Religiöse Rechte – Notizen April 2010

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US-flag / Foto: Andreas Church (morguefile)

USA. (hpd) Da in den USA langsam wieder der Wahlkampf beginnt, und die Christliche Rechte lauter wird, beobachtet der hpd das Geschehen mit Monatsrückblicken. Im April ging es vor allem auch in den USA wieder um den Missbrauchsskandal, Schwulenfeindschaft, Rassismus, göttliche Strafen und Wahlsieger.

Ebenso wie auch in Deutschland dominierte in den vergangenen Wochen vor allem der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche die US-Medien. Auch dort wies die katholische Kirche die Schuld weit von sich. Laut Bill Donohue, dem Vorsitzenden der Catholic League, handele es sich bei den Priestern, die sich an Kindern vergangen hatten, auch nicht um Pädophile, sondern um Schwule. Daraus, dass der größte Teil an Missbrauchsopfern männlich ist, schließt Donohue auf einen Zusammenhang zwischen Pädophilie und Homosexualität.

Auch Bryan Fischer von der American Family Association bediente sich ähnlicher Argumente. Der Richter am Obersten Gerichtshof der USA John Paul Stevens hatte erklärt, dass er im Laufe des Jahres sein Amt niederlegen werde. Daraufhin wurde die Möglichkeit diskutiert, dass erstmals ein Homosexueller den Posten am Supreme Court bekleiden könnte. Fischer und der Vorsitzende des Family Research Council, Tony Perkins, erklärten übereinstimmend, dass Homosexuelle nur 3% der US-Bevölkerung, aber ein Drittel aller Pädophilen stellten. Ein schwuler Bundesrichter ist für sie unvorstellbar.

Baptistenpastor Mike Huckabee, ehemaliger Gouverneur von Arkansas und gescheiterter US-Präsidentschaftskandidat, sprach sich in einem Interview gegen Adoptionsrechte für Schwule aus. Kinder seien keine „Welpen“. Wer nur mit dem Argument, dass es viele Schwule gäbe, für die Einführung der Homoehe streite, müsse sich fragen, ob man mit diesem Argument nicht auch Drogenkonsum, Inzest oder Polygamie ermöglichen müsste.

Peter LaBarbera von der Organisation Americans for Truth about Homosexuality kommentierte das Asylgesuch eines Brasilianers, der Diskriminierung durch Polizei und Skinheads erfahren hatte und in die USA geflüchtet war. Die Schilderung sei unglaubwürdig, weil Brasilien eines der homofreundlichsten Länder weltweit sei. Eher liefen brasilianische Christen, die vor Homosexualität warnen, Gefahr, verfolgt zu werden.

Der neue Gouverneur Virginias, Bob McDonnell, zog den Zorn der schwarzen Bevölkerung auf sich, als er den April zum Gedenkmonat für die Konföderierten Staaten erklärte. In seiner Ansprache verschwieg er die Geschichte der Sklaverei in den Südstaaten jedoch völlig. Später im Monat wurde er freundlich in der Regent University des Televangelisten Pat Robertson empfangen.
McDonnell hatte dort in den 80ern studiert. Sein politischer Mentor Pat Robertson verkündete, dass er „sehr stolz“ sei, dass McDonnell an seiner Universität studiert habe.

Am 6. April rief Bill Donohue dazu auf, gegen die religiöse Gewalt in Nigeria zu protestieren. Weitere Vertreter der Christlichen Rechten schlossen sich ihm an. Im Januar hatten nigerianische Moslems ca. 500 christliche Dorfbewohner ermordet. Dies wurde von der Christlichen Rechten kritisiert, die vorausgehende Gewalt von Christen gegen Moslems jedoch nicht erwähnt.

Bryan Fischer schwieg nicht zum Thema. Auf der AFA-Website forderte er einen Einreisestopp und die Ausweisung aller Muslime. In ihren Heimatländern würden sie sich wohler fühlen und keine Bedrohung für Amerikaner darstellen, da ihnen ihr Prophet das Ermorden aller Ungläubigen befohlen habe.

Bryan Fischer erklärte auch, wie man mit illegalen Einwanderern umzugehen habe. Sei auch nur ein Familienmitglied unrechtmäßig in den USA, solle man die gesamte Familie abschieben. Dies gebiete das Mitgefühl, da anderenfalls ganze Familien zerrissen würden. Außerdem würde man Lynchjustiz auf diesem Wege „überflüssig“ machen.

Ebenso wie das verheerende Erdbeben auf Haiti im Januar wurde auch der Vulkanausbruch auf Island als göttliche Strafe interpretiert. Der konservative Radiomoderator Rush Limbaugh sah in ihm die Antwort Gottes auf die Verabschiedung der US-Gesundheitsreform im Vormonat. Pastor John Hagee war der Ansicht, dass der Ausbruch des Eyjafjallajökull sich direkt gegen Großbritannien richtete. Tatsächlich sorge die Aschewolke im Inselstaat wegen seiner geographischen Lage für das größte Verkehrschaos. Die Entscheidung einer britischen Behörde, israelische Tourismuswerbespots nicht zu senden, da in ihnen die Klagemauer, die sich in besetztem Gebiet befindet, zog den Zorn Gottes nach sich.

Am 17. April trat der ehemalige Präsidentschaftskandidat Tom Tancredo bei einer Veranstaltung der Tea Party in South Carolina auf. Der Republikaner, der für seine harte Haltung in der Einwanderungsfrage bekannt geworden ist, schlug vor, Obama zurück nach Kenia zu schicken. Der ehemalige Abgeordnete Tancredo wird zur Christlichen Rechten gezählt und lehnt die Evolutionstheorie ab.

Am Ende des Monats wurde Franklin Graham, Sohn des berühmten Predigers Billy Graham, von einer Pentagonveranstaltung ausgeladen. Die Absage wurde mit Grahams Aussagen über den Islam als „boshafte Religion“ kurz nach dem 11. September begründet. Diese Entscheidung wurde von Vertretern der Christlichen Rechten, wie beispielsweise Tony Perkins vom Family Research Council, kritisiert. Bryan Fischer sah in dem Vorfall den Beweis dafür, dass das Militär von Schwulen und fundamentalistischen Moslems übernommen wurde: „Dies ist nicht mehr das Militär meines Vaters. Es ist nicht einmal mehr das Land meines Vaters.“

Bei den Wahlen im November strebt der Republikaner Charlie Crist, der derzeitige Gouverneur von Florida, einen Senatssitz in Washington an. Während seiner Amtszeit hatte er in Jerusalem dafür gebetet, dass Gott Florida vor Hurrikans beschützen möge. Auf einer Wahlkampfveranstaltung wurde Crist von einem Mann angesprochen, der ihn fragte, ob er wirklich an die schützende Kraft von Gebeten glaube. Es entspann sich eine hitzige Diskussion, die der Republikaner wütend mit den Worten „Sie tun mir leid“ abbrach, als er erfuhr, dass sein Gegenüber Atheist war.

Auf Hawaii stehen die Evangelikalen als Sieger der Gouverneurswahlen im November bereits fest. Sowohl der Kandidat der Republikaner als auch jener der Demokraten gehören der Christlichen Rechten an.

Bei den Wahlen im November wird Dan Coats sich um den Senatssitz in Indiana bewerben. Dieser wurde bisher vom Demokraten Evan Bayh bekleidet, der nach zwei Amtszeiten allerdings nicht mehr antritt. Coats war bereits in den 90ern Senator von Indiana und von 2001 bis 2005 amerikanischer Botschafter in Berlin. Im Wahlkampf wird er von James Dobson, dem Gründer und ehemaligen Vorsitzenden von Focus on the Family, unterstützt. Wir erinnern uns: Dobson hatte 2008 John McCain die Wahlkampfunterstützung versagt, weil dieser angeblich zu liberal war, und hatte sich erst durch die Nominierung Sarah Palins umstimmen lassen.
 

In eigener Sache:

Diesen Monat erschien auf der IBKA-Website mein neuester Artikel, der sich mit dem Antisemitismus der Christlichen Rechten befasst. Er erklärt, wie Christliche Zionisten wie Hagee Vulkane als natürliche Verbündete Israels ansehen und gleichzeitig jahrhundertealte Klischees über Juden aufrechterhalten.

Lukas Mihr
 

USA: Religiöse Rechte – Notizen Januar 2010 (2.2.2010)

USA: Religiöse Rechte – Notizen Februar 2010 (2.3.2010)

USA: Religiöse Rechte – Notizen März 2010 (1.4.2010)