BERLIN. (hpd) Am vergangenen Sonntag stellte Colin Goldner in Berlin das Great Ape Project vor, das Grundrechte für Menschenaffen einfordert. Die Evolutionären Humanisten Berlin Brandenburg (EHBB e.V.) beendeten damit ihre Lesungsreihe "ATHvent 2011 - erhellende Lesungen zur gemütlichen Jahreszeit".
Als sich der Raum im Literaturhaus langsam füllte, waren sie schon zu sehen: die Menschenaffen aus dem Fotoband "Apes like us" von Jutta Hof und Volker Sommer. Seit der Verleihung des Ethikpreises der Giordano-Bruno-Stiftung an die Initiatoren des Great Ape Project (GAP), Paola Cavalieri und Peter Singer, leitet der Psychologe, Sachbuchautor und Wissenschaftsjournalist Colin Goldner das Projekt. In neunzig Minuten stellte er seinem Publikum in gewohnt engagierter Manier vor, was mit dem Projekt erreicht werden soll.
Die Einforderung bestimmter Grundrechte für Menschenaffen, wie das Recht auf Leben, auf Freiheit sowie körperliche und psychische Unversehrtheit, sei wegen der stark ausgeprägten kognitiven, emotionalen und affektiven Kompetenzen unserer nächsten Verwandten das wichtigste Ziel des Projekts. In Deutschland allein gibt es über 850 Zoos; in über vierzig dieser Einrichtungen werden auch Menschenaffen gehalten. "In vielen Fällen unter katastrophalen Bedingungen!", so Goldner, und zeigt dabei das Bild eines Affen der seit 42 Jahren konstant in einem Betonkäfig gehalten wird, den noch keinen einzigen Tag verlassen durfte.
Ebenso verwies Goldner auf die fatale Auswirkung, die das religiös geprägte Bild des Menschen als einzig von Gott beseeltes Wesen auf unseren Umgang mit der nichtmenschlichen Tierwelt hat. "In der Bibel heißt es: 'Seid fruchtbar und mehrt euch und füllt die Erde und macht sie euch untertan und herrscht über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über alles Getier, das auf Erden kriecht.' Und genau da liegt das Problem!", so Goldner. Im Gründungsjahr des GAP 1993 hat die katholische Kirche diese Einstellung im Erwachsenenkatechismus noch einmal bestätigt. "Gott hat die Tiere unter die Herrschaft des Menschen gestellt, den er nach seinem Bild geschaffen hat. Somit darf man sich der Tiere zur Ernährung und zur Herstellung von Kleidern bedienen."
"Tierbefreiungsarbeit muss auch immer Religionsbefreiungsarbeit sein!" fasst Goldner seine Position zusammen und zeigt dem Publikum anhand verschiedener Beispiele auf, woher unsere tradierten Bilder von Affen kommen - und dass die meisten vollkommen falsch sind. Anhand zwei erschreckender Beispiele zeigt Goldner auf, unter welchen Bedingungen Menschenaffen in Deutschland teilweise gehalten werden und erzählt die Geschichte des Schimpansen Petermann, der nach zehn Jahren völlig artungerechter Haltung und Sozialisation – in Karnevalssitzungen saß er kostümiert mit im Elferrat - aus dem Kölner Zoo ausbrach, den Direktor dabei gezielt schwer verletzte und kurz vor dem tödlichen Schuss der Polizei noch kämpferisch die linke Faust hob. "Petermann, geh' Du voran!", heißt es heute noch in Köln.
Im Fazit zeigt sich Goldner optimistisch: der Vegetarisimus und Veganismus - letzteren hält Goldner für den einzig konsequenten Umgang mit Tierrechtsfragen - habe in den letzten Jahren an Akzeptanz und Mitgliedern gewonnen, seriöse Tierrechtsbewegungen - also nicht solche, die "Hunde und Katzen streicheln aber Kühe und Schweine fressen" - können auch Zuwachs verzeichnen und das Bewusstsein der Bevölkerung für die inakzeptablen Zustände bei der Fleischproduktion habe auch zugenommen.
"Wenn der vorherrschende Speziesismus des Menschen, der es ihm erlaubt, Tiere wie Gegenstände zu behandeln, genauso geächtet wird wie der Rassismus oder der Sexismus, erst dann haben wir es geschafft, die sakrosankte, künstlich gezogene Linie zwischen Mensch und Tier aufzuheben.", so Goldner. "Das Great Ape Projekt kann dabei die Funktion eines Türöffners übernehmen und den Weg für die Überwindung des Speziesismus ebnen."
PM