Religiöse Rechte - Notizen Mai 2012

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US-Flag / Foto: Andrea Church (morguefile)

USA. (hpd) Dass der vergangene Monat im republikanischen Rennen um die Präsidentschaftskandidatur endlich für klare Verhältnisse gesorgt hat, bedeutet nur eine kurze Atempause. Die harten rhetorischen Attacken gingen unvermindert weiter. Vor allem wegen seines Bekenntnisses zur Homoehe geriet US-Präsident Obama unter Beschuss.

Er hat es geschafft: Nach dem Ausscheiden seiner Gegner und dem Sieg im US-Bundesstaat Texas steht Mitt Romney endgültig als Herausforderer Obamas fest. Der Mormone zog in den letzten Wochen oft das Misstrauen der Christlichen Rechten auf sich. Bryan Fischer macht es seinen Fans derzeit nicht einfach, seine Position zu verstehen. Im vergangenen Monat hatte er sich noch gegen Romney ausgesprochen, sich dann aber kompromissbereiter gezeigt, wenn er sich nur stärker gegen die Homoehe engagieren würde.

In diesem Monat reichte dessen außenpolitischer Berater Richard Grenell seinen Rücktritt ein. Fischer hatte dies oft genug gefordert, da Romneys Mitarbeiter offen homosexuell lebt. Folgerichtig begrüßte er die Personalentscheidung als „großen Sieg“. Nur einige Tage später änderte er aber seine Meinung erneut und warf Romney in einem Moment der Selbsterkenntnis Führungsschwäche vor: „Wie soll er sich gegenüber Nordkorea durchsetzen, wenn er sich von einem Tölpel wie mir herumschubsen lässt?“ Letztlich besann sich Fischer aber darauf, dass nur zähle, dass Romney Grenell entlassen habe und entschuldigte sich wenig später beim republikanischen Präsidentschaftskandidaten. (Quelle 1) (Quelle 2) (Quelle 3)
 

Nachdem die Christliche Rechte nun nicht mehr ihre gesamte Energie in den innerparteilichen Streit investieren muss, kann sie wieder umso stärker gegen die Regierung Obama austeilen. Bryan Fischer warf Justizminister Eric Holder vor, die USA für ihren Rassismus der Vergangenheit bestrafen zu wollen. Er würde niemals einen Verbrecher verurteilen, dessen Opfer ein Weißer sei, weil in seiner Weltsicht ein Weißer nur Täter, aber niemals Opfer sein könne. Gesundheitsministerin Kathleen Sibelius musste sich den Vorwurf gefallen lassen, Obamas Himmler zu sein, da sie sich für Abtreibungsrechte einsetze. (Quelle 1) (Quelle 2)

Ebenso warf Fischer Obama vor, die USA als großes Treffen des Ku-Klux-Klans zu begreifen und weiße Amerikaner zu hassen. Sein Co-Moderator Buster Wilson lehnte für sich die Bezeichnung „Birther“ ab, führte aber gleich darauf aus, dass Zweifel an der Geburtsurkunde Obamas, die seine amerikanischen Staatsbürgerschaft beweisen sollte, bestünden. (Quelle 1) (Quelle 2) (Quelle 3)

Ein Newsletter der republikanischen Partei in Greene County, Virginia, rief für den Fall eines demokratischen Wahlsiegs im November zu einer „bewaffneten Revolution“ auf. Man müsse sich gegen Obamas „unbiblische Werte“ und seinen „Sozialismus“ wehren.(Quelle)

Louie Gohmert, Abgeordneter aus Texas, warf Präsident Obama erneut Antisemitismus vor. Seine Aussage an Israel: „Ich stehe hinter euch!“, sei eher so zu verstehen, dass er Israel in die Karten schaue und geheime Informationen an seine Gegner weiterleite. Tatsächlich stoße Obama Israel ein Messer in den Rücken. (Quelle)
 

Buster Wilson warnte indessen, dass der Antichrist alle Staaten der EU zu einem einzigen Staat verschmelzen könne, um über ganz Europa zu regieren. Er begründete dies mit Bibelstellen, die während der Endzeit eine Wiederauferstehung des Römischen Reichs prophezeien.

John Hagee erklärte seiner Kirchengemeinde, dass die USA verdammt seien. Gott habe das Volk für seinen Unglauben bestraft. Die wichtigsten Anzeichen dafür seien die grassierende Kriminalität sowie die stagnierende Wirtschaft in den USA. Ebenso seien Krankheitserreger in den letzten Jahren immun gegen alle Antibiotika geworden. (Der Kreationist Hagee kann hierbei nicht das Wirken der Evolution erkennen.) Auch hätte Gott den USA Niederlagen im Vietnam- und Koreakrieg zugefügt. Er erwähnte aber, dass dies nicht an dem Kampfeswillen der Soldaten gelegen habe, sondern an der Unfähigkeit des US-Kongresses, auf einen konsequenten Sieg hinzuarbeiten. Zu guter Letzt sei die steigende Scheidungsrate ein Indiz für den Zorn Gottes.

Auch Anne Graham Lotz aus der baptistischen Graham-Dynastie sah das Ende der Welt voraus und das Jüngste Gericht kommen, da Atheismus und Säkularismus immer weiter um sich griffen. (Quelle 1) (Quelle 2) (Quelle 3)
 

Ein Prediger, der ebenfalls an das nahende Ende der Welt glaubt, musste sein Leben lassen: Verschiedene pfingstlerische Gruppierungen nehmen Bibelstellen, die wahren Christen nicht nur die Fähigkeit zu Wunderheilung, prophetischer Gabe etc., sondern auch die Immunität vor Schlangenbissen versprechen, wörtlich, und treten furchtlos mit den giftigen Reptilien auf. Mack Wolford wurde bei einem Auftritt vor seiner Gemeinde in West Virginia gebissen. Er begab sich allerdings nach Hause statt in ein Krankenhaus und verstarb bald darauf. Auch sein Vater war aus ähnlichem Anlass gestorben. (Quelle)
 

Diesen Monat sprach sich Präsident Obama als erster US-Präsident überhaupt für die Einführung der Homoehe aus. Nicht einmal Präsident Bill Clinton hatte dies zuvor getan. Wie zu erwarten, liefen die wichtigsten Vertreter der Christlichen Rechten gegen diese Entscheidung Sturm. Harry Mihet vom Liberty Counsel warnte, dass die USA der Sowjetunion immer ähnlicher würden. Wer die Wahrheit über Homosexualität ausspreche, müsse befürchten, verschleppt zu werden. Jim Garlow warnte davor, dass die Kirche in den Untergrund gedrängt werden könnte und man sich gegen die Homoehe aussprechen müsse, selbst wenn es das eigene Leben koste.

(Quelle 1) (Quelle 2) (Quelle 3)
 

Anti-Homo-Aktivist Scott Lively bestritt, eine Rolle bei der Entstehung des Anti-Homosexuellengesetzes in Uganda gespielt zu haben, das sogar die Todesstrafe vorsieht, meinte aber gleichzeitig, dass Uganda sich der sexuellen Perversion widersetzen solle, die von Personen wie George Soros ins Land getragen würde. Außerdem solle man sich darauf verlassen, dass Afrika zwar meist harsche Gesetze, aber meist keine ebenso harten Gerichte habe. Zwei Pastoren forderten auch in den USA die Todesstrafe für Schwule. Curtis Knapp beeilte sich jedoch hinzuzufügen, dass nicht ein christlicher Mob, sondern die Regierung die Hinrichtung durchführen sollte. Er bezog sich dabei auf Passagen des Alten Testaments, die die Todesstrafe für Homosexualität fordern. (Quelle 1) (Quelle 2)
 

Eine Zuschauerin fragte Fernsehprediger Pat Robertson, ob es vertretbar sei, dass eine Freundin von ihr neben einer Jesus- auch eine Buddha-Statue besitze. Der Rat war eindeutig: Sie solle sie zerstören. Pat Robertson begibt sich damit in die Nähe der ihm so verhassten Taliban, die 2001 die Buddha-Statuen in Bamiyan gesprengt hatten. (Quelle)
 

Im Programm der konservativen Katholikin Phyllis Schlafly trat diesen Monat Brian Sussmann auf. Er vertrat die These, dass Karl Marx und Friedrich Engels, die Kapitalismus und Christentum hassten, bereits 1883 die These von der globalen Erwärmung erfunden hatten, um der Wirtschaft zu schaden. Auch die Pastoren Rick Scarborough und David Barton befassten sich mit Umweltschutz. So lobte Scarborough den texanischen Gouverneur Rick Perry, der mit einer Gebetsveranstaltung eine Dürre in seinem Bundesstaat beendet hatte, wohingegen Barton darauf verwies, dass ein gemeinsames Gebet mehrerer Gouverneure im Jahr 2010 die amerikanische Golfküste vor einer Umweltkatastrophe infolge des Deepwater-Horizon-Unglücks bewahrt hatte. (Quelle 1) (Quelle 2)
 

General Jerry Boykin warnte bei einem Treffen des Family Research Councils davor, dass Europa Jesus aufgegeben habe und daher schon in wenigen Jahrzehnten komplett islamisch sein könnte. Dieses Schicksal könne auch den USA blühen. Boykin hatte während seiner Zeit als ranghoher Beamter im Pentagon amerikanische Militäreinsätze in islamischen Staaten als göttlichen Willen betrachtet. (Quelle)
 

Erst vor wenigen Tagen wurde Charles Taylor, der ehemalige Präsident Liberias, wegen Kriegsverbrechen zu 50 Jahren Haft verurteilt. In den 90er-Jahren hatte er im eigenen Land und im benachbarten Sierra Leone Massaker angeordnet, denen über 200.000 Menschen zum Opfer fielen. Taylor war Baptisten-Prediger, der Jesus zum Präsidenten Liberias erklärte und Kabinettsmitglieder entließ, die nicht zu öffentlichen Gebetsveranstaltungen erschienen. Pat Robertson hatte ihn in seinen Fernsehsendungen oft verteidigt, sowie millionenschwere Geschäftsbeziehungen zum afrikanischen Diktator unterhalten. (Quelle) (Quelle) (Quelle)

 

Offensichtlich will die Christliche Rechte von der Begeisterung für die Comicverfilmung „The Avengers“ profitieren. Die Christian Post hat mehrere Bibelzitate zusammengestellt, die sowohl auf die Kirche, wie auch auf die Marvel-Helden zutreffen. (Quelle)

Redaktion und Übersetzung: Lukas Mihr