Zum Internationalen Frauentag haben verschiedene Organisationen Pressemitteilungen veröffentlicht. Der hpd fasst hier einige davon zusammen.
Zur Eröffnung einer zweiwöchigen Sitzung der UNO-Frauenrechtskommission in New York sagte UN-Generalsekretär Antonio Guterres, dass die Gleichstellung in immer weitere Ferne rücke. Die Rechte der Frauen würden weltweit bedroht und verletzt und über Jahrzehnte errungene Fortschritte verflüchtigten sich. So nannte er das fehlende Recht auf sexuelle Selbstbestimmung, die Müttersterblichkeit, die Verdrängung von Mädchen aus Bildungseinrichtungen und Kinderehen. Guterres stellte klar, dass Frauen und Mädchen durch Krisen und Konflikte zuerst und am schlimmsten betroffen sind.
Der Humanistische Verband Deutschlands (HVD) erinnerte in seiner Pressemitteilung zum Frauentag an die mutigen Frauen im Iran. Seit dem Tod von Jina Mahsa Amini im September 2022 reißen die Rufe "Jin, Jîyan, Azadî" (Frauen, Leben, Freiheit) im Iran nicht ab. Unter hoher Gefahr für Leib und Leben gehen Menschen im ganzen Land, angeführt zumeist von Frauen und Mädchen, auf die Straße und fordern das Ende der Islamischen Republik und ein gleichberechtigtes Leben im Iran. Sie kämpfen gegen die patriarchalische Unterdrückung, die der Frau nur die Hälfte des Wertes eines Mannes zuerkennt, gegen die islamische Unterdrückung, die Zwangsverschleierung und die Gewalt gegen Frauen in der Scharia.
Der bedeutende Kampf gegen Unterdrückung und für elementare Grundrechte im Iran hat inzwischen das gesamte Land erfasst und einen Großteil der Zivilgesellschaft, unabhängig von Alter, Ethnie oder Geschlecht. "Diese beeindruckende Bewegung verdient unsere tatkräftige und entschiedene Unterstützung", so Katrin Raczynski, Vorstandsmitglied des HVD Bundesverbandes. "Die bisherigen Aktivitäten der demokratischen Staaten reichen hier nicht aus – auch nicht die unserer Bundesregierung, die sich eine feministische Außenpolitik auf die Fahnen geschrieben hat: Eine Neuausrichtung der deutschen Iranpolitik, die die Einhaltung von Frauen- und Menschenrechten in den Fokus nimmt, ist überfällig. Vor allem braucht es eine starke Stimme, die Druck auf die iranische Regierung ausübt, um die Einhaltung der Menschenrechte zu erreichen."
Der HVD hat deshalb gemeinsam mit dem Center for Human Rights in Iran zum Einen die iranische Regierung aufgefordert, die Inhaftierung und Gewalt gegen Frauen zu beenden, die grundlegende Rechte und Freiheiten im Iran einfordern. Weiterhin wird ein Ende von körperlicher und sexueller Gewalt gegen inhaftierte Frauen und Demonstrierende und die Aufhebung aller Hinrichtungen von politischen Gefangenen und aller Todesurteile gegen Demonstrierende gefordert.
"Die Bundesregierung", heißt es weiter, "muss den Verantwortlichen im Iran deutlich machen, dass für die permanente Verletzung der Menschenrechte auch persönliche Rechenschaft verlangt wird. Und sie muss die bekannten Verantwortlichen schon heute bestrafen, wo dies möglich ist."
Auch wenn am Internationalen Frauentag "viele Schlaglichter auf Frauenrechte und Geschlechtergerechtigkeit gerichtet" sein werden, weist Terre des Femmes (TdF) darauf hin, dass "auch an allen anderen Tagen […] die Rechte von Mädchen und Frauen im Fokus stehen" müssen.
In der Presseerklärung heißt es: "Vorige Woche gaben Bundesaußenministerin Annalena Baerbock und die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Svenja Schulze, ihre Eckpunkte für eine feministische Außen- und Entwicklungspolitik bekannt. Ein wichtiger und guter Schritt – TdF wird weiterverfolgen, welche Maßnahmen künftig umgesetzt werden. Zum Beispiel in Bezug auf die Unterstützung der iranischen feministischen Revolution und der entrechteten Frauen in Afghanistan, und besonders auf die Aufklärung und Bestrafung von sexualisierter Gewalt in bewaffneten Konflikten. Solche Beschlüsse sind unerlässlich für eine bessere Zukunft für alle Menschen, sollten allerdings nicht nur auf dem Papier stehen."
Die Weltbank veröffentlichte in der gleichen Woche die Ergebnisse einer Studie zu Gleichberechtigung in 190 Volkswirtschaften. Danach haben weltweit "fast 2,4 Milliarden Frauen im erwerbsfähigen Alter noch immer nicht dieselben Rechte wie Männer: Im Schnitt genießen sie in den untersuchten Ländern nur 77 Prozent der gesetzlichen Rechte, die Männer haben."
Christa Stolle, Bundesgeschäftsführerin von Terre des Femmes, sagte dazu: Man arbeite "seit 42 Jahren dafür, dass alle Mädchen und Frauen gleichberechtigt, selbstbestimmt und frei von Gewalt leben können. Im Jahr 2023 erscheint dieses Ziel wieder sehr weit entfernt." Damit bestätigt sie den oben zitierten UN-Generalsekretär. In Schulen in Iran werden Mädchen mit Gas vergiftet, mutmaßlich, um die protestierende Bevölkerung einzuschüchtern und Mädchen von Bildung auszuschließen. "Das Regime foltert, vergewaltigt und ermordet lieber die Jugend, als Frauen ein Leben in Freiheit zuzugestehen."
In Afghanistan wurden Mädchen und Frauen schon vor Monaten von Schulen und Unis ausgeschlossen, die Hälfte der Bevölkerung darf weder lernen noch arbeiten. "Die Taliban lassen lieber die Menschen verhungern, als dass sie Frauen ihre Menschenrechte zugestehen."
Die Weltöffentlichkeit dürfe "bei dieser unfassbaren Ungerechtigkeit gegen Mädchen und Frauen nicht zusehen. Die deutschen PolitikerInnen müssen mehr tun, um Mädchen und Frauen die ungehinderte, gleichberechtigte Teilhabe am Leben zu ermöglichen", so Christa Stolle weiter.
Das Markt- und Meinungsforschungsunternehmen Ipsos veröffentlichte anläßlich des Frauentages (gemeinsam mit dem King's College London) eine Studie, in der erfasst wurde, inwieweit die Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen fortgeschritten ist. "Eine deutliche Mehrheit von 62 Prozent der Deutschen findet, dass derzeit eine Ungleichheit zwischen Frauen und Männern in Bezug auf soziale, politische und wirtschaftliche Rechte besteht." Allerdings sind weitere 46 Prozent der Ansicht, "dass in Deutschland hinsichtlich der Gleichstellung von Männern und Frauen schon genug getan wurde".
Der Anteil der Frauen bei den Befragten, die eine Geschlechterungleichheit in Deutschland sehen, ist mit 68 Prozent deutlich höher als der der Männer (57 Prozent). Bei der Frage, ob die Förderung der Gleichstellung von Frauen bereits so weit ging, dass nun Männer diskriminiert werden, stimmen die Hälfte aller deutschen Männer (49 Prozent), aber lediglich 30 Prozent der befragten Frauen zu. Frauen (38%) sind außerdem deutlich pessimistischer als Männer (49 Prozent), dass die Gleichstellung zwischen Männern und Frauen noch zu ihren Lebzeiten erreicht wird.
Nach der Studie verschlechterten sich seit Ausbruch der COVID-19-Pandemie die Zustimmungswerte zur Förderung der Gleichberechtigung in Deutschland. Auch Teilaspekte dessen, wie beispielsweise die Akzeptanz von Männern, die zuhause bleiben und sich um die Kinder kümmern, sinkt. So stimmen inzwischen mehr als ein Viertel (27 Prozent) der Deutschen der Aussage zu, dass ein Mann, der zuhause bleibt und sich um die Kinder kümmert, nicht wirklich ein Mann sei. Außerdem trauen sich auch immer weniger Menschen, die Gleichberechtigung von Frauen öffentlich zu unterstützen. Aktuell berichten 29 Prozent der Deutschen, dass sie Konsequenzen befürchten, wenn sie für die Gleichberechtigung von Frauen eintreten.
Optimistisch stimmt, dass rund 45 Prozent der Befragten in Deutschland davon überzeugt sind, "dass es Maßnahmen gibt, die sie ergreifen können, um die Gleichstellung zwischen Frauen und Männern zu fördern".