Einstellung des Personals
Dieser Abschnitt beginnt mit einem Satz, den man genau lesen muss: „Aus Gründen des Selbstbestimmungsrechts der Religionsgemeinschaften aus Art. 137 Abs. 3 WRV in Verbindung mit Art. 140 GG muss den Kirchen ein Mitspracherecht bei der Auswahl des Lehrpersonals an theologischen Fakultäten zugestanden werden.“ (S. 19)
Wieso? Theologische Fakultäten sind staatlich organisiert und finanziert. Art. 137 Abs. 3 WRV lautet dagegen: „Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken der für alle geltenden Gesetze. Sie verleiht ihre Ämter ohne Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde.“
Wenn also das Lehrpersonal „Ämter der Kirche“ wären, dann muss sie dass auch ohne Mitwirkung des Staates organisieren und finanzieren. Das tut sie jedoch nicht, denn es sind Staatsbedienstete. Also ist der Bezug auf 137,3 WEV schlicht falsch vorgeschoben, da diese Mitwirkung so in den Konkordaten und Staat-Kirche-Verträgen formuliert wurde.
Daraus leitet insbesondere die katholische Kirche ab, dass ein Bewerber für die Stelle an einer katholischen Fakultät insbesondere die „authentische kirchliche Lehre“ vertreten und einen „vorbildlichen Lebenswandel“ führen muss.
Weiteres
Nach der Ist-Beschreibung der Judaistik und Jüdischer Studien (S. 31 ff), den Islamwissenschaftlichen Fächern und Islamischer Studien (S. 37 ff.) wird dann noch der unübersichtliche Zustand der Religionswissenschaft (S. 48 ff.) beschrieben.
Aus diesen Beschreibungen wird eigentlich deutlich, dass hier ein grundsätzlicher Neuordnungsbedarf besteht, durch die zumindest religiös oder weltanschauliche gebundene Forschung und Lehre (als engagierte Artikulation und Elaboration von Religionen und Weltanschauungen) klar von ungebundener Untersuchung und Debatte zu unterschieden wäre (als Studien über das Feld der Religionen und Weltanschauungen) – und die grundgesetzlich garantierte Freiheit von Forschung und Lehre für alle Arten von Forschung und Lehre durchzusetzen wäre bzw. eine entsprechende Autonomie der damit beauftragten Fakultäten und Hochschulen. Diese Herausforderung wird dann aber nur sehr punktuell und äußerst zögerlich angenommen.
B. Analyse und Empfehlungen
Vier Empfehlungen sind in diesem Rahmen besonders zu beachten.
1. Die kirchliche Mitwirkung bei Habilitationen und Berufung bei den christlichen Theologien birgt mittlerweile ein sich verschärfendes Konfliktpotential. Im verschärften Wettbewerb um weniger werdende qualifizierte Bewerber und Bewerberinnen sollte nur noch die wissenschaftliche Qualifikation eine Rolle spielen. Deshalb „richtet der Wissenschaftsrat die dringende Bitte an die Kirchen, sich (1) aus der Beteiligung an den Habilitationsverfahren zurückzuziehen und (2) die kirchliche Beteiligung in Berufungsverfahren verlässlicher und transparenter zu gestalten.“ (S. 65)
2. Die Verlagerung der in christlich-theologischen Fakultäten befindlichen judaistischen Professuren in die Kulturwissenschaftlichen bzw. Philosophischen Fakultäten, da die christliche Konfessionsbindung nicht mehr sachgerecht erscheint. (S. 71)
3. Die Entwicklung islamischer Studien in Deutschland soll rasch und konsequent vorangetrieben werden. Mittelfristig sollen sich zwei bis drei Standorte für theologisch orientierte islamische Studien mit unterschiedlichen Profilen entwickeln, damit die Pluralität islamischen Glaubens adäquat berücksichtigt wird. Die verfassungsrechtlich erforderliche Mitwirkung der islamischen Gemeinschaften solle durch Beiräte geschaffen werden.
4. Eine Bindung der Religionswissenschaften an das Staatskirchenrecht wird nicht mehr als angemessen betrachtet. Es sollen von der Theologie getrennte eigenständige religionswissenschaftliche Studiengänge geschaffen werden.