(hpd) Der irischstämmige amerikanische Richter MacClary ist einem perfiden Verbrechen mit welthistorischen Dimensionen auf der Spur. Thore D. Hansens Romandebüt schickt die Leser von Österreich über Irland nach Washington und in den Vatikan, der durchweg als verbrecherische Organisation dargestellt wird, dessen Interesse seit 1700 Jahren allein seinem Machterhalt gilt.
In naher Zukunft: Adam Shane lebt in Österreich und verdingt sich als Heiler, ist allerdings mit seinem Leben unzufrieden. Zufällig erhält er am Tag nach einem intensiven Traum eine Einladung zu einem Vortrag in Dublin und hofft, dort nochmals Thomas Ryan zu treffen, den er einige Zeit zuvor auf einer Tagung kennenlernte. Thomas und seine Gefährtin, die Sprachwissenschaftlerin Deborah Walker, machen ihn mit dem Referenten bekannt, dem Vorsitzenden Richter am Supreme Court in Washington, Ronald MacClary. Dieser trat in seiner Freizeit das Erbe seines Vaters, eines Archäologen an, der im Zweiten Weltkrieg am Magdalensberg in Österreich zufällig einen unglaublichen Fund machte, der ein ungeheures Verbrechen der Kirche beweisen könnte. Allerdings blieb unter der Bombardierung nicht genügend Zeit, mehr als eine Pergamentrolle zu bergen. Der Fundort ist jedoch bislang unbekannt, da der Vater starb, bevor er diesen an seinen Sohn weitergeben konnte.
MacClarys Vortrag am Trinity College in Dublin wird abrupt unterbrochen; wie sich herausstellt, aufgrund der Intervention der katholischen Kirche, welche die Aufdeckung auch ohne vorliegende Beweise fürchtet. Der einflussreiche Richter könnte zur Gefahr werden. Einiges an historischen Entwicklungen kann er jedoch noch vortragen, bevor er zur eigentlichen Enthüllung gekommen wäre.
Erzürnt treffen sich die vier Protagonisten im Hause MacClarys und besprechen ihr weiteres Vorgehen. Später kommt eine weitere Person ins Spiel: Jennifer Wilson, Staranwältin in Boston und Vertraute von Ronald MacClary.
Der Vatikan als Verbrecherorganisation
Adam Shanes Zufriedenheit wächst fortan mit seinen neuen Aufgaben. Der Vatikan intrigiert im Hintergrund, es wird abgehört, gemordet, versteckt und niedergefackelt was nicht sein darf und die fünf Freunde sind entsprechend mit allerlei Gefahren konfrontiert, können den Machenschaften der Kardinäle jedoch auch Einiges entgegensetzen. Der Richter versucht nämlich am Supreme Court in Washington den größten Prozess aller Zeiten auf die Beine zu stellen: Er klagt den Papst und den Vatikan an wegen Diebstahls geistigen Eigentums vor rund 1700 Jahren. Die Legitimation der Anklage resultiert aus veränderten Völkerrechtsvorstellungen in Bezug auf den Vatikan. MacClary wird so charakterisiert: „Er ist Jurist bis in die Knochen. Und die Entstehungsgeschichte der Kirche ist für ihn eher so etwas wie die Gründungsgeschichte einer kriminellen Vereinigung. Diese Tatsache und alle Argumente dafür will er so unwiderlegbar dokumentieren, dass es die Öffentlichkeit endlich akzeptiert und der Vatikan seinen Einfluss verliert.“ (S. 177)
Es geht um die Kelten, die Druiden, um deren Weisheit des Lebens im Einklang mit anderen Menschen und der Natur, welche vernichtet wurden. Ersetzt durch ein „Macht euch die Welt untertan!“ und destruktive Verhaltensweisen, die allein dem Machterhalt der kirchlichen und weltlichen Herrscher dien(t)en. In Zeitsprüngen zurück zu den verfolgen Druiden in Rom und auf ihrer Wanderung nach Irland, werden einige der Geschehnisse hautnah nachvollziehbar – besonders, da die Zusammenhänge zur Jetztzeit der Ereignisse im Roman hergestellt werden. Die Vertreter des Vatikans werden beinah durchgängig als Verbrecher mit mittelalterlichen Lebensvorstellungen dargestellt, auch nimmt Thore Hansen Bezug auf aktuelle Enthüllungen wie den Missbrauchsskandal und den kirchlichen Umgang damit: „Der Vatikan ist nicht das Christentum. Der Vatikan ist aber der Ursprung einer unglaublichen Serie von Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, heißt es etwa auf S. 155.
Neben den Helden des Romans gibt es auch eine sehr ungewöhnliche US-Präsidentin, Diana Branks, die weit vorausschauende wirtschaftliche Entscheidungen in Bezug auf die Schulden der Dritten Welt fällt, welche sie zwar wohl das Amt kosten werden, aber die Welt retten könnten. Auch der Papst Johannes Paul III. verhält sich atypisch, doch mehr wird hier nicht verraten.
Fazit
Man sollte sich vom gelegentlich spirituellen bis esoterischen Einschlag des Thrillers nicht von der Lektüre abhalten lassen, da der Erzählung durchgängig interessante Gedanken zugrunde liegen. Das Abenteuer braucht einen Aufhänger, gewissermaßen ein Opfer – in diesem Fall die Kelten bzw. Druiden und ihre Kultur –, auf dem es aufbauen kann. Man lernt Einiges über die geschichtlichen Hintergründe der Entstehung des Christentums und gängige Vorstellungen über Religion, Vatikan und Christen werden zumindest in Frage gestellt, wenn nicht gar ad absurdum geführt.
Spannend sind nicht nur die actionhaltigen Ereignisse, sondern auch die zutiefst humanistischen Ansätze, die diskutiert und gelebt werden, am umfassendsten und klügsten von Adam Shane, der vor allem auf Verständigung setzt. Insoweit handelt es sich bei Thore Hansens Buch nicht nur um einen wirklich spannenden Thriller, sondern auch um eine greifbar nah wirkende Utopie des menschlichen Miteinanders in unserer globalisierten Welt, die darauf basiert, dass immer mehr Menschen auf eine planetare Ethik hinwirken, um unser aller Überleben zu sichern.
Fiona Lorenz
Thore D. Hansen: Die Hand Gottes. Geb. mit Schutzumschlag, 560 Seiten, Format 13,5 x 21,5 cm. ISBN 978-3-942166-27-0. € (D) 22,95 / € (A) 23,60 / sFr (CH) 34,90* Erscheinungstermin: 01. September 2011
Wer Thore D. Hansen bei einer Lesung seines Thrillers “Die Hand Gottes” live erleben möchte, hat dazu in Berlin Gelegenheit, am Mittwoch 21.09.2011. Doch nicht nur dies, auch Stefan Bonner und Anne Weiss werden aus ihrem Buch “Heilige Scheiße” lesen. Die Veranstaltung wird von Michael Schmidt-Salomon moderiert. Veranstaltungsort: Umspannwerk Kreuzberg, Ohlauer Straße 43, 10999 Berlin, Einlass: 18:30 Uhr, Beginn: 19:00 Uhr.
Hier geht es zum einem Trailer von “Die Hand Gottes”