Während die Reise nach Lateinamerika noch ohne größere Ausrutscher ablief, wurde der Besuch des afrikanischen Kontinents schon im Flugzeug zur Bruchlandung. Das Problem war aus vulkanisiertem Kautschuk und obwohl es nicht sehr groß ist, wurde es für die mittelalterlichen Moralansichten der Kirche zum springenden Punkt. Im Angesicht rasanter Ausbreitung des HIV Virus im ärmsten Teil von „Gottes Schöpfung“ zog Benedikt über die Benutzung von Kondomen her und löste erneut eine heftige Welle der Entrüstung aus. So trampelte er, noch bevor er afrikanischen Boden betrat, in ein weiteres Fettnäppchen. Schlimmer ging es kaum, denn wo sich Dogmen gegen Vernunft und Menschlichkeit stellen, wird die Misere der Religion so deutlich wie nie zur Schau gestellt.
Auch im aktuellen Jahr der Hegemonie Roms über die Katholiken der Welt erschüttert ein Skandal die Kirche. Die Enthüllungen von Missbrauch sowie körperliche und seelische Gewalt, begangen von Geistlichen und Mitarbeitern der Kirche, erschüttert die „heilige Institution“.
Papst Benedikt XVI. hat die Pflicht, die Vorgänge aufzuklären und mitzuhelfen, die Täter zu bestrafen und die Opfer zu entschädigen.
In Deutschland ist die Welle durch den Rektor des Canisius Kollegs ins Rollen gekommen, der sich für Fälle in seiner Einrichtung entschuldigte.
Der einfache Arbeiter in Rom muss wohl recht lange in den Tiefen des Weinberges entschwunden gewesen sein, denn auch als immer mehr Fälle bekannt wurden, äußerte er sich nicht, von Mithilfe zur Aufklärung ganz zu schweigen.
Dass es etwas dauern kann, bis Rom sich eine Meinung bildet, ist man gewohnt. Die Kommission, die sich mit der Rehabilitierung von Galilei befasste, benötigte 13 Jahre! für ein Urteil, dass 1633 gefällt wurde.
Inzwischen hat sich der Papst jedoch zu den Missbrauchsfällen geäußert. Die Halbherzigkeit dieses Schrittes zeigt sich daran, dass zunächst nur die irischen Bischöfe zur Räson gebracht werden sollen. Doch angesichts des enormen Druckes und der nicht mehr auszuschließenden weltlichen Konsequenzen wie Prozessen und Schadensersatzforderungen hat er einen Tag vor dem 5. Jahrestag seiner Ernennung auf Malta zu den Vorfällen Stellung bezogen.
Die Art und Weise, wie er dies getan hat lässt freilich den Schluss zu, dass es doch noch eine Weile dauern kann, bis der "Stellvertreter Gottes" konkrete Maßnahmen veranlassen wird. Eine wichtige wäre, etwas an den Strukturen zu verändern, also mehr Transparenz zuzulassen. Doch das kann dauern, wie man weiß.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass das fünfjährige Dienstjubiläum des Josef Ratzingers im Amt des Pontifex Maximus kein Anlass zum Jubilieren ist.
Viele Katholiken sind auf großer Linie enttäuscht, die anderen Weltreligionen machen die übliche gute Miene zum bösen Spiel und die freien Geister sehen sich in dem bestätigt, dass es besser, friedlicher und ehrlicher ohne Religion zugehen kann. Das Pontifikat zeigt auch, dass die Rolle der Aufklärung heute eine andere ist als noch vor Jahrhunderten, aber wichtig wie eh und je ist.
Johann Wolfgang von Goethe hatte in gewisser Weise recht, als er sagte: „Es ist gar viel Dummes in den Satzungen der Kirche. Aber sie will herrschen, und da muß sie eine bornierte Masse haben, die sich duckt und die geneigt ist, sich beherrschen zu lassen. Die hohe, reich dotierte Geistlichkeit fürchtet nichts mehr als die Aufklärung der unteren Massen.“
Thomas Häntsch