Serien neu gesehen

Was ist ein Mensch?

Michael Hogan als Colonel Tigh
Michael Hogan als Colonel Tigh

Die Antwort auf diese Fragen überlassen Eick und sein Team den Zuschauern – sollen sie doch glauben und akzeptieren, was für sie die am nächsten liegende Erklärung ist. Für manche wird Battlestar Galactica so zu einer spirituellen, zyklischen Reise, einer Metapher fürs Karma-Glücksrad des Lebens. Für andere ist klar, dass alles nur in Baltars Kopf passiert. American Psycho im Weltall. Wieder andere sehen eine TV-Version der Matrix-Filme: “Know thyself” auf die Spitze getrieben.

Meine eigene Erklärung mag dagegen langweilig wirken. Aber sei’s drum.

Gnosis 2.0

Mensch ist, wer als Mensch handelt. Die Erkenntnis der eigenen Menschlichkeit ist kein Akt des Glaubens, sondern geschieht durch Taten und deren Akzeptanz. Sie ist, im Kern, immer persönlich und individuell. Nicht kirchlich-religiöse Regelwerke oder lenkende Gotteshände bestimmen das Schicksal oder legen die Grenze zwischen “Mensch” und “Nicht-Mensch” fest: Viel mehr ist es das, was Individuum und Gemeinschaft tun. Bürgerkrieg ja oder nein? Todesstrafe ja oder nein? Sklavenarbeit ja oder nein? Diktatur ja oder nein? Lügen ja oder nein, Vergewaltigen ja oder nein, Genozid ja oder nein? Sabotage, ja oder nein?

Battlestar Galactica nimmt die klassische Geschichte der Odyssee auf, setzt eine quasi-religiöse Maske davor, zitiert Bilder, Klischees und Ereignisse aus 2000 Jahren Menschheitsgeschichte – und demonstriert damit hintergründig: Du bist was Du tust, auch wenn da noch ein Haufen Vorfahren und Konventionen oder Bob Dylan mitreden möchten. Ethik, Moral und auch Glauben entstehen aus dem Konsens einer Gruppe und werden durch diesen propagiert, sie sind nicht gottgegeben. Man mag sich althergebrachter Bilder bedienen, dem Götterrat, dem Erlöser, aber schlussendlich zählt nur, wie man sich als Mensch sieht und wie man als Mensch handelt. Der Rest ist nichts weiter als eine Interpretation durch das eigene kulturelle Guckloch. Bei manchen verzerrt dieses Guckloch die tatsächliche Situation in Richtung hinduistische Tradition, bei anderen läuft im Hintergrund “All Along the Watchtower”. Kein Wunder, dass die Galactica-Darsteller, allen voran Edward James Olmos, vor den Vereinten Nationen sprechen durften.

Ganz großes Kino. Also, TV-Unterhaltung. Und das, ohne moralisierend zu sein, obwohl Moral immer wieder Thema ist. Auch für mich eine der besten Serien der letzten dreißig Jahre. Den Kopf einzuschalten ist allerdings empfohlen, so nebenbei geht Battlestar Galactica nicht.

 

Der Trailer zur 4. und letzten Staffel verrät viel, aber geht dennoch nicht als Spoiler durch.

 

 

 


Battlestar Galactica (USA/CDN 2003–2009). Idee: David Eick, Ronald D. Moore, Darsteller u.a.: Edward James Olmos Mary McDonnell, Michael Hogan, Kate Vernon, James Bamber, James Callis. Sci-Fi Channel und Sky Television, NBC Universal Television.