BERLIN. (hpd) Der UN-Menschenrechtsrat hat eine Resolution verabschiedet, die die schweren Menschenrechtsverletzungen in Nordkorea aufs Schärfste verurteilt. Zum ersten Mal überhaupt wurde die Situation in einem informellen Treffen des Weltsicherheitsrats diskutiert, der sich sonst mit dem Raketen- und Nuklearprogramm des Landes befasst. Es wird diskutiert, welche Schritte nun folgen sollen, um die Täter zur Verantwortung zu ziehen.
UN-Menschenrechtsrat: Resolution verabschiedet
Ende März wurde eine Resolution von 30 Mitgliedern des Menschenrechtsrats angenommen, die die weit verbreiteten und schweren Menschenrechtsverletzungen in Nordkorea aufs Schärfste verurteilt. Bei elf Enthaltungen (Algerien, Kongo, Äthiopien, Gabun, Indien, Indonesien, Kenia, Kuwait, Namibia, Saudi-Arabien, Südafrika) und sechs Gegenstimmen (China, Kuba, Pakistan, Russland, Venezuela, Vietnam) wurde entschieden, das Mandat des Sonderberichterstatters für die Menschenrechtslage in Nordkorea, Marzuki Darusman, um ein Jahr zu verlängern.
Alle relevanten Organe der UN und der Generalsekretär sollen die Berichte des Sonderberichterstatters erhalten. Die detaillierten Ergebnisse des Abschlussberichts der Kommission zur Untersuchung der Menschenrechtslage in Nordkorea gaben Anlass zu schwerer Besorgnis: Die Informationen in dem Bericht seien hinreichend für die Annahme, dass über Jahrzehnte hinweg Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Nordkorea verübt worden seien, und zwar entsprechend der Politik des Regimes. Alle Staaten werden dazu gedrängt, den Grundsatz der Nichtzurückweisung zu achten und Flüchtlinge human zu behandeln. Die beteiligten Parteien und Strukturen innerhalb der Vereinten Nationen werden dazu aufgefordert, die Empfehlungen des Berichts umzusetzen und sich mit der “schrecklichen Menschenrechtssituation” in Nordkorea zu befassen.
In dem Untersuchungsbericht wurde unter anderem die Empfehlung ausgesprochen, dessen Ergebnisse im Weltsicherheitsrat zu diskutieren. In einem informellen Treffen mit dem Gremium plädierte der Leiter der Kommission, Michael Kirby, erneut dafür, die schweren Menschenrechtsverletzungen Nordkoreas vor den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zu bringen und gezielte Sanktionen gegen die Führung des Landes zu beschließen. “Weitere Überwachungen und Dialoge können angesichts dieser schockierenden Verbrechen nicht ausreichen”, sagte Kirby. “Die Täter müssen zur Verantwortung gezogen werden, um zukünftige Verbrechen zu verhindern.”
Neun der dreizehn Teilnehmer unterstützten den Bericht, allerdings blieben China und Russland – Vetomächte im Sicherheitsrat – der Sitzung fern. Da insbesondere China – dessen Umgang mit nordkoreanischen Flüchtlingen im Bericht und in der darauf folgenden Resolution scharf angegriffen wird – schon öffentlich angekündigt hat, bei einer Entscheidung im Weltsicherheitsrat sein Veto einzulegen, wird bereits über andere Wege nachgedacht, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Es könnte ein Sondertribunal geschaffen werden, dessen Einrichtung nur die einfache Mehrheit in der Vollversammlung der Vereinten Nationen verlangt.
Führer-Frisur für ganz Nordkorea?
Im letzten Monat verbreitete sich ein Gerücht aus Nordkorea in Windeseile in der gesamten Welt. Unter der Überschrift “Diktator verordnet Haarschnitt-Zwang” berichtete zum Beispiel der Focus, alle nordkoreanischen Männer müssten jetzt die Frisur ihres Führers tragen und zitierte dabei “mehrere” US-Medien. Die ursprüngliche Quelle war ein Artikel von Radio Free Asia, der zunächst auf Koreanisch und später auf Englisch veröffentlicht wurde.
In dem Artikel heißt es, dass es eine “Empfehlung” der regierenden Partei der Arbeit gebe, dass College-Studenten die Frisur ihres Führers tragen sollten. Von vielen Universitäten wurde diese jedoch als Direktive aufgefasst. Viele der Betroffenen seien jedoch nicht sehr glücklich mit der neuen Richtlinie und wahrscheinlich werde daher mit dieser Empfehlung eher flexibel umgegangen.
Quellen aus Nordkorea berichten, dass es tatsächlich einen Zuwachs an Kim-Frisuren unter Studenten zu beobachten gibt, es aber keineswegs so sei, dass dieser Stil flächendeckend zu sehen ist. Ein Beobachter empfiehlt, einen Trend nicht mit einem Dekret zu verwechseln. Bei Berichten aus Nordkorea steht man immer vor der Frage, ob diese glaubwürdig sind oder nicht. Radio Free Asia zitiert in der Regel verlässliche Quellen und es wird deutlich, dass der Originalartikel weitaus vorsichtiger formuliert ist als die Geschichte, die ihren Weg in alle Zeitungen gefunden hat.
Verbrieft ist hingegen eine Anekdote aus London, die vor wenigen Tagen Schlagzeilen machte: Ein Friseurgeschäft machte aufgrund der Frisurengeschichte aus Nordkorea Werbung mit einem Poster, auf dem mit einem Bild von Kim Jong Un und der Frage “Bad hair day?” auf eine Rabattaktion hingewiesen wurde. Daraufhin bekam der Betreiber Besuch von zwei Herren asiatischer Herkunft, die ihn zurechtwiesen, dass man einen Staatschef mit so einem Bild nicht beleidigen dürfe. Der Betreiber habe ihnen entgegnet, dass man hier in England und nicht in Nordkorea sei. Beide Parteien hätten im Folgenden die Polizei verständigt. Das Poster hängt wohl inzwischen nicht mehr aus, dafür bekam das britische Außenministerium ein Protestschreiben der nordkoreanischen Botschaft zugestellt. Möglicherweise werde die Angelegenheit zurück an die Polizei übergeben.
Das Bildnis der Führer ist in Nordkorea sakrosankt. In den Staatsmedien erscheinen immer wieder heroische Geschichten von Menschen, die ihr Leben riskieren, um Portraits der Führer zum Bespiel vor einer Flut zu retten. Während eines Besuchs in Südkorea sollen nordkoreanische Cheerleaderinnen, die ein Bild ihres Führers beim Vorbeifahren im Regen hängen sahen, verlangt haben, dass ihr Konvoi stoppt. Sie stiegen aus, um das Bild zu “retten”. Das scheint dem offiziellen Verhaltenskodex zu entsprechen, schreibt Andrei Lankov. Es könnte das Verhalten der mutmaßlichen Mitarbeiter der nordkoreanischen Botschaft in London erklären, die es als ihre Pflicht begreifen, sich gegen die ihrer Meinung nach unehrenhafte Darstellung ihres Führers zu wehren.
Nach Ausbruch der Maul- und Klauenseuche auch Fälle von Vogelgrippe gemeldet
Schon im Februar berichtete die staatliche nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA von einem Ausbruch der Maul- und Klauenseuche in einer Schweinefarm in Pjöngjang, in dessen Folge 360 Schweine gestorben waren und weitere 2.900 geschlachtet werden mussten. Die Krankheit habe sich aufgrund von Mangel an Impfstoffen, diagnostischen Mitteln und Desinfektionsmitteln auf siebzehn Betriebe ausgebreitet und richte erheblichen wirtschaftlichen Schaden an.
Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (Food and Agriculture Organization, FOA) der Vereinten Nationen wurde um Hilfe gebeten, ein Unterstützungsangebot Südkoreas jedoch ignoriert. Nordkorea soll nun von der FOA personelle und finanzielle Hilfe in Höhe von 400.000 US-Dollar erhalten, damit die Seuche bekämpft werden kann.
Inzwischen berichtete KCNA Anfang April vom Ausbruch eines anderen Typs der Krankheit, der Rinder befällt, diesmal in der Kangwon-Provinz, die sich an der Grenze zu Südkorea befindet. Am selben Tag wurde eine Meldung veröffentlicht, dass Geflügel von der Vogelgrippe befallen sei, wiederum in einem Betrieb in Pjöngjang. Auch diese Krankheit soll sich auf andere Hühnerfarmen ausgebreitet haben. Zehntausende Hühner seien umgekommen oder wurden gekeult. Aus Weißrussland kommt die Nachricht, dass der Import von Geflügelprodukten aus der Region Pjöngjang ausgesetzt wurde, woraus geschlossen werden kann, dass Nordkorea Geflügel exportiert – erstaunlich für ein Land, das unter chronischem Nahrungsmittelmangel leidet.
Wird Kim Jong Uns Tante aus dem öffentlichen Gedächtnis entfernt?
Kim Kyong Hui, die leibliche Tante Kim Jong Uns und Witwe des im Dezember 2013 hingerichteten Jang Song Thaek, wurde – wie ihr verstorbener Mann zuvor – anscheinend aus einer Fernsehdokumentation herausgeschnitten. Während sie in der Sendung mit dem Titel “Immerwährende Ehre durch den heiligen Ort der ewigen Sonne erlangen” in einer Ausstrahlung kurz nach der Exekution Jangs noch zu sehen war, wie sie ihrem verstorbenen Bruder Kim Jong Il im Mausoleum die Ehre erwies, wurde diese Szene nun mit einer Aufnahme aus dem letzten Jahr ersetzt, in der sie nicht erscheint.
Ihr letzter öffentlicher Auftritt war im September 2013. Vermutlich ist sie schwer erkrankt oder bereits verstorben. Daily NK berichtet, dass es nicht unüblich sei, dass nach Säuberungen, die hochrangige Funktionäre betreffen, deren Spuren aus den Medien gelöscht werden. So sei es dem ehemaligen Direktor der Finanz- und Planungskommission ergangen, der wohl nach einer missglückten Währungsreform 2009 hingerichtet wurde, und auch Ri Yong Ho, dem ehemaligen Stabschef, der 2012 von seinen Posten entlassen und danach nie wieder gesichtet wurde.