema Menstruation in die Öffentlichkeit bringen und die Enttabuisierung der Monatsblutung erreichen. Wir sprachen mit einer der Initiatorinnen von #aktionsmens.
hpd: Frau Schmitz, Sie starten mit Aktivist*innen, die sich unter dem Dach von "pro familia" zusammengetan haben, eine außergewöhnliche Aktion unter dem Hashtag #aktionsmens. Was soll dabei genau passieren?
Wir möchten das Thema Menstruation in die Öffentlichkeit bringen. Wir rufen dazu auf, sich mit phantasievollen Aktionen über die Tabuisierung der Monatsblutung hinwegzusetzen. In den zwei Formaten #showmymens und #tellmymens können Menschen Bilder gestalten oder persönliche Erfahrungsberichte einsenden oder selbst auf Facebook und Instagram laden und mit dem Hashtag #aktionmens mit uns und der Aktion verlinken. Ebenso können Beiträge unter dem Hashtag #aktionmens auf Twitter verbreitet werden.
Wie genau kann das aussehen?
Der Phantasie der Menschen sind keine Grenzen gesetzt. Wir sind besonders gespannt auf Einsendungen und Verlinkungen zum Format #showmymens. Hier werden Einzelpersonen oder Gruppen dazu eingeladen, Menstruationsprodukte in alltäglichen Situationen einzubinden und zu dokumentieren. Genauso freuen wir uns über Initiativen von Menschen, in denen sie selbstorganisiert durch ihren Kiez, ihre Gemeinde oder ihre Stadt ziehen. Dort können sie die Sehenswürdigkeiten in ihrem Ort in neuem Glanz erstrahlen lassen.
Also mit Tampon im To-Go-Becher in die U-Bahn? Verschreckt das nicht eher als dass es Interesse weckt? Geht es Ihnen um Provokation?
Nein, es geht vielmehr um Sichtbarkeit und Normalisierung eines Themas, dass existent, jedoch nicht öffentlich ist. Selbstverständlich kann darüber diskutiert werden, ob das Thema Menstruation überhaupt öffentlich diskutiert werden muss oder nicht. Wir bewegen uns jedoch in einem Diskurs, in dem Weiblichkeit sexualisiert wird, immer rein und sauber sein muss. Menstruation gegebenenfalls als etwas Schmutziges passt da nicht in das Bild, das öffentlich von weiblich identifizierten Personen gefordert wird. Alle Gefühle und Bedarfe, die sich um das Thema Menstruation drehen, werden somit gesellschaftlich tabuisiert. Die #aktionmens setzt sich zum Ziel, dieses Stigma zu entkräften, indem vielfältige und humorvolle Abbildungen öffentlich geteilt werden.
Auf welchen Kanälen wird der Hashtag #aktionmens von Ihnen betreut?
Über Facebook und Instagram laden wir eigene und uns anonym zugestellte Bilder und Erfahrungsberichte unter dem Hashtag #aktionmens hoch. Diese Beiträge werden analog auf Twitter geschaltet, für alle, die uns über diesen Kanal folgen möchten. Außerdem sind alle Menschen herzlich dazu eingeladen, eigene Bilder auf ihren Profilen auf Facebook, Instagram und Twitter zu streuen und mit dem Hashtag #aktionmens mit uns zu verbinden. Mit der Vielfalt an Social-Media-Kanälen versuchen wir so viele Menschen wie möglich zu erreichen.
Es ist die erste Aktion von "pro familia in action", sie birgt ein gewisses Potenzial zum Skandal. Wird die Gruppe das neue Femen?
Wir möchten uns nicht über die Abgrenzung zu anderen Gruppen und Initiativen konstruieren. "pia – pro familia in action" ist das junge Netzwerk des pro familia Bundesverbands. Das Netzwerk ist eine Plattform für junge Menschen, die sich mit den Werten von pro familia auseinandersetzen und diese in eigenen Aktionen, zeitgemäß, medial und progressiv umsetzen wollen. Es soll z.B. ehemaligen Praktikant*innen und Praxisstudierenden die Möglichkeit geben, an pro familia angedockt zu bleiben und eigene Partizipationsformen lokal und national zu entwickeln. Außerdem bietet es allen jungen, politischen Menschen außerhalb von pro familia die Möglichkeit, sich über pia für die Themen von pro familia zu interessieren, sich über aktuelle politische und wissenschaftliche Diskurse rund um sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte auszutauschen und sich gemeinsam zu empowern.
Was erhoffen Sie sich von der Aktion? Und mit welcher Resonanz rechnen Sie?
Wir hoffen auf vielfältige und bunte Beiträge, welche die Diversität des Themenfeldes Menstruation abbilden. Wir freuen uns besonders über Einsendungen, die klar entgegen binärer Geschlechterordnungen Menstruation als Thema für alle verdeutlichen. Wenn wir es schaffen, Menschen, die sich bereits für das Thema einsetzen, in ihrem Engagement zu bestärken, haben wir ein Ziel erreicht. Wenn wir es zudem noch schaffen, Menschen mit unseren Bildern und Erfahrungsberichten zu irritieren und zum Nachdenken anzuregen, bewegen wir uns in die richtige Richtung: Die Enttabuisierung der Menstruation.
Zur Person: Alina Marlene Schmitz ist stellvertretende Vorsitzende im pro familia Bundesverband, dem nach eigenen Aussagen "führenden Verband zu den Themen Sexualität, Partnerschaft und Familienplanung in Deutschland". Sie ist Gründerin des jungen Netzwerks "pia – pro familia in action" in der Organisation. Sie macht zurzeit ihren Master in "Intercultural Conflict Management" mit den Schwerpunkten Gender, Menschenrechte und transnationale Beziehungen. Schmitz war auch lange Zeit im Jugendverband des Humanistischen Verbandes Berlin-Brandenburg e.V., den Jungen Humanist_innen Berlin, aktiv.
5 Kommentare
Kommentare
Martin am Permanenter Link
Es gibt gesellschaftlich sinnvolle Anliegen, bei denen man zumindest die Motivation nachvollziehen kann, selbst wenn man in der Sache anderer Meinung ist.
Diese ganze Aktion zur Enttabuisierung der Menstruation mag irritieren und bei den Initiatoren diebische Freude entfachen, ein weitergehender Sinn erschließt sich mir nicht.
radikalfair am Permanenter Link
<i>Ja, Frau Schmitz, die Menstruation. Was für ein Tabu! Endlich nimmt sich mal jemand des Themas an und sorgt dafür, dass wir Menschen frank und frei über Menstruation reden dürfen!<i>
Frau Schmitz. Sie sind - entgegen ihrer Annahme - KEINE "Tabubrecherin". Ihr Aktion ist in Gänze uninteressant und überflüssig. Sie ist eine weitere feministisch-opportune Nabelschau. Der Interviewtext ist inhaltsleeres Marketing-blahblah und "Namedropping". Ein Konglomerat von Begriffen, die Sie in Ihrem Gender-Studium fleissig auswendiggelernt haben. Mehr nicht.
Wenn sie mal eine Referenz fürs echt "Tabu brechen" benötigen, schauen Sie sich mal an, was Cassie Jaye erleben muß, wenn sie den von ihr produzierten Dokumentarfilm "Red Pill" vorführen möchte. Oder Dr. Jordan Peterson von der Universität Toronto. Oder der Fall der ehemaligen Gleichstellungsbeauftragten Monika Ebeling.
Da brennen Autos und finden Strassenschlachten statt. Da stehen plötzlich vermumte Linke vor der Tür und wollen sie einschüchtern. Da werden plötzlich zugesagte Gelder, die sie für die Produktion ihres Films benötigt hätten, gestrichen. Arbeitgeber werden angerufen und ihr Leumund zerstört. Vorträge werden massiv gestört. Jobs verloren.
DAS ist "Tabu brechen".
Sie, Frau Schmitz, sind - mit Verlaub - nur eine weitere Frau, die in ein politisch opportunes Horn bläst. Nicht mehr. Und nicht weniger.
Kay Krause am Permanenter Link
Der Mensch mit all seiner vorhandenen Intelligenz findet wohl nur selten ein gesundes Mittelmaß, meißt kommt er von einer Dummheit, Katastrophe oder Übertreibung in die nächste. So auch hier!
Daraus nun gleiche eine öffentliche Demonstration zu machen mit benutzten Tampoos in Teebechern neben dem Frühstückteller halte ich für kontraproduktiv. Ich denke, dass es doch gewisse Dinge gibt, die in's Privatleben gehören und auch dort bleiben sollten. Ich belästige schließlich auch nicht in der Öffentlichkeit meine Mitbürger mit meinen sexuellen Gepflogenheiten, ich grapsche meiner Begleiterin auf dem Rathausmarkt nicht in den Ausschnitt oder in den Schritt, nur weil ich das schön finde und von der Gesellschaft erwarte, dass sie das gefälligst akzeptiert. Vielleicht hat das Ganze etwas mit "Kultur" zu tun?
René am Permanenter Link
Diesem Begriff der Unreinheit wird augenscheinlich nicht von "Bildungsorganen" entgegengewirkt, auch wenn Du eine solche (exklusive?) Zuständigkeit postulierst.
Ich empfinde #aktionmens als wunderbar provokativ und einen willkommenen Gegenpol zu aller gekünstelten Tabuisierung und Empörung über natürliche Gegebenheiten. Dass der Tampon auf dem Foto, worauf Du anspielst, nun ein tatsächlich bestimmungsgemäß benutzt worden ist, ist vermutlich eine Annahme Deiner Fantasie. Und selbst wenn... so what? Ich finde, es ist ein witziges Fotomotiv. Diese Too-much-information-Mentalität ist mir in der Gesellschaft teilweise unerträglich. An solcher Verklemmtheit sollte stetig gerüttelt werden.
Ob jetzt sexuelle Handlungen in der Öffentlichkeit vorgeführt werden dürfen (sollten), ist ein ganz anderes Themenfeld. Da kommen dann noch juristische Details ins Spiel, die zu diskutieren wären. Was Dein Begleiterin-Auschnitt-Beispiel nun mit dem Zeigen von roter Farbe (oder meinetwegen Menstruationsblut) in einer Wattekompresse zu tun haben soll, erschließt sich mit nicht.
Christopher am Permanenter Link
Zum einen bin ich ein Mann - und es steht mir schlecht an, über eine Aktion von Frauen zu diesem Anliegen zu urteilen.
"Dass es lediglich die Absonderung einer Körperflüssigkeit ist", wie Kai Krause kommentiert, wird leider oftmals genau so NICHT gesehen oder erlebt oder suggeriert.
So betrachtet kann ich es nur unterstützen, dass das gewünschte Ziel, die Enttabuisierung der Menstruation, erreicht wird.
Ob der gewählte Weg nun der richtige ist, sei dahingestellt.
Es ist ein Weg - und ein Anfang.