Die AfD wirbt immer offensiver um Unterstützung in den USA. Hinter diesen Annäherungen steckt mehr als bloße Wahlkampftaktik: Die US-Rechte, zu der sich die AfD hingezogen fühlt, beruft sich selbst seit Jahren auf deutsche Rechtsintellektuelle wie Carl Schmitt und Oswald Spengler. So entsteht eine ideologische Rückkopplung, die die politische Brisanz der neuen US-Sicherheitsstrategie für Europa verschärft.
Wie der Spiegel jüngst berichtete wirbt die AfD verstärkt um Unterstützung in den USA. Als Beleg wird ein Video angeführt, das zeigt, wie mindestens ein AfD-Mitglied beim New York Young Republican Club (NYYRC) die erste Strophe des Deutschlandliedes singt, die in Deutschland zwar nicht verboten, aber zumindest verpönt ist. Zuvor hatte eine AfD-Delegation bereits Gespräche mit Beamten des US-Außenministeriums geführt. Man könnte die jüngsten Annäherungen der AfD an Akteure der US-Rechten als ein strategisches Manöver verstehen: mehr Reichweite, mehr internationale Unterstützung, mehr Legitimation.
Bei genauerem Hinsehen offenbart sich jedoch eine tiefere, beinahe ironische Verbindung. Denn die US-Rechte, die heute von Teilen der AfD bewundert wird, orientiert sich ihrerseits seit Jahren an deutschen Denkern und Ideologen. Die Bewegung, die nun als Vorbild dient, trägt längst deutsche Spuren in sich. Zum Beispiel in der Person von Carl Schmitt, Staatsrechtler der Weimarer Republik, auf dessen scharfe Kritik am Liberalismus sich Postliberale wie Adrian Vermeule beziehen. Dort bewundert man eine starke Exekutive, die liberale Individualrechte zugunsten eines höheren Gemeinwohls zurückdrängt, zum Beispiel in einem Buch von 2011 "The Executive Unbound: After the Madisonian Republic", das Vermeule mit Eric Posner veröffentlichte. Aber auch Oswald Spengler, kulturpessimistischer Autor des Untergangs des Abendlandes, der von Peter Thiel zitiert wird. Seine Kritik an Demokratie und Gleichheit, seine Forderung nach politisch starken Ordnungen und seine Sympathie für autoritätsbetonte Regierungsformen erzeugen eine ideologische Brücke, die auch über den Atlantik verbindet. Es ist deshalb kein Zufall, sondern vielmehr eine Rückkopplung: Die AfD findet in den USA genau jene Ideen wieder, die aus Deutschland einst ihren Weg dorthin gefunden haben.
Die deutlichste symbolische Manifestation dieser Verbindung kam jüngst von Elon Musk. Mit Lob für die AfD und dem Kommentar, nur diese Partei könne Deutschland "retten", bot der Tech-Milliardär der Partei eine globale Bühne. Sein Gespräch mit Alice Weidel auf X war ein klares Signal. Musk verstärkt jene Kräfte (nicht nur, aber auch) in Deutschland, die politische Konfrontation nach amerikanischem Vorbild ins Zentrum stellen: Polarisierung statt Diskurs, Mobilisierung statt Vermittlung. Diese Sichtbarkeit bedeutet für die AfD zweierlei: Sie erhält internationale Unterstützung und zugleich die Möglichkeit, das eigene Projekt in einen globalen Kampf "gegen die Eliten" einzuordnen, ein rhetorisches Muster, das in den USA längst perfektioniert wurde.
Während aus den USA intellektuelle und mediale Unterstützung kommt, besteht innerhalb Europas eine andere Art von Verknüpfung: die ideologische Nähe zur Identitären Bewegung und deren Vordenkern wie Martin Sellner. Zwar befürworten beileibe nicht alle Akteure in Partei und Vorfeld die Hinwendung zur US-Rechten, man spricht dort teilweise wenig schmeichelhaft von "Westextremen", aber die Verflechtung eines paneuropäischen Netzwerks, das seit Jahren an einer ethnisch-homogenen Vision Europas arbeitet, mit ähnlichen Akteuren in den USA lässt sich nicht mehr leugnen.
Politisch gewinnt die Entwicklung ihre Brisanz dadurch, dass die USA sich gerade eine neue nationale Sicherheitsstrategie gegeben haben, in der sich diese Art von Gedankengut wiederfindet. Von "ökonomischem Niedergang" ist dort zu lesen und "zivilisatorischer Auslöschung". Man bemängelt eine falsche Migrationspolitik, Einschränkungen der Meinungsfreiheit und den "Verlust der nationalen Identität". Kein Wunder, dass die deutsche Rechte sich offen für ein Bündnis zeigt, ist dies doch schon seit vielen Jahren der Sound, den man aus dieser Ecke hört. Mit dieser Sicherheitsstrategie ist die globale Ordnung ein weiteres Stück instabiler geworden. Es handelt sich um eine bittere Pointe, dass sich die AfD nun an den USA orientiert, da die Westbindung den deutschen Rechten einst verhasst war, da die USA für die Moderne und den Liberalismus standen. Ob sie das unter Donald Trump noch tun, darf bezweifelt werden.







