Am heutigen Sonntag, vor wenigen Stunden, lief im „Ersten Deutschen Fernsehen" zur besten
vorabendlichen Sendezeit ein Dokumentarfilm von Christian Modehn, in dem Menschen im Umfeld des „Humanistischen Verbandes Berlin" in ihrem Denken und Tun vorgestellt wurden. Der Film drehte sich besonders um Gita Neumann als „Bundesbeauftragte des HVD für Patientenverfügungen und humanes Sterben" und um sie ganz persönlich. Die Reportage stellt das von ihr geleitete Projekt vor und blendet immer mal darüber hinaus.
Der Film ist hergestellt vom RBB unter der Regie von Christian Modehn. Der hpd kündigte diesen Beitrag bereits in einem <Interview> an. Der Film trägt den Titel „Glauben ohne Gott". Die Überschrift passt sich den Filmen an, die sonst um diese Zeit auf diesem Sender laufen. Die vorliegende Rezension beginnt mit einer Kritik des Titels, zumindest seinen bisherigen Assoziationen. Diese Geschichte ist aufschlussreich und ermöglicht es anschließend, die Reportage und den Blick des Regisseurs genauer zu betrachten.
Für Kardinal Lehmann ist die Sache mit dem „Glauben ohne Gott" ganz klar. In seinem Vortrag „Theologie der Zukunft - Zukunft der Theologie", den er am 11. Dezember 2005 anlässlich der Verleihung des „Eugen-Biser-Preises" in der „Allerheiligen Hofkirche der Residenz München" <hielt>, „ist schon vom biblischen Wortsinn von 'Glauben' her deutlich, dass es Theologie als Bezugswissenschaft zum christlichen Glauben ohne Gott nicht geben kann. 'Atheistische Theologie' ist entweder ein Wortspiel mit paradoxen Spiegelungen ..., oder es ist nur ein Spuk, weil man von etwas redet, was gleichzeitig verneint wird. Wo 'Glaube' dem religiösen Bereich entfremdet wird und wo man seinen Sinngehalt auf das innergeschichtlich Diesseitige überträgt und eingrenzt, wird er in der profanen Verwendung ideologieanfällig". – Diese geistige Rochade, verbunden mit der Besitzanzeige (das Wort „Glauben" gehört uns) und einer ungehörigen Portion Denunziation (Atheisten sind ideologieanfällige Naturen), verbietet eigentlich den Film unter diesem Titel.
Es war Konrad Heiden (1901-1966), ein sozialdemokratischer Journalist (bei der „Frankfurter" und bei der „Vossischen Zeitung"), Schriftsteller und Widerstandskämpfer im Saarland bis zu seinem Exil in den USA, der die These von der Gefahr eines „Glaubens ohne Gott" inhaltlich prägte und mit Nationalsozialismus identifizierte. Er hatte unter dem Pseudonym Klaus Bredow in der Weimarer Republik den Nationalsozialismus beobachtet (1932: „Geschichte des Nationalsozialismus, die Karriere einer Idee") und 1936 die erste Hitler-Biografie veröffentlicht („Das Zeitalter der Verantwortungslosigkeit. Eine Biographie." Zürich). Darin brachte er die Weltanschauung des Nationalsozialismus auf eine Formel, die nach dem Zweiten Weltkrieg nur allzu gern aus ideologischem Interesse von den Kirchen aufgegriffen wurde: „Marsch ohne Ziel, Taumel ohne Rausch, Glauben ohne Gott."
Nahezu zeitgleich mit Heidens Hitler-Biografie erschien 1937 der Roman des österreich-ungarischen Schriftstellers Ödön von Horváth „Jugend ohne Gott", Anfang des Jahres 1938 in acht weitere Sprachen übersetzt. Er überführte das Thema publikumswirksam in die damalige intellektuelle Szene und machte aus den Folgen eines Lebens ohne Gott anschauliche Standardthesen. Ödön von Horváth löste einigen Streit aus. Das Urteil wirkte fort. Es besagt, dass Menschen ohne Gott charakter-, gedanken- und lieblos sind.
Diese Ausgangslage allein des Titels ist für die Charakteristik des hier zu rezensierenden Films nützlich und ruft zweierlei in Erinnerung: Erstens, dass „Glauben ohne Gott" eine Geschichte mit sich schleppt, in der Nichtglaubende als kulturlose Bösmenschen durch die profanierte Geistesgeschichte geschleppt werden; und zweitens, dass diese Identifikation bei Zuschauern vermutet werden kann, die sonst hier auf diesem Sender und um diese Zeit christliche Erbauung finden. Dieses Bild ist schließlich immer wieder bedient worden und für so manche katholische Oma im Rheinland und manchen niedersächsischen evangelischen Opa ist ziemlich klar wie Atheismus und Ethik zusammenhängen: die Typen hält moralisch nichts Gutes auf in ihrem Moral verderbenden Tun und wehe, wenn sie losgelassen ...
Wie sagte noch 2005 in einem Interview <Peter Hahne>, der Stellvertretende Leiter des ZDF-Hauptstadtstudios Berlin: „Ich kann mein Leben ohne Glauben, ohne Gott nicht denken. Für mich besteht die Haupttragik darin ..., dass wir Gott verloren haben. Wenn wir aber Gott verloren haben, dann haben wir auch die letzten Wertmaßstäbe verloren." – Nehmen wir (zum „Wir" gleich noch paar Worte) zur Kenntnis, dass es Menschen ernsthaft bewegt, was passiert, wenn man unter die Atheisten gerät. Die Angst ist groß und – nehmen wir das als Urteil über den Film vorweg: Er kratzt an diesem Bild.
Es beruhigt Zuschauer, die unter Phobien vor Kopftuchträgerinnen und Bildern von Vereinen leiden, denen Tom Cruise angehört. Der Film greift dabei ganz aktuell in die politische Debatte um Sterbehilfe und Patientenverfügungen ein. Gerade bei diesem Thema treibt viele Christen, besonders kirchliche Funktionsträger, die große Sorge um – wie es Michael Klonovsky im Oktober vorigen Jahres im <„Focus"> in Bezug auf das neue Buch von <Richard Dawkins ("Die Wahnvorstellung Gott")> formulierte – „Können wir tatsächlich ohne Gott?" Erneut fällt auf, dass den Verteidigern des organisierten Christentums das besitzanzeigende Fürwort „Wir" flott aus der Feder schlüpft, obwohl es eine unzulässige Vereinnahmung darstellt. – Warum in diesem geistigen Umfeld über den Titel des Films „Glauben ohne Gott" sich ärgern. Schließlich gab es ja auch schon die Sendung <„Gott ohne Geld">.
In freidenkerischen Kreisen kursiert seit einigen Jahren die Losung „Glaubst Du noch oder denkst Du schon?" Sie transportiert die alte Freidenkerweisheit vom Widerspruch zwischen Glauben und Wissenschaft. Sie tut dies aber auf eine Weise, als würden sich Menschen in ihren alltäglichen Wertentscheidungen – ob es ihnen wichtig ist, die Zähne zu putzen (Achtung: Hygiene hat wissenschaftlich bewiesen ...) oder einen Krimi zu lesen (Achtung: Greife lieber zu Goethe ...) – von Wissenschaften leiten lassen, denen sie zumuten, zwischen gut und böse, schön und hässlich, menschlich oder unmenschlich zu unterscheiden.
In solcher Lage musste die Frage, <„Woran glaubt, wer nicht glaubt?"> zu allerlei Missverständnissen führen. In diese Debatte mitten hinein fällt nun dieser Film. Es interessiert gläubige Menschen, an was Ungläubige glauben. Wer den Diskurs darüber nicht verweigern möchte, muss mit Menschen kommunizieren, die es nervt, dass man ihnen erst mal damit kommt, dass man / frau weiß – und nicht glaubt. Du lieber Unsinn, was soll das bedeuten: „Wissen ohne Gott" oder „Weißt Du schon oder glaubst Du noch?"
Wer an Gott glaubt, aber wissen möchte, was die anderen so glauben, muss doch an Leuten verzweifeln, die zwar Toleranz als Wert angeben, aber Glaubende erst einmal für dumm verkaufen, indem sie ihnen Botschaften wie die obige ins Gesicht schleudern. Dieses Kommunikationsproblem aus dem Persönlichen ins Allgemeine zu heben bedeutet doch, dass Ungläubige, zumal wenn sie wissen, dass sie an den Humanismus glauben, schlechte Karten im öffentlichen Spiel um Meinungen und Ansichten, Gewissheiten und Fragen haben, wenn sie zuallererst den Glaubensbegriff monieren, ehe sie sich auf ein Gespräch einlassen.
Dieses Problem beschäftigt Christian Modehn, den Autor, schon seit Jahren als Verständigungs-, man kann auch sagen als Übersetzungsfrage. Er beobachtet den „Humanistischen Verband" auf vielen Feldern. Gewiss, ihn treibt das Bedürfnis um, das Thema „Spiritualität" zu thematisieren und es auch bei Atheisten zu suchen und zu ventilieren. Dieses Anliegen hat ihn auch bei der Komposition dieses Films geleitet
Der HVD ist erstmals seit 1994 in größerem Stil im 1. ARD-Fernsehen. Damals, ein Jahr nach seiner Gründung, wurde er sozusagen entdeckt, um wieder „vergessen" zu werden. Die Mediengeschichte wird zeigen, was daran eigenes Unvermögen oder eigene Langweiligkeit (für andere) war. Die Themen damals waren im Februar 1994 in „Horizonte" das „Transplantationsgesetz", im November 1994 im ORB „Feuerläufe", ein Bericht, der dann auch vom „Report" München übernommen wurde, im April 1997 „Esoterik" im ARD und ZDF-Morgenprogramm gesendet und schließlich, letztmalig, im September 2000 „Aufklärung über Okkultismus" mit dem Lehrer Frank Rieleit und seiner „Lebenskunde"-Gruppe in „0813", dem Kinder und Jugendmagazin der ARD.
Sieht man von einigen Beiträgen, gerade mit Gita Neumann in der Politsendung „Kontraste" oder im „Gesundheitsmagazin" einmal ab, wird der Stellenwert von „Glauben ohne Gott" noch deutlicher, denn nicht nur „einfach so" mal im Fernsehen, sondern sogar – wenn man so will – im „Kirchenfunk". Wer erwartet hier einen Film über den HVD? Zunächst wäre zu sagen: na holla, so etwas im Kirchenfunk. Denn der Film beginnt – nach einer zu Herzen gehenden Erinnerung einer Frau an ihren verstorbenen Mann – mit Bekenntnissen: Man glaube nicht an Gott, an Auferstehung und Himmel und Hölle schon gar nicht und so weiter. Harter Tobak gleich am Anfang.
Die Kamera stellt eine Gruppe Menschen vor und begleitet dann Gita Neumann bei ihrer Arbeit. Sie dokumentiert das Sprechen mit Menschen, die dem Tod ins Auge blicken. Die Menschen äußern sich ebenfalls, meist sehr bestimmt atheistisch. Frau Neumann erklärt Patientenverfügungen, stellt ihr Team vor, lässt einige zu Worte kommen, besucht eine „Lebenskunde"-Schulklasse beim Thema „Suizid", ihr familiäres Umfeld kommt ins Bild und ich freue mich, Rudolf Valenta und seine Kunst zu sehen.
Im Verlauf des dreißigminütigen Films geht es immer um Existenzielles, von dessen Bedrohungen Mann sich erholen muss und für das Frau, um es tun, sich psychisch stärken muss. Erfreulich viele Humanistinnen zu sehen. Da Gebet und Gottesanrufungen nicht zur Verfügung stehen, wird der Weg in die Natur und Halt aneinander gesucht. Da wirkt auf manchen Pragmatiker wie mich manches etwas zu süßlich, zumal man weiß, dass gerade in diesem Job, den das ambulante Hospiz da verrichtet, Zeitdruck plagt und Hektik drückt. Man möchte gern ... das ist doch aber auch eine gute Botschaft.
Die Leute dort verrichten „Seelsorge", das sagen sie sogar mitunter. Der philosophisch materialistisch und hirnspezialistisch geschulte Zuschauer wird den Begriff bemängeln. Dem könnte man entgegnen, als die dissidentischen Kulturethiker um 1900 die „Lebenskunde" entdeckten, entdeckten die gleichen Personen auch die „weltliche Seelsorge" und den „ethisch-ästhetischen Prediger" als Pendant zu kirchlichem Tun. Viel weiter sind wir praktischen Humanisten nicht in der Benennung. „Humanistische Beratung", na gut, mag theoretisch besser sein, aber „Seelsorge": da muss ich niemandem erklären, was tut, der das tut, auch wenn er oder sie es weltlich macht. Die Personen in dem Film erledigen ihr Werk sachlich und professionell und man sieht, sie tun es gern. Was will ich mehr?
Das Ganze hat etwas Getragenes, sicher dem Thema besser angemessene als aufgesetzte Fröhlichkeit. Es stemmt sich diese (auch von den Farben her) eher neblige Traurigkeit, die durch die Sprache im Off noch unterstützt wird, dann aber doch vergeblich gegen die klaren Aussagen der handelnden Personen, wenn sie denn selbst zu Wort kommen, jeder und jede in seiner / ihrer Sprache. Das Original hebt sich wohltuend ab vom Verbandschinesisch in Presseerklärungen. Das ist zwar manchmal gewöhnungsbedürftig, aber Funktionäre wohltuend belehrend über das Denken im Laden.
Es sind zugleich diejenigen Stellen, denen man ansieht, dass sie aus dem Grund der Gesamtkomposition heraus gestellt sind, an denen man sieht, dass hier Christian Modehn ein Werk produziert hat, das ihn den HVD so sehen lässt, wie er ihn eben sieht oder zu sehen wünscht. Er verfolgt auch mich seit Jahren mit einiger Zugeneigtheit und man darf sagen sorgender Aufmerksamkeit, die zu erleben oder wenigstens zu erwecken hofft, dass unsereins endlich hinter das Geheimnis von Spiritualität kommt und einen Gewinn und Genuss daraus zieht. Das so Gewünschte kaufe ich mir aber in Saisonzeiten, wenn american football ist und meine „Adler" spielen, da gehe ich hinein, hinauf und hinaus – der Rest ist privat.
Die Zuschauer, die sich den Modehn-Film im sonntäglichen Vorabendprogramm anschauen, sehen den HVD als eine menschlich tätige Organisation, deren Anhängerschaft fest glaubt, dass es keinen Gott gibt, aber ansonsten die Frage für erledigt hält, weil es Wichtigeres zu tun gibt, als über Dinge zu streiten, die man / frau, wie gesagt, für erledigt hält. Wir sehen: Patientenverfügungen werden hier ordentlich erledigt ... zum Zeitpunkt der Ausstrahlung sicher hilfreich und sehr aktuell. Es wird gezeigt, dass der Verband wichtige Sachen macht und einige über Spiritualität nachdenken. Als aufmerksamer Leser humanistischer Schriften höre ich an diesen Stellen im Hintergrund immer Joachim Kahl und Peter Schulz-Hageleit mit ihren Anregungen.
Der Film ist nicht unpolitisch, aber glücklicherweise nicht funktionärspolitisch. Er ist in meinen Augen am Politischsten gerade dort, wo er nicht Gita Neumann, sondern eine Nonne reden lässt. Selbstverständlich hat Modehn eine aufgeklärte Frau ausgesucht, die mit Gottlosen „normal" redet. Wir kennen auch andere. Das ist die eine (geheime) Botschaft. Die andren Botschaften folgern ganz offen sichtbar per Bildsprache: Gita Neumann hört zu! Sie nickt, wenn es um das Menschliche geht! Und überhaupt: kein Kirchenkampf. Man kennt die Unterschiede, lässt sie liegen, kümmert sich um Ethik ... aber das ist ja das Feld der Säkularen: Ethik ohne Gott, denn Ethik mit Gott ist ja Glauben, Erfüllung des Offenbarten.
Modehn hat selbstredend nach Zeugnissen gesucht, die den HVD – was er davon zeigt – an den Grenzen zum Religiösen zeigen. Das vorzuführen, war sein innerer Auftrag. Vielleicht ärgert er gerade damit seine Auftraggeber. Wir sehen im Film eine Baumumarmungs-Szene und beim zweiten Hinsehen listiges Lächeln der beiden Akteurinnen. Ist ja klar, es ging um das Erfassen von (kosmischer) Unendlichkeit.
Nimmt man diese Szene für sich, wirkt sie seltsam entrückt. Die Sonne scheint durch das Birkenwäldchen, das ein Friedhof ist. Aber im Kontext des Films, mit den Grabszenen, dem gewünschten anonymen Grab für den, den man soeben noch als „Kunden" interviewt hatte, da wird das Gegenteil (wenn auch schwer) erkennbar, die „spirituelle" Öffnung, die mit lebensweltlicher Grenzziehung und Auseinandersetzung einhergeht und sich von esoterischer Überhöhung, Inhaltslosigkeit, Harmonisierungsstreben, grenzenloser Beliebigkeit usw. abhebt. Leider wird gerade an diesen Stellen sichtbar (so wäre zu hoffen), dass den Kürzungen des Films um etwas mehr als zehn Minuten nicht nur Interviews zum Opfer gefallen sind, sondern auch erklärende Verbindungsstücke. Warum nicht den Film in seiner Gänze auf DVD?
Es gibt eine Sequenz in diesem Film, die ebenso erklärungsbedürftig wie lehrreich ist. Es wird gezeigt, wie in dem Projekt mit einem Sarg und einem Tuch experimentiert wird und wie längere Abschiednahme beim Tod eines Lebenspartners zu Hause möglich sein könnte. Man hört und sieht Regina Malskies, die Kulturmanagerin des Berliner HVD, sagen, nach dem Tod käme das „Nichts" wie eben vor der Geburt, man intendiert, dass es wohl auf ein sinnvolles Leben ankommt. Dann folgen Malübungen (die der Filmtext „mystisch" überhöht) und es wird ziemlich unreflektiert von „Mandala" gesprochen. Ähnliches geschieht im Zusammenhang mit der verwendeten Klangschale.
Der ganze Abschnitt hat für mich Schlüsselcharakter. Da bemühen sich Menschen unter Hereinnahme ihnen bekannt gewordener Kulturtechniken eine Art humanistisches Ritual zu erfinden. Die einen werden sagen: welcher Dilettantismus, ein richtiges Mandala geht so und so ...; andere werden meinen, für Säkulare verbietet sich derartiger Hokuspokus.
Aber, liebe Humanistinnen und Humanisten, schaut auf dieses Tun! So fängt es immer an in der Geschichte, dass man nimmt, was man braucht und dann kommt etwas heraus, von dem man meint, genau diese neue Kultur habe man schon immer gewollt, die Geschichte wäre geradezu darauf hinausgelaufen. Das ist wie mit dem Weihnachtsfest: Saturnalien, Jesu Geburt, Familienfeier ...
Der „Humanistische Verband" tut gut daran, Menschen auf ihrer Suche nach neuen Ritualen zu begleiten, Ideen und Experimente zu unterstützen, so seltsam sie sein mögen. Weltliches Bestatten und weltliches Trauern wird Formen haben, die jetzt angelegt sind. Wenn sie sich nicht entwickeln, werden die Menschen auf alte Muster zurückgreifen und auf die mit ihnen verbundene Religiosität. Das zeigt doch der Film: Humanisten suchen nach Ritualen, die Menschen helfen, sich in existenziellen Situationen zurecht- und aus ihnen herauszufinden. Der Humanismus wird hier den Menschen etwas geben – oder er wird nicht sein.
Wenn man sagt, der Film zeigt einen manchmal zu Herzen gehenden Ausschnitt aus dem Berliner HVD, dann kann man das Produkt gut bis sehr gut finden, insofern man selbst kritisch bleibt und sich zuflüstert: Ach, wäre das schön, wenn es nur immer und überall so wäre.
Auch für eine Weltanschauungsdebatte ist der Film allemal geeignet. Und was wissen wir schon über den „Glauben" unserer Mitglieder? Das Alltagsverständnis des Wortes „Glaube" bewegt sich in einem weiten Spektrum von annehmen, vermuten, für wahr halten, meinen, eine Überzeugung oder eine Gewissheit haben, zuversichtliches Vertrauen in etwas oder jemand ausdrücken, wahrhaftig und glaubhaft sein ... da werden wir doch nicht auf die zweckgerichtete monopolistische Interpretation hereinfallen, „Glauben" sei gleichbedeutend mit fromm und religiös. Daran glaube ich einfach nicht. Punkt.
Horst Groschopp
Auf dem obigen Foto (v.l.n.r.) der Cutter Matthias Spranger, Gita Neumann vom HVD und der Autor des Films Christian Modehn am Rande der heutigen öffentlichen Abenddiskussion im Berliner "Kulturzentrum Danziger50".