BERLIN. (hvd/hpd) Morgen wird der Bundesgerichtshof sein Grundsatzurteil zur strafrechtlichen Erlaubtheit von Sterbehilfe verkünden. Es bietet die Chance, die dramatischen Streitfälle am Bett von Schwerkranken und Sterbenden erheblich zu reduzieren.
Der Humanistische Verband Deutschlands (HVD) erwartet, dass der Bundesgerichtshof (BGH) am 25. Juni das Urteil des Schwurgerichts Fulda gegen Rechtsanwalt Wolfgang Putz aufhebt. Dieser hat mit seiner Revision dem 2. Strafsenat des BGH als höchstem Gericht die Gelegenheit geboten, die strafrechtliche Erlaubtheit der Sterbehilfe zu klären. Anfang Juni hatte sich bereits die Staatsanwälte des Bundesgerichtshof für den Freispruch des Beklagten ausgesprochen.
Gita Neumann, Beauftragte des HVD für Patientenverfügung und Humanes Sterben, erwartet bei einem Freispruch eine allgemeine Erleichterung: „Die dramatischen Streitfälle am Bett von Schwerkranken und Sterbenden, die alle Beteiligten schwer belasten, werden sich nunmehr erheblich reduzieren lassen.“ Und: „Niemand kann dann mehr behaupten, dass als so genannte aktive Sterbehilfe strafbar sein soll, was als Behandlungsabbruch gemäß dem Patientenwillen zivilrechtlich gefordert wird“, erläutert die Expertin.
„Dazu muss aber eine möglichst präzise Patientenverfügung vorliegen oder der Wille des Betroffenen auf anderem Weg sorgfältig ermittelt sein", führte Gita Neumann weiter aus. "Das BGH-Urteil wird keinesfalls als Freibrief zu werten sein, um einwilligungsunfähig gewordene Patienten sterben zu lassen, schon gar nicht, indem einfach die Magensonde durchgeschnitten wird.“
Der Courage von Putz sei es zu verdanken, dass nunmehr eine andauernde, unerträgliche Streitsituation am Sterbebett beendet ist.
Lebensschützer werfen Rechtsanwalt Putz umgekehrt vor, ein Überzeugungstäter in Sachen Sterbehilfe zu sein und sich zudem selbst profilieren zu wollen. Eugen Brysch von der Deutschen Hospizstiftung warnte: "Solche Wildwestmethoden dürfen wir nicht zulassen."
Das zivilrechtliche Patientenverfügungsgesetz vom vergangenen Jahr garantiert, dass der Patientenwille bis zum Lebensende verbindlich zu befolgen ist. Auf dieser Grundlage ist ein Beatmungsgerät ab- oder die künstliche Ernährung einzustellen, auch wenn dadurch der Tod des oder der Betroffenen bewirkt wird. Doch wurde vom Gesetzgeber versäumt, gleichzeitig zu klären, unter welchen Umständen eine solche Hilfe zum Sterben nicht doch ein Tötungsdelikt bleiben könnte. Diesen Widerspruch zwischen Zivil- und Strafrecht, der in der Praxis zu schwerwiegenden Auseinandersetzungen führte, gilt es für den Bundesgerichtshof mit seinem Freispruch nun aufzulösen.
Aktuelle Schlagzeilen in der katholischen Presse: „Urteil über Leben und Tod“ sind fehl platziert und sachlich falsch.
hvd/C.F.