Was tun, wenn’s nicht brennt?

... jedenfalls scheint es nur noch zu glimmen hierzulande in der „Frauenfrage“. Der Frauentag ist zwar augenblicklich nicht ganz „Damentag“,

aber ziemlich eingebuttert in die so genannte Familiendebatte. Frauen, so scheint es, bestehen zwar nicht mehr (überall) auf der Dreieinigkeit von Kinder, Kirche, Küche, auch haben sie den Herd gegen allerlei Koch- und Reinigungsmaschinen eingetauscht. Aber: Haben sie politische Mitbestimmung und juristische Gleichheit mit emanzipatorischen Ansprüchen verrechnet? Dazu einige Befunde.

Verkaufstag: Weil heute Frauentag ist, gewährt ATU für alle Frauen (das sind weibliche Wesen ab 18 Jahren) 18 % Rabatt: „Da könnte sich doch mal das shoppen mit der Frau / Freundin lohnen“. Mann kann sich bei Mitbringung einer Frau sozusagen verbilligt die Luft prüfen lassen.

Auch die METRO hat am heutigen 8. März auch Frauentag. Auf Damenschuhe und Schmuck und andere Dinge, die man zu weiblichen Konsumgütern erklärt hat, gibt es ein Fünftel Rabatt, nur heute. Selbstredend gibt es Ermäßigungen auch auf Parfüm und Damennachtwäsche sowie eine „Verlosung! Natürlich nur für Frauen!“. Den 2005er halbtrockenen Dornfelder (wer trinkt so etwas, wenn nicht Verkäuferinnen?) gibt es (nur heute) zu 3,56 € aber nur den Roten von Rotkäppchen (Hallo, das Zeichen wurde verstanden!). Frauentag bei der METRO gibt es allerdings nur in den elf Ostfilialen. Ist Frauentag im Westen nicht Feiertag? Gibt es dort dafür am „Weltspartag“ bei ALDI „Prosecco“, den besonders preisgünstigen Champagner für Normalverdiener extra „für Sie“?

 

Gemäldeangebot: Ein schönes Bild von einer deutschen Idealmutter wird uns derzeit verkauft. Sie ist sogar Ministerin für diese weiblichen Sachen. Sie ist blond, sanft, liebevoll, weiß, kinderreich, gepflegt, sprachmächtig, verheiratet, fromm, gesund, kirchennah, gut situiert und emanzipiert (jedenfalls nach den inzwischen üblichen Maßstäben und sicher den ihren). Frau von der Leyen ist eine Termin- und Verwaltungsjongleurin sondergleichen.

Diese Superfrau bestimmt weitgehend das öffentliche Bild davon, was sich Frauen wünschen. Selbst Richard Gere könnte nicht nein sagen. Um dieses Bild millionenfach zu reproduzieren soll jetzt mehr Steuergeld ausgegeben werden für Krippenplätze. Diese sollen selbstredend nicht so sein, wie sie mal im Osten waren (was atheistische Ostfrauen als staatlich geförderte Gebärmaschinen mal gleich wieder belehrt darüber, was nicht nur im DDR-System, sondern auch in ihrem Leben falsch lief, und dass nicht sie bestimmen, wie das mal sein wird mit diesen Krippen).

Aber die Sache mit den Krippenplätzen scheint zu scheitern – an der Frauenfrage! Wäre doch Frau von der Leyen schön innerhalb des alten christlichen Familienbildes geblieben, hätte von „Ergänzungen“ und „Ausnahmen“ und von „armen Kindern“ geredet. Aber nein, sie musste ja weit ausholen und das männliche Wesen als solches attackieren: „Rückständig und ein Gehabe wie ein Platzhirsch – so beurteilt Ursula von der Leyen den deutschen Mann. Aber jetzt sei die Zeit der Alphatierchen vorbei, erklärt die Familienministerin im "stern"-Interview: ’Frauen greifen nach der Hälfte der Macht.’" – bei der Machtfrage hört bekanntlich das Scherzen auf.

 

Protestbedarf: Die Frauenfrage kam als Familiendebatte dahergeschlenkert und blendete die „soziale Frage“ nahezu völlig aus. Und wären da nicht ab und zu in „Babyklappen“ oder an Bushaltestellen ausgesetzte, in verdreckten Wohnungen vernachlässigte oder von wild gewordenen Liebhabern gepeinigte Kinder von Single-Müttern gewesen und müde Stellungnahmen von Politikerinnenreden obendrauf, der Abstand der wohlstandsgeschwängerten Familiendebatte vom wirklichen Leben armer Frauen in unserem Land wäre fast nicht aufgefallen.

Überhaut, so macht es den Eindruck, sind Frauen politisch lieb geworden. Azur Toker, Ex-Muslima, brachte ihre gegenteilige Ansicht dazu auf der Berliner Pressekonferenz des „Zentralrats der Ex-Muslime“ am 28. Februar auf den Punkt, als sie vom „Feminismus auf Stöckelschuhen“ sprach, der eingekehrt sei. Vielleicht sind es die emanzipierten, das Kopftuch verweigernden und ihre Männer ernst nehmenden Migrantinnen aus Iran, Marokko, Irak, der Türkei usw., die neue Themen in die Frauenfrage bringen.

Wie reagieren darauf bekannte Frauenrechtlerinnen? Abgesehen von der Frage, wer hier als bekannt gelten kann neben Eva Hermann, die zeit- und ortgleich ihre Pressekonferenz mit den Ex-Muslimen hatte (dadurch indirekt auch polizeigeschützt war). In dieser brandgelöschten Ruhe fehlen bloß noch Pressemitteilungen, diedie Abschaffung des seit hundert Jahren in North Dakota (USA) geltenden Verbots des Zusammenlebens nicht verheirateter Paare feiern. Wer „Borat“ in der Feministinnenrunde des gleichnamigen Films gesehen hat, versteht diese Anspielung.

Fragen wir mal so: Wer weiß eigentlich, wie Frauen in unserem Land leben, die mitunter schwarzhaarig, etwas bissig, oft kränklich, bisweilen farbig, durchaus kinderreich, scheinbar ungepflegt, oft sprachlos, ihren Umständen gegenüber ohnmächtig, ledig oder schlecht geschieden, islamisch oder konfessionslos, organisationsfremd, arm und hörig und vor allem wenig souverän sind ihrem eigenen Tun gegenüber, was sie unfähig macht, ihren Alltag so zu strukturieren, dass er passgenau dem entspricht, was eine emanzipierte moderne Frau von dieser Auch-Frau zu erwarten wünscht?

Streiterinnerung: So zu fragen, verweist zumindest auf den alten Streit, der die Frauenbewegung stets begleitet hat – wie nämlich Frauenfrage und soziale Frage zusammenhängen. Dieser Streit ist erst wieder zu entdecken und ihre Protagonistinnen: Clara Zetkin und Marie Stritt, Grete Meisel-Heß und Alexandra Kollontai, Rosa Luxemburg und Bertha von Suttner, Käthe Kollwitz und Helene Stöcker, Angelika Balabanoff und Lily Braun – um nur ein paar Reiz-Namen aus dem frühen humanistischen Spektrum in die Debatte zu werfen.

Wird auf diese Geschichte gesehen, ergibt sich die Frage, mit welchen Ereignissen die moderne Frauenemanzipation eigentlich begann. Wahrscheinlich mit der Nonnenbefreiung in der Reformationszeit, der räumlich nicht geschiedenen Teilnahme von Frauen am Gottesdienst, den Forderungen zur Aufhebung des Zölibats und der ersten Pastorin? Wann war das eigentlich? Wann gab es die erste Frau an der Spitze eines freigeistigen Verbandes? Oder steht das noch aus?

Humanismusdefizit Gerade Humanistinnen haben doch ein Interesse, sich zu vergewissern und ihre Verbände zu fragen: Warum erscheint der Humanismus heute so männlich, dass an diesem Tag nicht eine einzige Presseerklärung den hpd erreicht hat und auch im Netz nichts zu finden ist. Schieben wir es nicht auf Männer! Wo denken wir denn anders als Frau von der Leyen – vom „Glauben“ einmal abgesehen?

Veröffentliche Meinungen: Ein Blick in die heutige Presse veranschaulicht das brave Abarbeiten der Erinnerungskultur in Sachen Frauentag in den Medien. Frau könnte meinen: Keine Aufregung – nirgends. Der Bundestag debattiert heute immerhin die Gleichstellungspolitik und auch Unternehmen haben erkannt: „Es bleibt viel zu tun“. Auch bei den westlichen Nachbarn nichts Neues: Österreich zeigt wenigstens auf, welche Nachteile Frauen immer noch erdulden müssen und in der Schweiz wird auf Forderungen, die Frau stellen darf und sollte, aufmerksam gemacht.

Hartz IV-Frauen: Frau glaubt es kaum: Unsere Regierung meint tatsächlich, Hartz IV bringe einen Fortschritt im „Gender Mainstreaming", der durchgängigen Gleichstellungsorientierung.

Sicher, das Folgende lassen wir mal als Einzelfall und nicht als nicht durchgängig beabsichtigt durchgehen: Der „Daily Telegraph“ berichtete unlängst „vom Fall einer 25-jährigen arbeitslosen Informatikerin, die sich bereit erklärte, nachts als Kellnerin zu arbeiten. Daraufhin erhielt sie einen Brief von der zuständigen Arbeitsagentur mit der Mitteilung, dass ein Unternehmer an ihrem ’Profil’ interessiert sei und sie ihn anrufen solle. Die Frau tat dies, ohne zu wissen dass sie einen Bordellbesitzer kontaktierte.“

Wird in Sachen Hartz IV (noch immer heißt ein Sozialprogramm nach einem Vorbestraften) tiefer gegraben, kommen Bedenken auf: „So hat sich z.B. auch durch die Umsetzung des Gesetzes das Lohnniveau in Deutschland verändert und wirkt sich auf die Höhe der Rentenbezüge in den kommenden Jahren aus.“

Mehr noch: Vor genau zwei Jahren wurden Hartz IV-Frauen auf einer Demonstration in Bremen deutlicher: „Unsere Enkel werden schon im Kindergarten und in der Schule aussortiert! Das ’Hartz-IV-Kind’ hat kein Geld für das Tanzen, Reiten, Schwimmen, Turnen oder für den Nachhilfeunterricht! Das ’Nicht-Hartz-Kind’ wird fleißig gefördert! Das ’Hartz-Kind’ bleibt das arme ’Hartz-Kind’! Das Ergebnis: Schule, Arbeit, Rente, alles miserabel!“

Hartz IV-Künstlerinnen: Unter den soeben angedeuteten Umständen Kinder groß zu ziehen und selbst durchs Leben zu kommen ist eine Kunst – eine besondere Lebenskunst, die auch eine spezielle Lebenskunde verlangt. Derzeit gibt es eine „Aktion gegen die Auswirkungen der Hartz-Gesetzgebung auf den Kulturbereich“. Darin wird auf die beunruhigende Situation vieler freischaffender Künstlerinnen aufmerksam gemacht in einer „Petition im Deutschen Bundestag“. Verkürzt gesagt geht es darum, dass viele Kunstschaffende im „freien" Bereich keine Chance haben, mit ihrem Berufsbild die „Hartz IV"-Auflagen für das „Arbeitslosengeld I“ zu erfüllen.

Die Onlinepetition, samt einer besseren Beschreibung der Problematik, befinden sich auf den Seiten des vom Bundestag beauftragten Napier-Instituts. Abschlusstermin ist der heutige 8. März! Mit einem Mausklick kann diese Petition unterstützt werden. Sie hilft auch Männern, liebe Freundinnen und Schwestern!

Zum Titel: Der Titel zu diesem Beitrag ist selbstredend allegorisch. Das den Titel stiftende Gleichnis geht so: Es war einmal ein bekannter Schauspieler, der seinen Vornamen mit einem berühmten Eulenspiegel teilt. Er spielte in dem Film „Was tun, wenn's brennt" einen Kreuzberger Hausbesetzer. Die taz berichtete nun am 12. Februar, dieser Typ gehöre wahrscheinlich zu den Investoren, auf deren Begehr hin die Räumung des linken Hausprojekts in der Yorckstraße 59 verfügt worden sei.

Da nun geräumt wurde, besteht keine Brandgefahr mehr. Vergleiche mit der Frauenfrage sind rein allegorisch.

GG