Texte zur Islamfeindschaft

(hpd) Der Islam- und Politikwissenschaftler Thorsten Gerald Schneiders legt in seinem Sammelband Beiträge zur Debatte vor. Er enthält zwar Texte zur „Islamfeindschaft“, aber nur am Rande Ausführungen zu den Inhalten einer „vernünftigen Islamkritik“.

Seit einigen Jahren tobt nicht nur in den Feuilletons eine erregte Debatte um die Einschätzung des Islam und der Muslime, wobei sie zwischen den extremen Polen eine „Islamfeindschaft“ und einer „Islamverherrlichung“ hin und her springt. Begleitet wird diese Kontroverse auch von Beiträgen unterschiedlicher Intellektueller und Wissenschaftler, die ihre Stellungnahmen in Aufsätzen und Essays präsentiert haben. Einige davon hat der Islam- und Politikwissenschaftler Thorsten Gerald Schneiders in einem neuen Sammelband mit dem Titel „Verhärtete Fronten. Der schwere Weg zu einer vernünftigen Islamkritik“ herausgegeben. Er enthält auch Beiträge aus den bisherigen Sammelbänden „Islamfeindlichkeit – Wenn die Grenzen der Kritik verschwimmen“ und „Islamverherrlichung – Wenn die Kritik zum Tabu wird“, ergänzt um neuere Analysen. Aus Sicht des Herausgebers dringt die erwähnte konfrontative Haltung in der Debatte von den Rändern in die Mitte der Gesellschaft vor. Seinen Sammelband sieht er als Beitrag zur Versachlichung der Kontroverse.

In der Einleitung liefert Schneiders auch eine Definition von „Islamfeindlichkeit“, woran es in den ersten Bänden noch mangelte: „Islamfeindlichkeit ist die Instrumentalisierung von undifferenzierter Kritik an der Religion des Islam und deren Anhängern zum Zwecke der Verfolgung eigener, oftmals ideologischer Interessen. Der Prozess manifestiert sich durch direkte Gewalt oder durch Agitation gegen Personen, Symbole und Heilige Texte. Auf der argumentativen Ebene sind die Grenzen zur Sachlichkeit bisweilen fließend, sodass man von Fall zu Fall überlegen muss, ob eine Äußerung lediglich als kritisch oder als feindlich zu bewerten ist.“ Und eine von ihm angestrebte „vernünftige Islamkritik“ kann es für Herausgeber Schneider nur in der sachlichen Auseinandersetzung „mit einzelnen Aspekten dessen ..., was zum ‚Islam’ gezählt wird“ geben. Die oberste Prämisse für Sachlichkeit ist in diesem Fall, dass die Kritik die Vielfalt der islamischen Lebensweise ... realisiert und nicht einer Pauschalisierung anheim fällt“ (S. 10).

Die 16 Aufsätze des Sammelbandes gliedern sich entsprechend auf in Beiträge zur „Islamfeindlichkeit“ und zur „vernünftigen Islamkritik“. Im erstgenannten Bereich findet man Texte zum Vergleich von Antisemitismus und Islamfeindlichkeit, zu Konflikten um den Bau von Moscheen, zur Kopftuchfrage von Lehrerinnen in Schulen, zur Islamophobie von deutschen Bundestagsparteien, zu Argumentationsstrategien von “Islamkritikern“ und zur Debatte um das Buch von Thilo Sarrazin. Insbesondere diese Kontroverse stehe dafür, dass die Ressentiments von den Rändern in die Mitte der Gesellschaft gedrungen seien. Im zweiten Teil zur „vernünftigen Islamkritik“ enthalten sind Beiträge zur Opferhaltung in ägyptischen Schulbüchern, zur Ideologie des Fundamentalismus, zu Muslimen in Deutschland, zu Erziehungsvorstellungen von Imanen, zu nationalistischen Spuren im Islam in türkischen Organisationen, zur Rolle der DITIB in der Zuwanderungsgesellschaft, zum Einfluss der Religiosität auf Gewalthandlungen und zum Antisemitismus unter Muslimen.

Die einzelnen Beiträge geben einen guten Überblick zu Themen der aktuellen Debatte. Nicht nur im Inhalt, sondern auch im Niveau unterscheiden sie sich. Essayistische Betrachtungen stehen neben wissenschaftlichen Aufsätzen. Ideengeschichtlich arg daneben gegriffen hat ein Beitrag, der ausgerechnet den Kritischen Rationalismus für „Sarrazins Rassismus“ (S. 112) verantwortlich macht. Irritiert ist man als Leser über den zweiten Teil, bringen doch die dort versammelten Aufsätze kaum etwas im Sinne einer „vernünftigen Islamkritik“, da sie ganz andere Themen beinhalten. Eine Ausnahme stellt die Abhandlung über den Einfluss der Religiosität auf das Gewaltverhalten von Jugendlichen dar. Problematisch ist auch Schneiders Fixierung auf den Begriff „Islamfeindschaft“, geht es doch eigentlich um eine Feindschaft gegen Muslime und nicht gegen die Religion. Entgegen seiner Annahme richtet sich die Feindschaft von Rechtsextremisten gerade nicht in erster Linie gegen den Islam, sondern gegen die Muslime. Solche Dimensionen verkennt die Rede von der „Islamfeindlichkeit“.

Armin Pfahl-Traughber

Thorsten Gerald Schneiders (Hrsg.), Verhärtete Fronten. Der schwere Weg zu einer vernünftigen Islamkritik, Wiesbaden (Springer VS), 265 S.