Liebesbriefe an Richard Dawkins

BERLIN. (hpd) Sie ist manchmal zum Verzweifeln, die gegenwärtige Diskussionskultur. Zu oft ersetzen Gestus und Moralisierung handfeste Argumente. Zu selten wird stimmige Kritik als Geschenk angenommen. Wo der eigene Standpunkt – politisch wie wissenschaftlich – eine Frage von Gruppenzugehörigkeit ist und das Ziel einer Diskussion mehr in Selbstdarstellung denn in Wahrheitssuche besteht, müsste eine zeitgemäße Dialektik auf These – Antithese – persönliche Beleidigung lauten.

Um in dieser Kultur nicht den Mut zu verlieren, braucht es manchmal eine gehörige Portion Humor. Davon kann wahrscheinlich auch Richard Dawkins, Evolutionsbiologe, Wissenschafts-Popularisierer und Religionskritiker, ein Lied singen.

Wie aufmunternd ein humorvoller Umgang mit Leserbriefen aussehen kann, die sachliche Gegenkritik mit dem aggressiven Gestus des gekränkten Gemüts verwechseln, veranschaulicht Professor Dawkins in diesem Video.

Wer gegenüber der englischen Sprache Verständnisprobleme hat, findet unten eine eigene Übersetzung des Gesagten.

Es ist trotzdem empfehlenswert, das Video beim Lesen der Übersetzung ablaufen zu lassen, um die musikalisch und persönlich erzeugte gute Stimmung zu erleben, die in einer bloßen Lektüre der Übersetzung womöglich unterzugehen droht.

 

 

 

Stimme aus dem Off: OK, wir drehen.

Dawkins: Vor einigen Jahren gab ich eine Lesung einiger der freundlichen Briefe, die ich erhalte. Und es gab eine ordentliche Nachfrage nach einer weiteren Lesung. Hier kommt ein zweiter Schub menschenfreundlicher Korrespondenz.

Dawkins liest den ersten Brief: Es macht mich krank von Dir und Deiner Evolutionstheorie zu hören. Du magst Dich ja aus Affen entwickelt haben aber lass mich da raus! Hast Du jemals versucht, mit einem Affen Liebe zu machen? Ich meine, ich wäre nicht überrascht, wenn Du es tatsächlich versucht hast, wo doch Sodomiten heutzutage alle unsere Universitäten leiten. Aber so oder so hoffe ich, dass Du von satanischen Affen in der Hölle vergewaltigt wirst.
Ergebenst, eine von unserem Herrn erschaffene Tochter

Dawkins liest den zweiten Brief: F… Dich, Du F…! Was wirst Du denken, wenn die kochenden Wasser der gerechten Empörung Gottes über Dir ausgegossen werden? Ich freue mich darauf, die exquisite Folter vom Himmel aus zu beobachten, die Du durch die Hände des von Dir verstoßenen, gerechten und liebenden Gottes erleiden wirst, Du F….
Gott Segne!

Dawkins liest den dritten Brief: Ich hasse Dich! Du denkst nicht, dass Gott real ist, weil Du schwul und dumm bist. Warum hörst Du nicht auf schwul und dumm zu sein und praktizierst Sex? Ich wette, dass Du Sex mit Affen hast, weil Evolution das verlangt, Herr Schwul-Und-Dumm.

Dawkins liest den vierten Brief: Hahaha Schlampe! Nein, Du bist kein Atheist, Du bist ein Schwultheist (1) LOL LOL (2). Sie sollten Dich Richard Dickkins (3) nennen, weil Du damit beschäftigt bist, Bill Mahs (4) Schwanz zu lutschen und diese Labour-Partei-Vollidioten. Du kannst nichts anderes.
Oh, und Deine Wissenschaftsbücher sind Scheiße. Aber nicht so beschissen wie “Gotteswahn”. Junge, es war so armselig geschrieben, es war eine Verschwendung von Klosettpapier, Mutterf…. LOL und Deine Website ist mordsmäßig beschissen, Schlampe. Keine Sorge, ich komme wieder, um Deine Scheiss-Website zu trollen (5) hahahahahaha

Während des letzten Satzes wird Richard Dawkins durch einen Hinweis aus dem Off unterbrochen, der ihn über die richtige Artikulation des Slang-Begriffs “Biatsch” aufklärt. Es handelt sich dabei um eine lässig-abgewandelte Form des Wortes Bitch, welches Schlampe bedeutet. Richard Dawkins scheint dieses abgewandelte Schimpfwort fremd gewesen zu sein.

Dawkins liest den fünften Brief: Betreff: Übernimm Verantwortung (6) Dawkins, die Unruhen in London sind ganz und gar Deine Schuld. Diese gottlosen Männer plündern diese armen, gottesfürchtigen Helden. Unternimm etwas, um den Schaden ungeschehen zu machen! Dich trifft alle Schuld. Alle Erlöse aus “Egoistisches Gen” (7) sollten zum Wiederaufbau Londons verwendet werden. Bis Du etwas unternimmst: Fick Dich!

Dawkins liest den sechsten Brief: R. Dawkings, Sohn des Teufels, fahr zur Hölle! Dawkins, Sohn Satans, Antichrist, Antichrist, Antichrist! Respektiere Gott, Sohn Satans!

Dawkins liest den siebten Brief: Warum verbirgst Du die Tatsache, dass Du ein Freimaurer bist, dessen Auftrag darin besteht, die Leute so weit wie möglich von Gott zu entfremden? Du weißt, dass Gott existiert und das Christentum die Wahrheit ist, weshalb Du auch andauernd gegen das Christentum ansprichst. Du bist einer der vielen Antichristen, Du satanischer Hund! Die Hölle erwartet Dich, Du kleine, freimaurerische Fotze. Gott wird kein Erbarmen haben.

Dawkins liest den achten Brief: Du nervst, dummer Atheisten-Abschaum. Du bist eine Schande für die Menschheit, Du dummer, irreführender Atheist. Du bist ein absoluter Heuchler, weil Du stets religiöse Menschen anklagst, weil sie einen Glauben haben. Dabei bist Du selber gläubig in Sachen Wissenschaft. Du akzeptierst jeden einzelnen Fakt der Wissenschaft ohne es je zu hinterfragen, weil Du schwul bist. Es gibt eine Menge Christen, die Wissenschaftler sind und glauben, dass die Erde 10.000 Jahre alt ist. Aber Du akzeptierst sie nicht, nicht wahr? Genau! Weil Du nur glaubst, was Du glauben willst und einen unerschütterlichen Glauben von der Gegebenheit hast, dass Deine Ur-Ur-Ur-Großeltern eigentlich Bakterien waren und dass Du Dich ebenso entwickelt hast. Aus irgendeinem merkwürdigen Grund wärst Du gerne ein Bakterium anstatt eines Menschen. Deshalb sind Atheisten dumm.
In Deinem Herzen weißt Du, [hier ein unverständlich artikuliertes Wort] dass Gott real ist und dass Du eines Tages bestraft werden wirst, Du wirst auf Deinem Totenbett konvertieren, da bin ich mir sicher. Weil Du weißt, dass Du – wenn Du es nicht tust – zur Hölle fahren wirst und fürchterliche Schmerzen und Peinigung durchmachen wirst, Heuchler.

Dawkins liest den neunten Brief: Hi Schwuchtel, Du bist linker Dreck, Du lutschst Noam Chomskys (8) Schwanz, Du Kommunisten-Schwuchtel. Du passt besser auf, denn linker Dreck wird in Leominster, England nicht geschätzt. Schwuchtel, wir hacken Deinen Kommunisten-Kopf ab. Du bist ein Jude, wie Deine Mutter Sam Harris (9) ttttt. Hey, wo wir gerade von Sam Harris reden: Wann hat er Dir das letzte mal einen Freesome (10) gegeben?

Dawkins liest den zehnten Brief: Geh und f… Dich selbst! Sie Sir sind ein absoluter Arsch. Ihre geringfügige Intelligenz ist nichts anderes als der Furz Gottes. Sie bist einer dieser Bedauerlichen, die es nötig haben, dass es Ihnen Gott ins Gesicht drückt. Ihre Seele ist in Gefahr!

Dawkins liest den elften Brief: Junge, wie sehr hungert es Deine Seele nach der Wahrheit? Ein Kampf zwischen Satan und Gott zerreißt Dich in Stücke. Fühlt es sich gut an, wenn Du in Deinem Bett liegst während alles still ist und Dich Dein Gewissen zu dem Wunsch treibt, ins Bad zu rennen und Dich zu übergeben?

Dawkins liest den zwölften Brief: Hallo Dawkins, gut gemacht: Du hast ein Vermögen aus Deinem verf… Buch gemacht, jetzt wirst Du auf ewig brennen, Bastard.

Dawkins liest den dreizehnten Brief: Richard Dawkins, ich hoffe, Du stirbst an Tollwut, Schlampenlecker.

An dieser Stelle verweist eine Stimme aus dem Off amüsiert auf die weiter oben besprochene abgewandelte Version des Begriffs Bitch ( = Schlampe).

Dawkins liest den vierzehnten Brief: Richard Dawkins, die Spermien Deine Vaters wurden an Dich verschwendet, Du hässliche Person. Grüß Deine Mutter.

Dawkins liest den fünfzehnten Brief: Richard Dawkins. Er ist ein Schwanz und muss bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kommen oder in einem Flammenwerfer-Unfall.

Eine Stimme aus dem Off: Das ist schrecklich.

Dawkins liest den sechzehnten Brief: Richard Dawkins, wie kannst Du die Evolutionstheorie rechtfertigen, wenn Du womöglich die abscheulich-hässlichste Abfallhaufen-Kreatur der Welt bist.

Dawkins liest den siebzehnten Brief: Richard Dawkins, ich hoffe aufrichtig, dass Dir etwas Schlimmes zustößt. Dass Du zum Beispiel Krebs bekommst oder so.

Aus dem Off kommt die Frage: “Was macht das mit Ihrem Selbstwertgefühl?” Worauf Dawkins antwortet: “Ziemlich gut, wirklich. Ich meine, dass die alle nur eher lustig sind.”

Abschließend werden einige Szenen aus dem bisherigen Video wiederholend zusammengeschnitten.

 


Fußnoten zur Übersetzung:
(1) Das soll ein Wortwitz sein, der darauf beruht, dass Atheist und Schwultheist im Englischen ähnlich klingen: Atheist – Gaytheist.
(2) Die Abkürzung LOL steht für laughing out loud, zu Deutsch: lautstark lachen
(3) Übersetzt: Schwanzkins
(4) Wahrscheinlich ist Bill Maher gemeint, der auf Wikipedia unter anderem als öffentlichkeitswirksamer Religionskritiker in den USA beschrieben wird.
(5) Zu “trollen” bedeutet in der gegenwärtigen Internetkultur eine Diskussionsteilnahme, die sich absichtlich auf sachfremdes Provozieren beschränkt.
(6) Scheinbar mit Schreibfehler in dem Wort responsibility = Verantwortung
(7) Gemeint ist Richard Dawkins Buch “Das egoistische Gen”
(8) Noam Chomsky ist emeritierter Professor für Linguistik und linker Intellektueller.
(9) Sam Harris wird von Wikipedia als Philosoph, Neurowissenschaftler und Atheist ausgewiesen.
​(10) Ein Freesome ist eine Situation in der man einen "flotten Dreier" angeboten bekommt, ohne sich dafür Mühe geben zu müssen.

 


Übersetzung des Quelltextes und des Videos durch Markus Aurora

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