Aufruf des laizistischen Komitees in Frankreich

"Herr Präsident, wagen Sie den Laizismus!"

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Patrick Kessel, Präsident des laizistischen Komitees Frankreich
Patrick Kessel, Präsident des laizistischen Komitees Frankreich

Patrick Kessel, der Präsident des laizistischen Komitees Frankreichs, fordert in dem französischen Nachrichtenmagazin "Marianne", das laizistische Staatsmodell wieder zu stärken. Er beruft sich dabei auf die Positionierung abseits von rechts und links, die Emmanuel Macrons Bewegung "En Marche" für sich beansprucht.

Der radikale Islamismus, die Xenophobie der Identitären, die Bedrohung der Gleichheit von Mann und Frau, eine fragile soziale Situation – "die französische Gesellschaft steckt in der Krise" schrieb der Präsident des nationalen laizistischen Komitees (Comité laïcité République) Patrick Kessel Ende März vor den Präsidentschaftswahlen. Der neue Präsident müsse daher "den Laizismus zurück ins Herz der Republik bringen", lautete seine Forderung damals.

In dem französischen Magazin "Marianne" hat er nun diese Forderung gegenüber dem jüngsten Präsidenten der Republik Emmanuel Macron erneuert, um die sozialen, politischen und kulturellen Risse, die sich durch die Republik zögen, zu kitten. Aus einem Arbeitspapier ist kürzlich bekannt geworden, dass Macron eine Art "Laizismus light" in Frankreich einführen und damit auf Gläubige zugehen möchte.

Kessel stellt dieser Vision die Forderung nach einer Stärkung des Laizismus entgegen. "Den Laizismus wieder ins Herz der Republik zu rücken, ist ebenso wichtig wie der Kampf gegen den radikalen Islam auf der einen und gegen den wachsenden Fremdenhass andererseits", schreibt Kessel. Dies müsse einhergehen mit einer intellektuellen Auseinandersetzung. "Denn dass 16 Millionen Franzosen nicht wählen waren und 11 Millionen den rechtsextremen Front National gewählt haben, zeigt, dass man ihnen eine neue Hoffnung basierend auf den Werten von Gemeinschaft und Brüderlichkeit bieten muss."

In Frankreich bestehe – schon aus historischen Gründen – das starke Bedürfnis, alle Männer und Frauen unabhängig von ihrer Herkunft, Hautfarbe, Weltanschauung, sexuellen Identität und politischen Meinung unter dem Dach einer universellen und brüderlichen Gemeinschaft zu versammeln. "Der Laizismus stellt das Rückgrat in einem solchen Gebilde dar, weil dieses architektonische Element allein das Ganze trägt", schreibt Kessel nun in dem Magazin.

Mit dem laizistischen Staatsprinzip seien in den vergangenen Jahren aber auch die republikanischen Grundprinzipien von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit unter die Räder der religiösen Fanatiker und der rechtsextremen Kräfte geraten. Sie hätten "das Herz der Republik" angegriffen, die politisch Verantwortlichen hätten dies hingenommen. Kessel gibt hier auch der staatlichen Laizimus-Behörde eine Mitschuld, die, statt die Probleme zu thematisieren, beschwichtigt und geschwiegen habe. Über die Gründe könne er nur spekulieren, Kessel führt unter anderem die Angst, als islamfeindlich wahrgenommen zu werden, postkoloniale Schuldkomplexe und Wahlkampfmotive an.

Kessel betont in seinem Beitrag noch einmal, das vier von fünf Franzosen den Laizismus als etwas Selbstverständliches ansehen. Zugleich verstehen gerade junge Franzosen nicht mehr, was Laizismus eigentlich bedeutet. Deshalb hatte die Laizismus-Behörde kürzlich eine Youtube-Kampagne gestartet, um die Bedeutung des Laizismus im (Schul-)Alltag zu erklären.


Fotoquelle: http://www.laicite-republique.org