JD Vance und der Staatsstreich

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Capitol, Washington DC
Capitol, Washington DC

Im Zeitalter der Podcasts werben Politiker auch dort um Stimmen. In einem Podcast, welcher der Alt-Right-Bewegung zugeordnet werden kann, hat sich der heutige US-Vizepräsident sehr offen geäußert. Was er gesagt hat, bietet Grund zur Sorge.

Mit Vorhersagen ist das so eine Sache. Sie sind bekanntlich schwer, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen. So wusste es zumindest schon Nils Bohr.

In der Rückschau ist das alles etwas leichter und so ist es aus heutiger Sicht faszinierend zu sehen, was ein damals noch recht aussichtslos scheinender Kandidat für den Senatorenposten in Ohio in einem eher unbedeutenden Podcast erzählt hat, der der Alt-Right zugeordnet wird. Das Gespräch wurde am 17. September 2021 veröffentlicht und vermutlich kurz vor diesem Termin aufgezeichnet.

In dem Podcast plaudert JD Vance, damals noch als Kandidat für den Senatorenposten und nicht als US-Vizepräsident, mit dem Gastgeber Jack Murphy, mit bürgerlichem Namen John Goldman. Und was dabei für eine zweite Präsidentschaft Donald Trumps empfohlen wird, klingt aus heutiger Sicht wie ein ganz klarer Plan zur verfassungsfeindlichen Machtübernahme.

Zu Beginn der Passage, in der es um eine zukünftige Trump-Präsidentschaft geht, erwähnt Vance den Blogger Curtis Yarvin. Man erinnere sich: Yarvin vertritt die These, dass die USA eine Erbmonarchie werden oder wie ein Familienunternehmen geleitet und vererbt werden sollten. Die Demokratie lehnt er explizit als ineffizient ab.

Wir erfahren weiterhin, dass Vance Trump folgenden Tipp mit auf den Weg geben würde: "Entlassen Sie jeden einzelnen Bürokraten der mittleren Ebene, jeden Beamten des Verwaltungsstaates und ersetzen Sie sie durch unsere Leute."

Das klingt stark nach Yarvins radikaler Verschlankung des Staatsapparates "RAGE" (Retire All Government Employees – schick' alle Staatsbediensteten in Rente) und scheint durch Elon Musks DOGE (Department of Government Efficiency) verwirklicht zu werden. Auch macht Vance klar, als er von "unseren Leuten" spricht, dass es ihm nicht um einen unabhängigen und parteipolitisch neutralen Staat geht.

Und auch für eine Behauptung, die Donald Trump via Tweet absetzte, findet sich bereits der passende Gedanke von Vance in dem Gespräch. Trump schrieb auf X/Twitter: "Wer sein Land rettet, verletzt kein Gesetz." Ein Spruch, der ursprünglich von Napoleon stammt, aber auch im Manifest von Anders Breivik auftaucht, dem Massenmörder von Utøya, und von diesem in der Alt-Right popularisiert wurde.

Vance greift auf eine ähnliche Idee zurück, wenn er einen Gedanken des ehemaligen US-Präsidenten Andrew Jackson aufgreift und sagt: "Und wenn die Gerichte uns aufhalten wollen, stellen Sie sich vor das Land und sagen Sie: Der oberste Richter hat sein Urteil gefällt. Jetzt soll er es durchsetzen." Ein Spruch, der sich glasklar gegen rechtsstaatliche Ordnung und Gewaltenteilung richtet.

Vance fährt fort, dass man "ziemlich weit gehen und Richtungen [wird] einschlagen müssen", mit denen sich "viele Konservative derzeit nicht wohl fühlen", woraufhin sein Gastgeber ihm recht gibt und antwortet: "In einigen meiner Bekanntenkreise ist der Ausdruck 'verfassungswidrig' (extra-constitutional) ziemlich oft gefallen."

Wie bitte soll man die Worte von JD Vance anders interpretieren, als dass das, was er hier beschreibt, ein Staatsstreich ist? Ob es zum Frontalangriff auf die amerikanischen Institutionen kommen wird und ob dieser erfolgreich sein wird, das wird die Zeit zeigen. Vielleicht werden die Schulbücher der Zukunft auf diesen Podcast vom September 2021 verweisen und sagen: Ab da hätte man es wissen müssen.

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