Der Krieg schreitet fort, die Aussagen bleiben, zum Beispiel in einem Brief des Erzbischofs Bertram (Breslau) an Bischof Wienken (Berlin), 15.9.1940 (Vorbereitung für eine Besprechung im Reichspropagandaministerium):
"Die Kirche gibt der staatlichen Autorität in Gott und Gewissen die nachhaltigste Verankerung, lehrt und pflegt mit innerlichen Beweggründen und übernatürlichen Kraftquellen die bürgerlichen und speziell auch die soldatischen Tugenden, wie Gottvertrauen, Mut, Tapferkeit, Vaterlandsliebe, Opferbereitschaft für den Nächsten, die Volksgemeinschaft, den Staat, Genügsamkeit, Zufriedenheit zum standhaften Durchhalten und Einsatz auch in schwierigster Lage; sie bejaht den gerechten Krieg, insbesondere zur Sicherung von Staat und Volk, betet um einen siegreichen Ausgang dieses jetzt brennenden Krieges in einem für Deutschland und Europa segensreichen Frieden, eifert die Gläubigen zu den vorgenannten Tugenden in Predigt und Christenlehre an.
3. Das tuen alle maßgeblichen kirchlichen Stellen in Deutschland zur Zeit mit größter Bereitwilligkeit, unverdrossen trotz der Herabsetzungen von Christentum und Kirche in der deut-schen Öffentlichkeit vor dem Kriege. Etwa hier und da vereinzelt vorkommende Ausnahmefälle können die positiv Staats- und volkstreue Lehre der Kirche und Haltung und Wirksamkeit der ganz überwiegenden Mehrheit kirchlicher Stellen tatsächlich nicht beeinträchtigen. Allgemeine Klagen und Einzelfälle der in Rede stehenden Art sind hier bis jetzt nicht bekannt geworden. Solche Fälle werden von den maßgebenden kirchlichen Stellen entschieden mißbilligt und tief bedauert. Um dagegen einschreiten zu können und gegen ihre Wiederholung wirksame Maßnahmen ergreifen zu können, müssen aber solche Fälle den zuständigen kirchlichen Stellen mit genügendem Material rechtzeitig zur Kenntnis gebracht werden."
Quelle: Ludwig Volk (Bearb.): Akten deutscher Bischöfe über die Lage der Kirche 1933-1945, Bd. V., Nr. 670, S. 186f.
Ein knappes Jahr später klingt es immer noch so, wenn die Bischöfe einen gemeinsamen Hirtenbrief verfassen (26.6.1941):
"Geliebte Diözesanen! In schwerster Zeit des Vaterlandes, das auf weiten Fronten einen Krieg von nie gekanntem Ausmaße zu führen hat, mahnen wir euch zu treuer Pflichterfüllung, tapferem Ausharren, opferwilligem Arbeiten und Kämpfen im Dienste unseres Volkes. Wir senden einen Gruß dankbarer Liebe und innige Segenswünsche unseren Soldaten, eueren Männern, Söhnen und Brüdern im Felde, die in heldenmütiger Tapferkeit unvergleichliche Leistungen vollführen und schwere Strapazen ertragen.
Von euch allen fordert der Krieg Anstrengungen und Opfer. Bei der Erfüllung der schweren Pflichten dieser Zeit, bei den harten Heimsuchungen, die im Gefolge des Krieges über euch kommen, möge die trostvolle Gewißheit euch stärken, daß ihr damit nicht bloß dem Vaterlande dient, sondern zugleich dem heiligen Willen Gottes folgt, der alles Geschehen, auch das Schicksal der Völker und der einzelnen Menschen in seiner weisen Vorsehung lenkt. Auf ihn, den ewigen allmächtigen Gott, setzen wir unser Vertrauen, von ihm erflehen wir Gottes Schutz und Segen für Volk und Vaterland."
Quelle: Wilhelm Corsten (Hg.): Kölner Aktenstücke zur Lage der Katholischen Kirche in Deutschland 1933-1945, Köln 1949
Der (bevorstehende) Vernichtungskrieg in der Sowjetunion als "heiliger Wille Gottes", da müssen wir zum Ausgleich gleich mal wieder einen Widerstandskämpfer zu Wort kommen lassen, nämlich Kardinal Faulhaber (Kanzelerklärung über die Abnahme der Kirchenglocken, 10.12.1941):
"Euer Erzbischof weiß, daß dem christlichen Volk das Scheiden von seinen geweihten Glocken sehr schwer fällt. (...) Für das teuere Vaterland aber wollen wir auch dieses Opfer bringen, wenn es nun notwendig ge-worden ist zu einem glücklichen Ausgang des Krieges und zur Überwindung des Bolschewismus. Schrecklich ist das Bild des Bolschewismus,wie es unsere Soldaten kennen lernen. Gewaltig und furchtbar ist das Ringen gegen diesen Weltfeind und tiefsten Dank zollen wir unseren todesmutigen Soldaten für alles, was sie in die-sem Kampf Großes leisten und Schweres dulden."
Quelle: Ludwig Volk ( Bearb.), Akten Kardinal Michael von Faulhabers 1917-1945, Bd. II, Mainz 1978
Erst 1943, sprich: nach Stalingrad, als jedem, der 1+1 zusammenzählen konnte, klar war, dass das nix mehr wird mit dem Endsieg, schlagen die Bischöfe andere Töne an und sprechen von den "unmenschlichen Formen, in die der Krieg ausgeartet ist". In den unteren Rängen hingegen wird weiter für Krieg und Obrigkeit getrommelt; so meint etwa der Feldbischof Rarkowski noch in seinem Hirtenschreiben zur Fastenzeit 1944:
"Gibt es für uns Menschen von heute eine bessere Schule für den treuen Dienst Gott gegenüber als die gegenwärtige Kriegszeit? Und nirgendwo sind in dieser Kriegszeit die Tore der Schule Gottes weiter aufgetan als draußen an den Kampffronten dieses gigantischen Ringens, wo täglich der deutsche Soldat kämpft und streitet, blutet und stirbt. Es gibt gewiß für die deutsche Heimat keine Möglichkeit, sich das Ausmaß dieses schweren Opferganges seiner Söhne vorzustellen. Was in diesen Tagen im Osten des Reiches und an allen anderen Fronten, auf dem Meere und in der Luft von euch geleistet wird, läßt sich nicht mit Worten schildern. Aber wer von euch hätte es noch nicht gespürt, daß dort, wo die Feuerzone des Krieges sich ausbreitet, der ewige Gott lauter, deutlicher und eindringlicher redet und zur Treue in seinem Dienste auffordert als anderswo?"
Quelle: Verordnungsblatt des katholischen Feldbischofs der Wehrmacht, 1.4.1944
Zum Abschluss dieser Zusammenstellung, erneut ein Wort des Feldbischofs:
"Wir haben als Deutsche wieder zurückgefunden zu der Erkenntnis der Bedeutung von Blut und Boden und damit zu Grundgegebenheiten des irdischen Daseins, die von dem Schöpfer aller Dinge so und nicht anders gewollt sind. Gott hat uns deutsche Menschen unserer Zeit nicht in einen luftleeren Raum hineingestellt, sondern in diese konkrete völkische und geschichtliche Umgebung. Das ist der Bereich, in dem jeder Einzelne von uns sich mit seinen Begabungen und Aufgaben entfalten muß, das Stadion, wo wir die Laufbahn unserer Lebensaufgabe zu meistern haben. Gottes Schöpferplan muß im Rahmen der Volkszugehörigkeit verwirklicht werden.
Die Soldaten des Krieges haben eine überragende Aufgabe für die Gemeinschaft des Volkes, sie haben dieses höchste irdische Gut zu schützen und zu schirmen, alle Gefahren von ihm abzuwenden, ihm Raum und Möglichkeit zur freien Entfaltung zu sichern. (...) Wenn in der deutschen Soldatenseele Vaterlandsliebe, Soldatentum und Religion zum Dreiklang werden, wenn sich mit der fanatischen Bereitschaft für das eigene Volk die unerbittliche und kraftvolle militärische Schulung sowie das ruhige Vertrauen auf Gott verbinden, dann wird in entscheidenden Stunden Verantwortungsbewußtsein und Ausharren bis zum letzten vorhanden sein; wo aber dieser Dreiklang fehlt, wo dieser Glaube zerstört ist, da ist Entwurzelung, da wird der Mensch, sobald er ganz auf sich gestellt ist, im Schwersten und Bittersten versagen."
Quelle: Glaube und Kampf, Soldaten-Beilage für katholische Deutsche, 3.3.1940
Literaturhinweis: Publik-Forum Materialmappe: Dem Führer gehorsam. Wie die deutschen Katholiken von ihrer Kirche zum Kriegsdienst verpflichtet wurden. Dokumente. Hrsg. von Thomas Breuer (1989)
Derzeit ist sie in überarbeiteter Fassung unter dem Titel: Hans Prolingheuer / Thomas Breuer: Dem Führer gehorsam: Christen an die Front. Die Verstrickung der beiden Kirchen in den NS-Staat und den Zweiten Weltkrieg. Publik-Forum, 2005 als Buch zu erhalten.