Konservativ-klerikale Kumpanei

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Rudolf von Alt : Der Stephansdom vom Stock im Eisenplatz (1832)

WIEN. (hpd/irp) Die „Initiative Religion ist Privatsache“, die am Dienstag die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte hinsichtlich des Adoptionsrechts für gleichgeschlechtliche  Paare begrüßt hatte, sieht in der gestrigen Ankündigung der Bundesjustizministerin, nur eine Stiefkindadoption zuzulassen, eine Form des Amtsmissbrauch.

Als „überfällig und zugleich wegweisend“ hatte die „Initiative Religion ist Privatsache“ das am Dienstag bekannt gegebene Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) begrüßt. Dieses richtet sich gegen die in Österreich praktizierte Diskriminierung von gleichgeschlechtlichen Paaren im Bereich der Kinderadoption.

Für Initiativevorstand Heinz Oberhummer stellt das Urteil „eine schallende Ohrfeige“ für all jene dar, die versuchen, „an der Demokratie vorbei und unter Missachtung der Menschenrechte eine religiös motivierte Agenda aufrecht zu halten“. Oberhummer sieht nicht nur die offensichtlich pro-religiöse Gerichte Österreich in die Pflicht genommen sondern insbesondere den Gesetzgeber gefordert, aktiv zu werden: „jede Form der religiös motivierten Diskriminierung hat auf höchster Ebene vom Gesetzgeber beseitigt zu werden. Konservative Kreise – und allen voran die ÖVP – sollten endlich verinnerlichen, dass religiöse Wertvorstellungen im 21. Jahrhundert keinen Ausgangspunkt für die Gesetzgebung darstellen können. Die Blockade der gesetzlichen Gleichstellung sexuell verschieden orientierter Menschen müssen sie daher endlich aufgeben“.

Für Oberhummer stellt die zeitliche Nähe der jüngsten EGMR-Entscheidung zur Rücktrittserklärung des Papstes einen „glücklichen und hochsymbolischen Zufall“ dar. „Würdiger, als mit diesem Urteil, könnte man das konservative und über weite Strecken homophobe Pontifikat Josef Ratzingers nicht abschließen“, so Oberhummer.

ÖVP ist „Verlängerter Arm der Kirche“

Nachdem Bundesjustizministerin Beatrix Karls gestern jedoch ankündigte, lediglich die Stiefkindadoption entsprechend dem jüngsten EGMR-Urteil neu regeln zu wollen, wird das von der Initiative scharf kritisiert.

„Als verlängerter Arm der Kirche scheint die ÖVP, nach wie vor, alles unternehmen zu wollen, um die religiös motivierte Diskriminierung in Österreich so lange aufrecht zu halten wie nur möglich. Die ÖVP sollte aber das EGMR-Urteil als das verinnerlichen, was es ist: eine grundsätzliche Absage an jegliche Form der Benachteiligung“ argumentiert Initiativevorstand Heinz Oberhummer, der eine grundlegende Reform des Familien- und Eherechts in Österreich, frei von religiösen Vorgaben, fordert.

„Die Diskriminierung von Lesben und Schwulen kann im 21. Jahrhundert nur mit Argumenten verteidigt werden, die entweder religiöser oder nationalsozialistischer Provenienz sind; Sachargumente gibt es nämlich keine“ so Oberhummer, der die ÖVP auffordert, „als Regierungspartei endlich Verantwortung zu übernehmen und die nächste Niederlage Österreichs vor dem EGMR zu verhindern“.

Für Oberhummer ist die gleichgeschlechtliche Ehe „lediglich eine Frage der Zeit“ und „jeder bewusste Versuch, diese durch eine verfassungswidrige Anlassgesetzgebung zu verzögern, eine  Form des Amtsmissbrauchs“.

IRP