Keine Wiederholungsgefahr?

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Foto: Verwaltungsgericht Regensburg

REGENSBURG. (hpd) Da es angeblich keine „Wiederholungsgefahr“ gebe, wies das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg in seiner gestrigen Verhandlung die Unterlassungsklage des Philosophen Michael Schmidt-Salomon gegen den Regensburger Bischof Müller ab, der ihn in einer Predigt diffamiert hatte. Schmidt-Salomon wird gegen das Urteil in Berufung gehen.

Der Vorstandssprecher der Giordano Bruno Stiftung, Michael Schmidt-Salomon hatte den Bischof verklagt, da dieser im Mai des vergangenen Jahres die unwahre, diffamierende Tatsachenbehauptung aufgestellt hatte, der Philosoph würde in seinen Schriften Kindstötung legitimieren, da dies u.a. bei Berggorillas ein „natürliches“ Verhalten sei. Bereits zu Beginn der Verhandlung, erklärte der Präsident des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg, Dr. Korber, dass die letztlich entscheidende Frage des Rechtsstreits sei, ob eine Wiederholungsgefahr bestehe oder nicht. Indirekt bestätigte das Gericht damit, dass Müller in seiner Predigt tatsächlich unwahre und ehrverletzende Behauptungen aufgestellt habe. Dies alleine jedoch reiche vor dem Verwaltungsgericht nicht aus, erklärten die Richter. Es müsse darüber hinaus Wiederholungsgefahr bestehen, um eine Unterlassungserklärung erzwingen zu können.

Eine solche Wiederholungsgefahr sah das Gericht jedoch nicht als gegeben an. Der originale Predigttext, der in der ersten Fassung die unrichtige, ehrenrührige Tatsachenbehauptung enthielt, sei schließlich schon vor der Klageerhebung durch eine zweite Fassung ersetzt worden, die diese Falschaussage nicht mehr enthalte. Auch sei diese Behauptung seit ca. einem Jahr nicht wiederholt worden.

In einer Predigt werden keine Tatsachen erzählt

Der Vergleichsvorschlag von Richter Dr. Pfister, dass der Beklagte Bischof Müller eine Erklärung vor Gericht abgeben solle, dass er diese Behauptung so nicht wiederholen werde, wurde von Müllers Rechtsanwalt Himmelsbach Müller abgelehnt. Er meinte, dass ein Bischof in einer Predigt ein besonderes Recht der Meinungsfreiheit habe und dass ohnehin kein Zuhörer von einer Predigt erwarte, dass in ihr über Tatsachen gesprochen werde. Eine Bemerkung, die im vollbesetzten Gerichtssaal für allgemeine Erheiterung sorgte.

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  Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht / Foto: regensburg-digital.de

Rechtsanwalt Weishaupt, der Michael Schmidt-Salomon vor Gericht vertrat, sah eine Wiederholungsgefahr bei Bischof Müller schon allein dadurch als gegeben an, dass dieser die Unterlassungserklärung nicht unterschreiben, ja nicht einmal eine formlose Erklärung vor Gericht abgeben wolle. In zivilrechtlichen Verfahren reiche dies völlig aus, um eine Wiederholungsgefahr zu belegen. Es sei nicht hinnehmbar, dass Bischof Müller, nur weil er ein Vertreter einer Körperschaft des öffentlichen Rechts sei, nicht nach ähnlichen Maßstäben beurteilt werde wie jeder andere Bürger der Gesellschaft.

Die Arroganz der Macht

Michael Schmidt-Salomon führte in seiner Stellungnahme diesen Aspekt der „Ungleichheit vor dem Gesetz“ weiter aus. Er erklärte, dass die Tatsache, dass der Bischof als Vertreter einer Körperschaft des öffentlichen Rechts eine juristische Sonderbehandlung erfahre, zu einer „Arroganz der Macht“ führe, die Bischof Müller dazu verleite, die grundlegenden Spielregeln einer fairen Streitkultur zu missachten. Dies müsse unbedingt korrigiert werden. Das beifällige Klatschen der Zuschauer wollte Müllers Rechtsanwalt unterbinden lassen, doch der Präsident des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg Dr. Korber sah großzügig über die spontane Sympathiebekundung des Publikums hinweg.

Nach rund fünfzehn Minuten Beratung der fünf Richter verkündete der Präsident des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg Dr. Korber, dass die Klage abgewiesen werde, da keine Wiederholungsgefahr bestehe. Eine Berufung ist zulässig. Die schriftliche Urteilsbegründung wird in zwei bis drei Wochen erwartet.

Michael Schmidt-Salomon erklärte noch im Gerichtssaal gegenüber den anwesenden Reportern, dass er selbstverständlich in Berufung gehen werde. Die Frage, ob ein Bischof tatsächlich ein besonderes Recht besitze, andere ungestraft zu diffamieren, müsse dringend juristisch geklärt werden. Er habe da einen langen Atem. Im Notfall würde er sogar auf europäischer Ebene prozessieren, wenn dies denn wirklich sein müsse.

Erwin Schmid/Stefanie Meier