RONNENBERG. (hpd) Seit die Wissenschaft ohne die Hypothese "Gott" auskommt, versuchen religiöse Menschen eine Lücke zu finden, um ihren Argumentationshansel wieder ins Spiel zu bringen. Während die harten Vertreter früher noch reaktant darauf bestanden, dass ihre Offenbarungen wörtlich zu nehmen waren, passen sich moderne Gläubige an und suchen die wenigen Möglichkeiten, die ihnen Wissenschaftler noch lassen.
In den letzten Jahrzehnten wurden daher verschiedene Begriffe geprägt, die die notgedrungene und nicht gerade widerstandsfreie Annäherung einiger Glaubensvorstellungen an die Evolutionstheorie widerspiegeln. Doch man kann die Lehren des Kreationismus, der creatio continua, der theistischen Evolution, des Intelligent Designs sowie des Abrupt Appearence definieren, wie man möchte, um das taktische Wettrüsten an Argumenten der letzten Jahre nachzuvollziehen, der Grundgedanke hinter all diesen Angriffen auf das wissenschaftlich-naturalistische Weltbild ist immer derselbe: sie können nicht auf ihren "Gott" verzichten, sehen in Natur und Evolution "sein Wirken" und wollen dieses als "empirisch" gesichert verstanden wissen. Hierfür eröffnen sie Parallelwelten.
Pseudowissenschaft
Wie gehen Gläubige vor, um die Naturwissenschaften zu umgehen? Zunächst postulieren sie die Vereinbarkeit von Glauben und Wissenschaft [Losch 2015]. Man könnte auch erklären: Rot ist schneller als kalt. Abgesehen davon, dass hier eine Methode (Wissenschaft) mit dem Ergebnis eines Denkprozesses (religiöser Glauben) in einem logischen Kategorienfehler gegenübergestellt werden, existieren hier lediglich Parallelwelten ohne jeglichen Berühungspunkt. Was soll, was muss da vereinbar sein? Nichts, es sei denn, man möchte nicht das Glauben als Prozess des Denkens, sondern die Ergebnisse des religiösen Wünschens, die Glaubensinhalte, mit den Ergebnissen der Wissenschaften auf eine Stufe stellen.
Um das Fehlen von überprüfbaren, wissenschaftlichen Methoden zu kaschieren, wird postuliert, dass es mehr Wege zur Erkenntnis geben soll, als die bekannte empirische Wissenschaft bereithält. Der übliche Hilferuf an die subjektiven Erfahrungen jedes Gläubigen also, der ebenfalls glaubt, schon durch Erleuchtung allwissend zu sein.
"Aufgrund von Ergebnissen in der Hirnforschung werden Aussagen getroffen über Gott, die Seele und den freien Willen, also über Konzepte, die die Erkenntnisgrenzen der Neurowissenschaften übersteigen." [Peter 2008], heißt es enthusiastisch. Doch nicht nur von einem "Übersteigen" der Erkenntnisgrenzen, sowie von Aussagen über "Gott", auch von einem erkenntnistheoretischen Pluralismus ist die Rede, in dem Kunst und Religion neue Arten von Erkenntnissen darstellen [Blume 2011]. Als Beispiele werden genannt, dass die Evolution selber auch mit diesem Pluralismus arbeitet, da sie ja die Kunst hervorgebracht habe und religiöse Gesellschaften erfolgreicher wären als nicht-religiöse.
Hier werden nicht nur Variabilität und Selektion sowie Versuch und Irrtum mit der methodisch-wissenschaftlichen Suche nach Ursache und Wirkung gleichgestellt. Hier werden auch die Begriffe geschickt eingesetzt. Wie sind sie laut Sprachwissenschaft im Deutschen definiert [Drosdowski 1989]?
Erkenntnis: durch geistige Verarbeitung von Eindrücken und Erfahrungen gewonnene Einsicht. Einsicht: Verstehen eines vorher ungelösten, noch nicht verstandenen Sachverhaltes. Wissen: durch eigene Erfahrung, oder Mitteilung von außen, Kenntnisse von etwas haben, so dass man zuverlässige Aussagen machen oder die Sache wiedergeben kann. Erfahrung: durch Wiederholung gewonnnene Kenntnis.
Es wird sofort klar! Erkenntnisse sind kein Wissen. Wissen setzt die objektivierbare Wiedergabe voraus und soll Prognosen ermöglichen. Erkenntnisse können auch rein subjektiv und zudem falsch sein. Kenntnisse können durch Wiederholungen, also durch Erfahrung, entstehen und durch geistige Verarbeitung zu Erkenntnissen werden.
Gläubige setzen hier also die Begriffe Erkenntnis und Wissen zwar nicht gleich, suggerieren aber, dass die Ergebnisse dieser Erkenntnisgewinne durchaus gleichzusetzen wären. Doch der Weg ist nicht das Ziel. Zwar ist es theoretisch durchaus möglich, dass einige subjektive Kenntnisse objektiv überprüfbar sind und auch Vorhersagen erlauben, da Vieles in Kunst und Religion auf Erfahrungen basiert, die in der Kultur ausgelesen bzw. in der Evolution selektiert wurden. Doch solche subjektiven Eindrücke werden erst zu einem adäquaten, wissenschaftlichen Wissen, wenn sie sich den Kriterien der Wissenschaft unterzogen haben. Bis dahin sind solche Erkenntnisse ein unüberprüftes Sammelbecken von subjektiven Eindrücken und Lebenserfahrungen. Zudem sind viele Kenntnisse der Religionen historisch singulär, häufig geschichtlich überholt, vor allem aber nicht falsifizierbar und daher jeder Wissenschaftlichkeit entzogen. Eine Parallelwelt also, die Gleichwertigkeit im Ergebnis vortäuscht, dies aber nicht hält.
Parallelwissenschaften
An ihren Ergebnissen soll man/frau sie erkennen. Was kommt bei so etwas heraus? Sehen wir uns zum Beispiel das Ergebnis von über 10 Jahren Forschung zur "Natur des Glaubens" in Deutschland an [Blume 2014]. Wer von Religiosität als einer biologischen Adaption spricht [s. Blume 2010], muss nach wissenschaftlichem Mindeststandard folgende Faktoren benennen: Gen, Phänotyp, Selektionsvorteil und Selektionsfaktor.
Teil 1: Religions- oder Pseudowissenschaft
Teil 2: Ist Religiosität angeboren?
Teil 3: Biologische Vorteile der Religionen?
Teil 4: Das Hintertürchen Teil 5: Gruppenselektion für Auserwählte?
Teil 6: Das “Verebben” von Atheisten?
Teil 7: Virale Glaubensinhalte oder Rechtfertigungen?
Die Religionswissenschaftler konnten in den letzten Jahren nicht einmal das angeblich angeborene Verhalten (Phänotyp) beschreiben oder gar vormachen, welches sie als angeborene Religiosität bezeichnen. Von einer reproduzierbaren Messbarkeit ganz zu schweigen. Selbstredend können sie daher keine Gene benennen, sondern verstecken sich hinter dem Begriff der Komplexität. Der Selektionsfaktor bleibt - vielleicht aus christlichen Gründen - gänzlich ausgeklammert. Aus diesem Nichtwissen resultiert laut Religionswissenschaft, dass dieses unbekannte Verhalten irgendwie zu einer erhöhten Geburtenrate führen soll, da von Statistikern eine Korrelation von Religion und Reproduktion für einige Sekten empirisch festgestellt wurde. Hierfür wird aus Korrelation nun eine Kausalität “erkannt”, in einem Gedankensprung aus Religiosität plötzlich Religion gemacht sowie Religionen nun zur Ursache und zum Selektionsvorteil erklärt.
Die Kurzform dieser Offenbarung lautet: Keine Gene + kein beschriebenes Verhalten + kein Selektionsfaktor identifiziert + kein nachgewiesener Selektionsvorteil + (Korrelation mit Kausalität verwechselt) + (biologische Selektion mal eben so postuliert bzw. mit Tradierung verwechselt) "Religionen – und nur Religionen – vermögen Menschen in ausreichender Zahl zu einem Verzicht zu bewegen, den Familien mit mehr als zwei Kindern bedeuten.", weil: "Die 'Wunder des Theismus' und die 'Wunder des Zeugens' sind also auf einer empirisch beobachtbaren Weise miteinander verbunden." [Blume 2014].
Wolfgang Huber war als Theologe von dieser Art der Wissenschaft schier begeistert [Blume 2015] und jedem Naturwissenschaftler verschlägt es ebenfalls den Atem. Immerhin wird diese Art der Beweisführung als state of the art der Religionswissenschaften publiziert und unterrichtet. Doch dieses "Wunder des Theismus" beinhaltet theologischen Sprengstoff. Wäre Religiosität eine Adaption, wie sehe dann die beste Anpassung aus? Was wäre die "richtige" Religion für alle Menschen? Und was wäre mit der Mission Jesu Christi, wenn es die "richtige" Religion gar nicht geben könnte? "Wunder" ist schon das richtige Wort, um an Phillip E. Johnson erinnert zu werden [Johnson 1996].
Parawissenschaften
Christoph Maria Schönborn war da in der New York Times theologisch konsequent [Schönborn 2005]. Wenn alles auf einen Tag des Jüngsten Gerichtes hinausläuft und “Gott” seinen Sohn zur Kurskorrektur vorbeischickte, dann sollte auch die Evolution nicht ziel- und zwecklos gedacht werden. Außerdem sind Korrekturen durch Wunder nur sinnvoll, wenn etwas von einem Plan abweicht. Diesem Ruf nach einem “intelligenten Plan” im Kosmos schloss sich Josef Aloisius Ratzinger an [Standard 2005]. Zudem soll der Mensch nach einer Designervorlage - nach dem Ebenbild Gottes - geschaffen worden sein. Ob dies "intelligent" war, steht auf einem anderen Blatt, zeigt aber, dass nach dem Verständnis der Kirchen ein "Designer" vorauszusetzen ist. Schließlich macht ein Gott ohne Hilfe im Hier und Jetzt, ohne wundersames Eingreifen und Zurechtrücken, und vor allem ohne designerischem Überblick nach christlichem Verständnis wenig Sinn.
Wer also "Wunder" als "realen" Teil des Weltgeschehens und seiner wissenschaftlichen Arbeit akzeptiert, der erkennt sowohl die Existenz eines über-natürlichen Akteurs, das Vorhandensein eines Designs sowie eines intelligenten Planes, als auch das Eingreifen zur Kurskorrektur in den Selbstorganisationsprozess der Evolution als real an. Weshalb religiös motivierte Forscher heute ganz offen im Namen der Religions-"Wissenschaft" nach dem Wirken von "Gott" in Raum und Zeit fragen [Blume 2015]?
Literatur
Blume, Dr. Michael: Ist Religiosität eine Adaption? 09.10.2010. http://www.scilogs.de/natur-des-glaubens/ist-religiosit-t-eine-adaption/
Blume, Michael: Erkenntnistheorie und die empirische Beweislast der Antitheisten. scilogs 28. April 2011. http://www.scilogs.de/natur-des-glaubens/die-empirische-beweislast-der-a...
Blume, Dr. Michael: Religion und Demografie. Warum es ohne Glauben an Kindern mangelt. Sciebooks, Amazon Create Space, 2014.
Blume, Michael: Wer den Himmel leerräumt, schafft die Menschheit ab. Zu den erforschbaren Zusammenhängen von Zeit, Evolution und Gottesglaube. Lebendiges Zeugnis 02 / 2015.
Drosdowski, Günther et al.: Duden. Deutsches Universal Wörterbuch A - Z. Dudenverlag, Mannheim, Wien, Zürich, Düsseldorf, 1989.
Johnson, Phillip E.: Starting a Conversation about Evolution. 1996. http://www.arn.org/docs/johnson/ratzsch.htm
Losch, Andreas & Vogelsang, Frank (Hrsg.): Wissenschaft und die Frage nach Gott. Theologie und Naturwissenschaft im Dialog. Mit einem Vorwort von Harald Lesch. Evangelische Akademie im Rheinland, Bonn 2015.
Peter, Lisa: Religion – Hirngespinst oder evolutionärer Vorteil? In Put, Wissen für junge Köpfe (2008). https://vitruv.uni-tuebingen.de/ilias3/data/pr01/lm_data/lm_1171/Artikel...
Schnückel, Jörg: Overbeck auf dem Weg zum Hassprediger? In: Humanistischer Pressedienst vom 16.5. 2012. http://hpd.de/node/13387.
Standard, der: Pabst spricht vom “intelligenten Plan” des Kosmos. 10. November 2005. http://derstandard.at/2238621/Papst-spricht-vom-intelligenten-Plan-des-K...
13 Kommentare
Kommentare
Hans Trutnau am Permanenter Link
"[...] die wenigen Möglichkeiten, die ihnen Wissenschaftler noch lassen" - ich lasse ihnen (als Wissenschaftler und beinharter Atheist) keinerlei Möglichkeit; Glaube und Wissen KÖNNEN nicht zusammenwachsen.
Andreas E. Kilian am Permanenter Link
Lieber Herr Trutnau;-)
Die Lücke: 1. Korinther 15, 28
hina è ho theos (ta) panta en pasim
(ut sit deus omnia in omnibus)
Liebe Grüße
Andreas E. Kilian
Hans Trutnau am Permanenter Link
Lieber Andreas,
bitte Quelle oder gleich übersetzen (müsste es nicht pasin statt pasim heißen?).
Andreas E. Kilian am Permanenter Link
da freut man sich über einen guten Konter, und dann ein Tippfehler;-(
Natürlich muss es pasin heißen.
Da jedoch viele Theologen extreme Schwierigkeiten mit dem hellenischen Gedankengut des Paulus im NT haben und diese Textstelle gerne "ganz anders" interpretieren würden, belasse ich sie so.
Wolfgang am Permanenter Link
"Ich habe allerdings auch aufgehört, Hardcore-Gläubige aufzuklären; es ist zwecklos."
Finde ich nicht ganz. Es macht unbändigen Spaß, Gläubige aus der Fassung zu bringen.
Ihre Argumentationen enden meist in deftigen Kraftausdrücken, sie fühlen sich beleidigt und sie merken, sie können auf christlich gestellte Fragen niemals vernünftige Antworten geben. Auch müssen sie mit Bedauern feststellen, es hilft ihnen kein Jesus,
kein Gott oder ein (Schein) Heiliger. Auch Gebete vergehen wie ein Furz im Wind. Ich mag deshalb das Christentum nicht, weil es zu viele Menschenleben auf dem Gewissen hat und noch heute die Dummheit der beste Nährboden für das Christentum bietet.
Ich biete im Paroli und es bringt die Theologen, mit denen ich korrespondiere, zur Verzweiflung.
Echt schön! Bitte mitmachen!
Hans Trutnau am Permanenter Link
Gut, Wolfgang; was ich aber meinte, ist, dass 'aus der Fassung' oder 'zur Verzweiflung' bringen etwas anderes als Aufklärung ist.
valtental am Permanenter Link
Sicher kann man viele Religiöse schnell und leicht in Gereiztheit versetzen, was ihren ideoligischen Überbau anbelangt.
Das ist gleich dem Schock einstiger Sozialisten/Kommunisten, die mit dem Zusammenbruch des Ostblocks auf einmal Teil des imperalistischen Bösen wurden. Wer ein langgepflegtes Weltbild verlassen muss, steht erstmal halt- u. orientierungslos da. Dies dürfte oft der tiefere, eigentliche Hintergrund des absurden Beharrens auf relig. Dogmen sein.
Insofern halte ich "technische" Argumentationswettkämpfe mit Religiösen für verfehlt. Vielmehr ist mit Respekt vom Willen auf eine menschenwürdigere Welt auszugehen, und lediglich die Wahl des dafür am besten geeigneten Menschenbildes zu diskutieren, zumindest beim relig. Fußvolk.
Herr Kilian muss natürlich in der wissenschaftlichen Auseindersetzung den Rahmen breiter spannen und die grundsätzlichen Fragen zur Religion diskutieren. Schön dass dies in seinen Beiträgen immer an aktuellen Arbeiten religiös motivierter "Wissenschaftler" geschieht, sodass man einen Einblick in die neusten religösen "Trends" bekommt, mit denen man auch immer wieder religiöse Gesprächspartner zum Nachdenken bringen kann, weil sie von den jähen Wendungen akademischen religiösen Interpretierens oft noch gar nichts wissen.
Eva Mahler am Permanenter Link
Mein Vorschlag für das Goldene Brett 2015 wäre: Dr. Michael Blume.
Grad der Abwegigkeit: Dr. Michael Blume verwechselt in der Auswertung empirischer Studien permanent (absichtlich?) Korrelation mit Kausalität, um der Religiosität eine herausragende Rolle in der Evolution des Menschen zuzusprechen sowie den Einfluss der Religionen im öffentlichen Leben "wissenschaftlich" zu untermauern. Der Preis gebührt ihm für die absurden Ergebnisse seiner 10-Jährigen Forschung:
„Religionen – und nur Religionen – vermögen Menschen in ausreichender Zahl zu einem Verzicht zu bewegen, den Familien mit mehr als zwei Kindern bedeuten.“
„Die ´Wunder des Theismus´ und die ´Wunder des Zeugens´ sind also auf einer empirisch beobachtbaren Weise miteinander verbunden.“
[aus: Dr. Michael Blume. 2014. Religion und Demografie. Warum es ohne Glauben an Kindern mangelt.]
"Ohne Religionen ist demografisch kein Staat und schon gar keine Kultur oder Zivilisation zu machen." [aus: Michael Blume. 2015. Islamisierung, Säkularisierung, Re-Christianisierung? Religion & Demografie zwischen Thilo Sarrazin und Wolfgang Huber.
http://www.scilogs.de/natur-des-glaubens/files/ReligionDemografieWolfgangHuber.pdf
http://www.youtube.com/watch?v=OafWorK8kow]
Kritikresistenz: Hierfür ignoriert er seit Jahren jede wissenschaftliche Kritik, die er von Kollegen, privat oder auf seinem Blog erhält, und beharrt auf seinen Irrtümern.
Kommerzielles Interesse: Zumindest freut er sich immer über seine Verkaufszahlen bei Amazon und setzt preislich auf Massenverkauf.
Aktionsradius: Als Kirchen- und CDU-Parteimitglied verfügt er über beste Beziehungen, die ihm Plätze in Nachrichten und Fernsehsendungen, wie Quarks & Co., in Zeitschriften, wie dem Spektrum der Wissenschaft, in dem Blog scilogs sowie eine Lehrtätigkeit für Religionswissenschaft bereitstellen, um seine kirchenfreundliche Propaganda zu verbreiten. Er selber ist stolz auf 20.000 Blog-Kommentare in 500 Blogposts in 7 Jahren.
Pseudo- / Parawissenschaft: Dass es eine Korrelation zwischen Religiosität und Geburtenrate gibt, ist statistisch gut belegt und wird von niemandem angezweifelt. Die Kausalität ist jedoch frei erfunden.
Michael Blume beruft sich seit Jahren darauf, als Wissenschaftler im Namen der Wissenschaft zu sprechen, kann aber keinerlei Beweise für die Kausalität vorlegen. Seine Forschung besteht aussschießlich aus der religiösen Uminterpretation von Ergebnissen anderer Forscher, da er selber keine empirische Forschung betreibt und auch keine eigenen originären Überlegungen oder Konzepte in die Forschungswelt einbringt.
Die absichtliche Darstellung von pseudo-kausalen Zusammenhängen in der Statistik der Demografie, wo nur Korrelationen vorhanden sind, ist pseudowissenschaftlich.
Die Wirkung, die er den Religionen zuschreibt, ist genauso gut belegt, wie Homöopathie. Wo er "Wunder" als Ursachen nennt, sieht er Parallelwelten und publiziert als Parawissenschaftler.
Gefahrenpotenzial: Michael Blume macht die Evolutionstheorie zum Instrument von religiösen Interessengruppen.
Die unbewiesene Behauptung, dass Religiosität einen adaptiven evolutiven Vorteil darstellen soll, suggeriert die Überlegenheit von religiösen sowie die Minderwertigkeit von nichtreligiösen Menschen. Auch wenn er sich mittlerweile davon distanziert, so waren seine religionsdemografischen Gedanken zur Gruppenselektion und dem Verebben von Minderheiten eine "wissenschaftlich" begründete Steilvorlage für Pegida und Thilo Sarrazin.
Aufgrund der Forschungsarbeiten zur "angeborenen" Religiosität und Neurotheologie wurde allen Atheisten von Bischof Overbeck bereits das vollwertige Menschsein abgesprochen [http://hpd.de/node/13387] sowie ihre Gottlosigkeit von Pfarrern als Geisteskrankheit bezeichnet [http://www.wissenbloggt.de/?p=28544].
Michael Blume redet selber häufig von Anti-Theisten (anstelle von Atheisten oder Naturalisten) und seine Blogbeiträge sind provokativ bis hetzerisch.
Es liegt in Ihren/Euren Händen hier aktiv etwas mit wenigen Klicks per Internetwahl zu tun, um einen religiös motivierten „Wissenschaftler“ für seine Öffentlichkeitsarbeit für Kirchen und CDU zu geben, was er verdient: das Goldene Brett.
Nominierung unter: http://goldenesbrett.guru/
bis zum 09.10.2015
Sven Schultze am Permanenter Link
O ja, die Nominierungfür das Goldene Brett hat er sich schon lange "redlich" verdient. Volle Zustimmung.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Guter Vorschlag m.E., Eva.
Andreas E. Kilian am Permanenter Link
Liebe Frau Mahler,
wenn es bei der GWUP wirklich um Pseudo- und Parawissenschaft sowie deren Gefahrenpotentiale ginge, dann müssten die Päpste und Bischöfe schon ganze Sammlungen von Goldenen Brettern haben.
Bretter gibt es aber nur für die, die vom wahren Glauben abgefallen sind und dem gemeinsamen Feind von Wissenschaft und Kirchen huldigen: der Esoterik.
Herr Blume hat also nichts zu befürchten.
MfG
Andreas E. Kilian
Wolfgang Brosche am Permanenter Link
Ein Faktor für das verbissene Festhalten am Konstrukt der Religion wurde noch nicht erwähnt - und er scheint mir dieser Tage der bedeutendste zu sein: es geht nicht nur um "theologisches Recht haben", nicht
Wie tief z.B. Blume bereits das Terrain vergiftet hat, zeigt mir die persönliche Begegnung mit einem jungen Baptisten, der Biologie studiert und sich sogar mit dem Faktum der Evolution arrangieren kann - dennoch besteht er darauf, daß gerade Wissenschaftler ihre Religiosität nicht aufgeben sollten. Mit der Beschwichtigungsformel: Gott sei Dank habe ich noch einen Glauben - wehrte er alle Kritik ab. Es ist unmöglich mit diesen Verblendeten zu diskutieren... Es scheint, daß Fukuyama (dem ich anfangs sehr skeptisch gegenüberstand) doch Recht hat: das 21. Jahrhundert wird ein erneutes der Religionen...und ein Clash of Civilizations steht uns noch evor; nicht nur mit dem Islam, sondern auch innerhalb unserer doch nicht so aufgeklärten westlichen Gesellschaft!
Andreas E. Kilian am Permanenter Link
Lieber Herr Brosche,
Sie haben vollkommen Recht.
Meine Definitionen, von Religionen als Argumentationsebenen zur Rechtfertigung von Egoismen sowie von Religiosität als Balz- und Imponierverhalten, um mit Argumentationshanseln die Artgenossen auszustechen, deuten dies nur zu vage an.
Natürlich ist Politik eine Fortsetzung der biologischen Egoismen auf kooperativ-sozialer Ebene, doch man kann es auch deutlicher sagen: Religionen sind ein Mittel, um Massen emotional hinter sich zu bringen und für eigene Zwecke zu missbrauchen.
Erst, wenn wir uns unserer Egoismen, unserer konditionierten Emotionen und deren (absichtlich) nicht hinterfragbaren Argumentationsebenen bewusst sind, sind wir auch frei unsere Zukunft selbst zu gestalten. Bis dahin kämpfen wir gegen Verführer, die andere nicht frei, sondern "glücklich" zu machen versprechen. Ein steter und fast aussichtsloser Kampf.
MfG
Andreas E. Kilian