Aufwärmübung

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Foto © Mario Habenbacher

WIEN. (hpd) Die Uni-Proteste in Österreicher steuern einem neuen Höhepunkt entgegen. Am Donnerstag ist ein landesweiter Aktionstag für Bildung geplant. Er ist Teil des „Global Warm Up Day“ für eine Aktionswoche Mitte November. Erstmals sollen sich hier Schülerinnen und Schüler in größerem Maßstab beteiligen. Und die Bewegung scheint immer breitere öffentliche Unterstützung zu bekommen.


Wenn die Kommentare in Printmedien Gradmesser für die öffentliche Meinung sind, haben es die Studierenden in Österreich geschafft. Fast alle österreichischen Blätter berichten positiv über die Bewegung, die seit knapp zwei Wochen das Wiener Audi Max, Österreichs größten Hörsaal an einer Uni, besetzt hält und mittlerweile Hörsäle an sieben Unis blockiert. Das „profil“, Österreichs bedeutendstes Wochenmagazin, berichtet großteils mit einer zurückhaltenden Freundlichkeit. Die U-Bahn- und Öffizeitung „heute“ kampagnisiert seit mehreren Tagen für die Bewegung. Nach Auskunft der Studierenden wird das Gratisblatt täglich im besetzten Audi Max verteilt. Einzig die „Kronenzeitung“, Österreichs größte Tageszeitung, zeigt sich kritisch und berichtet etwas empört über „deutsche Berufsdemonstranten“, die die Studierenden unterstützen würden und hat ein Bild eines jungen Mannes mit Maske gezeigt, der eine Wand besprayt. Die Wand stellt sich als Holzwand heraus, die Maske als Schutz vor den Spraydämpfen. Zu einer Kampagne konnte sich das Blatt, das für seine politischen Stellungnahmen berüchtigt ist, bisher nicht durchringen.

Gewerkschaften solidarisieren sich geschlossen

Wie groß die öffentliche Sympathie sein dürfte, zeigt, dass etwas passiert, das als bisher unvorstellbar gegolten hat. Der Österreichische Gewerkschaftsbund hat sich - gegen die Stimmen der Christgewerkschafter - in einer Resolution mit den Studierenden solidarisiert, ebenso einige Länderarbeiterkammern. Österreichische Gewerkschaften gelten als traditionell zurückhaltend mit Solidaritätsbekundungen, zumal, wenn die betreffenden Gruppierungen keine Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer oder Arbeitslose sind. Linke Parteien signalisieren vom Bundeskanzler (Werner Faymann, SPÖ, Anm.) abwärts zumindest Verständnis für die Proteste, die Grünen haben sich offen solidarisiert, die in Österreich traditionell eher bedeutungslose KPÖ sowieso. Auch der Wiener Gemeinderat und der burgenländische Landtag, haben auf gemeinsame Anträge der SPÖ und der Grünen hin, den Protestierenden ihre Solidarität ausgesprochen und plädieren für mehr Geld für Österreichs Universitäten und bessere Studienbedingungen sowie gegen Studiengebühren.

Diese Welle der Unterstützung hat bislang die Müdigkeit, die sich nach beinahe zwei Wochen Dauerprotest unverkennbar eingestellt hat, mehr als ausgeglichen. Ein zusätzlicher Faktor war das missglückte Krisenmanagement von Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP). Der machte erst Ende vergangener Woche 34 Millionen Euro für die Universitäten locker. Das Geld stammt aus einem Notfallfonds des Ministeriums. Da gab es schon Besetzungen an sieben österreichischen Universitäten. Dass Hahn bald als EU-Kommissar die innenpolitische Bühne verlässt, nahm den Studierenden nicht den Wind aus den Segeln. Man hatte bei Kundgebungen eher den Eindruck als sei das ein zusätzlicher Ansporn zum Protest.

Aufwärmübung

Dazu kommt die internationale Komponente. Wie viele Unis und Studierenden-Gruppen den Besetzenden im Audi Max ihre Solidarität bekundet haben, kann niemand mehr zählen. Die österreichische Bewegung dürfte am Donnerstag auch im Fokus der Aufmerksamkeit für den weltweiten „Warm Up Day“ am Donnerstag liegen, einer internationalen Bewegung gegen Kommerzialisierung von Bildung. Eine Aufwärmübung für die „Global Action Week“ in zwei Wochen sozusagen. In Österreich dürfte es der bisherige Höhepunkt der Bewegung werden, mit dem Hauptschwerpunkt Wien. Diesmal werden sich, so heißt es, erstmals Schülerinnen und Schüler in größerem Maßstab beteiligen. Auch eine Gruppe „ArbeitnehmerInnen unterstützen Uni-Proteste“ hat zur Teilnahme an Aktionen in Wien und Linz aufgerufen.

In der Bundeshauptstadt wird der Gürtel, die Hauptverkehrsader der Stadt blockiert. Die Audi Max-Besetzenden hoffen, dass die Demo größer wird als die vergangene Woche. Damals waren um die 40.000 Menschen in Wien für die Anliegen der Studierenden auf die Straße gegangen. In Graz, Linz, Salzburg, Innsbruck und Klagenfurt, den anderen Städten mit Studierendenprotesten, waren es jeweils einige hundert gewesen.

Am Donnerstag wird es auch nicht nur um die Unis gehen. Die Organistorinnen und Organisatoren haben angekündigt, für eine freie Bildung vom Kindergarten bis zur Uni auf die Straße zu gehen und die österreichischen Kindergärtnerinnen zu unterstützen, die ebenfalls bessere Arbeitsbedingungen fordern.

Christoph Baumgarten