Es werde Licht: Elektrifizierung in Afrika

hpd: Werden Monokulturen angebaut oder weniger störanfällige Mischkulturen?

Schopp: Es sind eher Mischkulturen. Wenn es also gut läuft, verdienen die Leute vier bis sechs Euro. So ein HausTyp 1 mit ohne weiteres acht Einwohnern wird sich am Anfang über zwei Energiesparlampen freuen.

 

hpd: Wo kommen diese Energiesparlampen her?

Schopp: Aus dem Konzept, aus dem Projekt. Wir bringen sie mit.

 

hpd: Ihr bringt sie mit und verkauft sie an die Leute?

Schopp: Ja genau. Männer aus der Dorfgemeinschaft, die für die Energieversorgung zuständig sind, die letztendlich auch die Verwaltung übernehmen sollen, werden diese Lampen dann verkaufen. Aber diese Lampen sind nicht einfach irgendwoher mitgebracht worden, diese Lampen sollen aus Afrika kommen. Ich möchte keinen Export von europäischen Gütern verursachen, die man vor Ort auch bekommen kann.

 

hpd: Das heißt, es gibt Energiesparlampen, die in Afrika produziert werden?

Schopp: Ja, allerdings aus größerer Entfernung, unter Umständen genauso weit weg wie von Deutschland nach Afrika. Qualität und Güte sind natürlich zu prüfen und in der Regel haben wir nicht so viele Möglichkeiten, die Alternativen afrikanischer Produkte im Vorfeld zu prüfen – aber dafür haben ja solche Projekte zweite, dritte, vierte Phasen.

So ein Haus hat also zwei Energiesparlampen, weil sie sich das leisten können. Wichtig an der Stelle ist: Ich möchte versuchen, den Unterschied deutlich zu machen, für das Produkt Strom etwas zu bezahlen oder für die Zurverfügungstellung der Technik. Für die Nutzung der Technik soll gezahlt werden und nicht für den Strom als Produkt. Das Benutzen der Technik, die geliefert wird.

 

hpd: Wenn ich die Lampe einschalte, nutze und dann wieder ausschalte, würde ich den Strom bezahlen?

Schopp: Es geht um die Menge der Geräte, die ich betreibe.

 

hpd: Also zahle ich zwei Energiesparlampen?

Schopp: Im Prinzip zwei Energiesparlampen.

 

hpd: Die Nutzung zweier Energiesparlampen, unabhängig davon, wie lange ich diese einschalte? Auch wenn ich die Lampen die ganze Nacht laufen lasse, jemand anderer aber nur ein paar Minuten am Abend.

Schopp: Genau. Das ist der springende Punkt. Und wenn das alle so machen, dann wird das System nicht kaputtgehen, aber das System kann dann nicht soviel Energie zur Verfügung stellen, damit alle Leute das Licht eingeschaltet lassen könnten – was ja nicht sinnvoll ist. Und da setzt ein Lerneffekt ein: Wenn alle einfach verschwenderisch mit dem Strom umgehen, weil sie alle ihre Lampen oder andere Geräte, die sie ja gekauft haben, die ganze Nacht oder den ganzen Tag in Betrieb halten, dann wird irgendwann der Speicher leer sein, die Akkumulatoren. Die Sonne reicht nicht aus, um diesen Strom zur Verfügung zu stellen, es wird verschwendet.

 

hpd: Das passiert dann in der Regel?

Schopp: Das passiert auch. So wie ich am Anfang beim Dieselgenerator gesagt hatte, sind alle Leute froh: „Jetzt haben wir endlich Strom!“ Das läuft und der Dieselgenerator ist 50 bis 100 Meter vom Dorf weg, ich höre den ja gar nicht. Ich weiß nur, wenn ich mein Licht einschalte, dann habe ich Strom, die Lampe geht an.

 

hpd: Soweit finde ich das ein kluges Konzept. Man kauft ein Produkt, es wird bezahlt, dann kann man es laufen lassen, solange man will. Die Leute lernen aber, wenn sie das rund um die Uhr laufen lassen, flackert das Licht und ist irgendwann weg. Und dann muss man eine ganze Weile warten, bis die Sonne die Akkus wieder aufgeladen hat. Das werden sie also nicht mehr tun. Andererseits werden sie ermutigt, weil sie nicht pro verbrauchter Einheit bezahlen, sondern für die Anzahl ihrer Elektrogeräte.

Schopp: Da setzt ein Gruppenzwang ein.

 

hpd: Ja, sie müssen nicht sparen, um weniger zu bezahlen, sondern weil sonst der Strom-Akku leer ist.

Schopp: Genau das ist der springende Punkt. Und das Ganze geht auch mit Wasser. Wasser sollte auf der ganzen Welt jedem Menschen kostenlos zur Verfügung stehen. Aber die Bereitstellung des Wassers, die Technik, die dafür notwendig ist, die habe ich zu bezahlen.

Bei diesem Gedanken, nicht den Strom in Kilowattstunden bezahlen zu müssen oder zu sollen, weil die Leute, die mehr Geld haben, die zum Beispiel das Haus Typ 4 bewohnen, die können ohne weiteres sagen: Wir können alles einschalten! Wir haben soviel Geld, das ist uns vollkommen egal!

Dadurch verliert der Nutzer die emotionale Verbindung zu dem Strom an sich, zu der Nutzung an sich. Wäre der Strom immer da, warum sollte ich denn sparen? Ich kann es auch bezahlen, ich habe dafür bezahlt! Wenn ich aber nicht für die Kilowattstunde, für den Strom, bezahle, und aufgrund meines Verhaltens und des Verhaltens vieler anderer in dem Dorf der Strom ausfällt, dann kann man ganz anders ansetzen und sagen: Stimmt euch bitte ab! Es gibt nur eine bestimmte Menge Strom pro Tag zur Verfügung. Setzt euch mit euren Gremien zusammen, wie ihr den Strom gerecht verteilt, damit jeder was davon hat.

Es ist schwierig gewesen, das zu vermitteln. Das hat etwas mit der afrikanischen Mentalität zu tun. Wenn ich an einer Quelle Wasser holen kann, dann läuft die Quelle Tag und Nacht, je nachdem, zu welcher Jahreszeit ich dahin komme. Die Quelle tropft auch, wenn ich keinen Eimer drunter stelle. Und wenn ich jetzt an dieser Stelle einen Wasserhahn habe, den ich auf- und zudrehen kann, und das Wasser wird gefördert, es ist in einem Speicher vorhanden, weil es sonst nicht reicht, weil es nicht immer Wasser gibt, dann kann man beobachten, dass dieser Wasserhahn immer läuft. Der ist immer aufgedreht und solange Wasser aus diesem Wasserhahn rauskommt, wird Wasser geschöpft. Da kommen Eimer und Eimer und Eimer drunter – und irgendwann ist der Wasserspeicher leer.

Und dann sagen die meisten aus der Bevölkerung – das hat überhaupt nichts mit Dummheit zu tun, sondern das ist die Erfahrung – solange etwas da ist, kann ich es ja nutzen. Obwohl ich es ja nicht brauche, aber ich kann es ja schon mal mitnehmen. Beim Wasser wird das ganz deutlich.

 

hpd: Ja, das ist ein Land, indem es immer wieder Dürren gibt. Wenn es schon einmal Wasser gibt, nimmt man es eben vorsichtshalber mit und bunkert es irgendwo, damit man für die schlechten Zeiten etwas vorrätig hat. Das ist ja nachvollziehbar.

Schopp: Und jetzt wird Technik zur Verfügung gestellt, die es ermöglicht, dass ich 24 Stunden, 365 Tage im Jahr, Strom zur Verfügung habe. Aber zu verstehen, dass dieser Strom auch in schlechten Zeiten zur Verfügung steht, weil er ja gespeichert wurde, das ist sehr schwierig.