Religionsfreie Zone in Regensburg

(hpd) Auf dem Haidplatz im Zentrum von Regensburg gab es am vergangenen Sonntag von 14.00 bis 20.00 Uhr eine "Religionsfreie Zone". Sie wurde eingerichtet vom Bund für Geistesfreiheit (bfg), Der Leserbrief,

Che Guevara Zentrum, WASG/Linkspartei.PDS, RESI, Frauenzentrum, SJD-Die Falken, Freidenker/innen Ulm/Neu-Ulm e.V. und anderen.

Über der Bühne prangte das Motto "Heidenspass statt Höllenqual" und das Programm war als "Einführung in das Ratzingertum" angekündigt. Geboten wurde ein buntes Bühnenprogramm mit dem Rockkabarett Radix, dem ueTheater, der Musikgruppe Pratapana, dem Resi-Kabarett und literarischen Beiträgen von Angela Kreuz, Dieter Lohr, Ingrid Donhauser und Marlies Haschke

Dazwischen wurden Statements vorgetragen von Erwin Schmid (Vorsitzender des bfg Regensburg), Dietmar Michalke (bfg-Landesvorsitzender), Gerhard Rampp (bfg Augsburg) zu den Kirchenfinanzen, Monika Hendlmeier (stv. bfg-Landesvorsitzende) zu Frauen und Kirche, Hr. Degan über den Islamismus im Iran.

Außerdem gab es Infostände, Getränkeausschank und Kunstaktionen.

Das Wetter spielte mit warmen Sonnenschein mit und so war es ein Rundumfest für Informationen, Wissen und Genießen.

Die anwesende Bereitschaftspolizei musste vermutlich ihre Anwesenheit rechtfertigen und beschlagnahmte zwei Papst-Bilder des Künstlers Frank Scholz.

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Als Dokumentation die Rede von Gerhard Rampp zu der Frage:

Der Papst reist – aber wer zahlt ?

Liebe versammelte Mitmenschen,

selbstverständlich gestehen wir Herrn Ratzinger das gleiche Recht zu, seine Anhänger zu besuchen, wie dem Oberhaupt jeder anderen Kirche oder Sekte. Aber ebenso selbstverständlich haben die Katholiken auch die Kosten selbst zu tragen.

Neuerdings wird das ja bestritten mit der Behauptung, der Pontifex sei hier auf Staatsbesuch. Dann wäre er aber der erste, der sich selbst eingeladen hätte! Es war Herr Ratzinger selbst, der den Wunsch geäußert hatte, seine Heimat zu besuchen, und daraufhin haben ihn die Bistümer München und Regensburg vor einem Jahr eingeladen. Deshalb bringen diese beiden Diözesen ja auch 20 bis 30 Millionen Euro dafür auf.

Von den Gesamtkosten ist das jedoch nur ein kleiner Teil, denn der Steuerzahler trägt wieder einmal den Löwenanteil mit über einhundert Millionen Euro. Allein die Einsätze der 5000 Polizisten für Verkehrsregelung, Sicherheitsmaßnahmen und die Unterdrückung jeder unerwünschter Papstkritik kosten nach eigenen Angaben 50 Millionen Euro. Die Ausgaben der Kommunen liegen zwischen 10 und 20 Millionen, wobei allein die Stadt München 50 Mitarbeiter abgestellt hat, die sich seit Wochen nur mit der Vorbereitung und Durchführung des Besuchs befassen, z.B. mit der Verschweißung sämtlicher Gullydeckel, die hinterher natürlich wieder aufgetrennt werden müssen. Daneben gibt es jede Menge direkter und indirekter Kosten, z.B. für die Beschaffung und Aufstellung von 15 Kilometern Absperrgitter und viele logistische Maßnahmen, die hier gar nicht im Detail aufgezählt werden können. Bei den Gesamtkosten der öffentlichen Hand von gut 100 Millionen Euro sind nicht enthalten

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die Zusatzkosten für halbstaatliche Hilfsdienste wie das THW oder das Rote Kreuz mit ca. 25.000 Helfern

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versteckte Zuschüsse für innerkirchliche Dinge wie den sechs Millionen teuren Altaraufbau in München-Riem

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die vielen Millionen Steuerausfälle infolge der Totalsperrung der Autobahn und der eintägigen Sperrung des gesamten Warentransitverkehrs von Frankfurt nach Wien und anderer geschäftlicher Einschränkungen (in Klammern: Auch Privatpersonen leiden darunter, dass Bahn- und Straßenverkehr behindert werden, aber sie können diese Mehrkosten nicht steuerlich absetzen!)

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und schließlich sind auch nicht die Kosten für den Ausfall eines kompletten Unterrichtstages in ganz Bayern mitgerechnet. Sicher, hier fallen keine unmittelbaren Ausgaben an, denn der Bildungs- und Schulapparat muss ja sowieso bezahlt werden. Aber wenn dafür kein Gegenwert in Form von Bildung erbracht wird, ist das eine Verschwendung in Höhe von rund 30 Millionen Euro. (Bei dieser Gelegenheit kann ich mir einen Hinweis auf die in vielen Schulen noch üblichen Morgengebete nicht verkneifen: Wenn man deren Dauer nur mit drei Minuten rechnet – und das ist knapp bemessen – dann kommt in drei Wochen schon eine ganze Unterrichtsstunde zusammen, und im Schuljahr immerhin zwei volle Schultage.)

Dass der Dienstag in ganz Bayern schulfrei ist, macht im übrigen schon deshalb keinen Sinn, weil der Papstbesuch ja die Nichtkatholischen gar nicht interessiert – und das ist fast die Hälfte. (Derzeit sind nur noch 56 % katholisch, 21 % evangelisch, 20 % konfessionslos und die restlichen drei Prozent gehören religiösen Minderheiten an. Vereinfacht könnte man also sagen. Von neun Bayern sind fünf katholisch, zwei evangelisch und zwei konfessionslos.)

Nun wissen wir aber auch, dass ein Drittel der Kirchenmitglieder völlig religionsfern ist, so dass denen der Papst noch mehr egal ist als uns. Rund die Hälfte ist zwar kulturell im Christentum verwurzelt, aber nicht mehr religiös. Ein Münchner Pfarrer drückte das kürzlich so aus: „In Bayern ist zwar die Mehrheit katholisch, aber sie ist nicht mehrheitlich katholisch.“ Nur noch jedes sechste Kirchenmitglied kann als christlich im eigentlichen Sinne definiert werden. Nur für diese Minderheit finanziert der Staat dieses teure Medienspektakel!

Nun mag sich mancher von Ihnen über diese Kosten aufregen, die statistisch jeden bayerischen Bürger etwa zehn Euro kosten. Aber in Wirklichkeit ist das nur ein winziger Klacks gegen das, was der Staat jedes Jahr den Kirchen an direkten oder indirekten Subventionen zukommen lässt. Die kassieren nämlich Jahr für Jahr das 200-Fache dieser Summe, nämlich 20 Milliarden Euro für rein innerkirchliche Anliegen – allerdings bundesweit und nicht nur auf Bayern begrenzt. Das ist mehr als doppelt so viel, wie die Kirchen selbst an Kirchensteuern einnehmen. Mit anderen Worten heißt das: Jeder von Ihnen zahlt über die allgemeinen Steuern etwa doppelt so viel, wie die Kirchensteuer ausmachen würde, und der Kirchensteuerzahler berappt dann insgesamt das Dreifache.

In diesen 20 Milliarden sind die Zuschüsse zu kirchlichen Sozialeinrichtungen übrigens noch nicht einmal enthalten, denn dies sind ja keine innerkirchliche, sondern öffentliche Anliegen. Dafür sind Zuschüsse auch völlig legitim, nur ist zu fragen, warum die Kirche dort praktisch alles bestimmen darf, während ihr Eigenbeitrag doch recht bescheiden ist: Bei Sozialstationen beträgt er immerhin noch zwölf Prozent der Kosten, bei den laufenden Ausgaben für Kindergärten in Bayern etwa acht Prozent, aber kirchliche Krankenhäuser und Altenheime finanzieren sich völlig ohne Kirchensteuern, wie die Bistümer und Landeskirchen auf Anfrage einhellig zugegeben haben.

Nun werden Sie vielleicht fragen: „Wofür verwenden die Kirchen denn dann die Kirchensteuern? In der Tat: Für öffentliche soziale Leistungen jedenfalls zu weniger als zehn Prozent. Selbst wenn man die innerkirchliche Mitgliederbetreuung, z.B. durch Jugendgruppen oder Seniorennachmittage dazurechnet, sind es immer noch deutlich weniger als 15 Prozent. Zwei Drittel werden hingegen für die Bezahlung von Pfarrern, pastoralen Mitarbeitern und sonstigem Kirchenpersonal verwendet (ohne Caritas oder Diakonie, wohlgemerkt, denn das sind eigenständige Vereine). Die deutschen Pfarrer sind übrigens die bestbezahlten der Welt.

Eigentlich bräuchten die Kirchen gar keine Kirchensteuer, denn hierzulande sind sie so reich wie nirgendwo sonst auf der Welt, und anderswo kommen sie ja auch ohne sie aus. Das Gesamtvermögen der beiden großen Kirchen in Deutschland wurde von dem Kirchenfinanzexperten Dr. Carsten Frerk jahrelang genau recherchiert. Er kam für das Jahr 2000 auf genau 662 Milliarden Euro – ohne die Kunstschätze einzurechnen, weil deren Wert nicht taxierbar ist. Man darf aber davon ausgehen, dass unter Einrechnung dieser Werte das Gesamtvermögen bei einer Billion Euro liegt (also einer Million Millionen, man muss sich das mal vorstellen!)

Nun sind längst nicht all diese Schätze verkäuflich, obwohl das gerade bei Kunstgegenständen ja auch schon praktiziert worden ist – gerade auch von der Diözese Regensburg. Und auch nicht alles bringt Rendite. Dennoch ging der Spiegel schon vor Jahren davon aus, dass die Gesamteinnahmen aus Zinsen und Dividenden, Mieten und Pachten bei drei Milliarden Euro liegen. Das kann man allerdings in keiner Kirchenbilanz nachlesen, denn das verschwindet bis auf einen kleinen Rest als Rücklage in versteckten Stiftungen, Pfründen oder Geheimfonds. Vor einigen Jahren äußerte eine Erzdiözese mal leichtsinnigerweise, eigentlich brauche man die Kirchensteuer gar nicht, denn die Kirche könne sich auch ohne sie finanzieren. Inzwischen ist man da cleverer und stimmt bei geringfügig rückläufigem Kirchensteueraufkommen das Klagelied von der eigenen Not an. Taktisch ist das geschickt, aber selten haben die Kirchen derart schamlos gelogen wie hier. Denn lügen kann man auch, indem man einen Teil der Wahrheit verschweigt.

Nun stellt sich für Sie die Frage: Was kann ich dagegen tun? Wenn Sie bereits ausgetreten sind, dann bietet sich an, dass sie mit Ihrer Unterschrift die organisierten Konfessionsfreien unterstützen, und zwar durch eine sogenannte beitragsfreie Betreuungsmitgliedschaft. Das kostet Sie nichts, gibt Ihnen aber das Recht auf kostenlose Rechtsberatung und unter Umständen auch Rechtsschutz, wenn Sie aufgrund ihrer Nichtmitgliedschaft in einer Kirche diskriminiert werden sollten. Andererseits stärkt dies den Bund für Geistesfreiheit politisch, denn der bfg will zwar die Interessen aller 2,5 Millionen Konfessionsfreien in Bayern zu vertreten – wer tut es auch sonst – , aber die Gegenseite fragt dann natürlich nach der formalen Legitimation. Und da haben wir halt nur 5000 zahlende oder beitragsfreie Mitglieder. Wenn es da heute einige Dutzend mehr werden, ist das ja schon ein Schritt nach vorn.

Wenn Sie aber noch formales Mitglied einer Kirche sind, sollten Sie sich selbst fragen, ob Sie heute als religionsmündiger Mensch aus Überzeugung in die Kirche eintreten würden, wenn Sie nicht schon drin wären. Falls Sie diese Frage mit „Ja“ beantworten, dann bleiben Sie drin, da sind sie dann richtig aufgehoben. Im anderen Fall aber sollten Sie endlich Konsequenzen ziehen und austreten. Auch wer keine Kirchensteuer bezahlt, unterliegt der Kirchgeld-Pflicht und muss künftig wesentlich mehr berappen als derzeit. Kirchensteuerzahler trifft es jedoch noch wesentlich härter, ohne dass sie dies gleich merken. Denn die Kirchensteuer wird ja so unauffällig vom Gehalt abgezogen. Tatsächlich liegt der statistische Durchschnittsbetrag nur bei monatlich 50 Euro. In einem ganzen Erwerbsleben kommen einschließlich des Zins- und Zinseszinseffekts aber zwischen 100.000 und 150.000 Euro zusammen (je nach künftigem Zinssatz). Wenn Sie das nicht den ohnehin äußerst wohlhabenden Kirchen zukommen lassen, können Sie das sinnvoll für die private Altersvorsorge einsetzen. Dann bekommen Sie nach derzeitigen Stand sogar noch einiges vom Staat dazu, denn damals hatte Riester mit seinem Rentenmodell noch eine bessere Idee als jetzt mit dem Vorschlag, auf einen Teil des Urlaubs zugunsten der Altersvorsorge zu verzichten. Dabei hat er in einem ja Recht: Die Lage der gesetzlichen Rentenversicherung wird sich dramatisch verschlechtern, denn 1992 kamen noch vier Erwerbstätige auf einen Rentner, 1999 waren es noch drei und derzeit sind es noch zweieinhalb. Schon etwa 2011 werden es nur noch zwei Beitragszahler sein, die die gesetzliche Rente eines älteren Mitmenschen finanzieren und etwa um 2020 wird das Verhältnis eins zu eins sein. Dann wird die gesetzliche Rente in der Tat nur noch einen kleinen Teil des im Alter zur Verfügung stehenden Geldes ausmachen. Soweit hat Riester Recht. Aber zur Finanzierung des privaten Beitrags sollte man nicht seinen Urlaub hernehmen, sondern die Kirchensteuer. Für jedes Kirchenmitglied unter 50 stellt sich heute schon die Frage: Wollen Sie mit diesen ihren Kirchensteuern lieber den Reichtum der reichsten Institutionen in Deutschland noch weiter mehren oder lieber etwas für Ihre persönliche Alterssicherung tun?

Das ist die für Sie entscheidende Grundfrage, die weit über diesen Anlass des Papstbesuchs hinausgeht. Bedenken Sie dabei, dass der sogenannte Kirchenaustritt, den in Bayern jedes Jahr 40.000 bis 50.000 Menschen erklären, in Wirklichkeit ja nur ein Austritt aus der Kirchensteuerpflicht ist, denn maßgeblich für den Kircheneintritt ist ja die Taufe – und die ist hier ja gar nicht berührt. Genau so hat sich übrigens kürzlich sinngemäß auch der Vatikan geäußert, der nicht den Eindruck erwecken will, als sei das Kirchensteuerzahlen das Eintrittsbillet in das Himmelreich. Wenn dem so wäre, dann wäre die Kirchensteuer tatsächlich eine moderne Form des Ablasses. Und davon sollten Sie sich schnellstmöglich befreien, am besten gleich morgen mit Personalausweis beim Standesamt!