Die Schweiz hat eine rekordverdächtige Dichte an Heilerinnen und Heilern. Tausende sind registriert, insgesamt dürften über 10.000 Geistheiler, Reiki-Meister, Handaufleger, Hellseher, Aura-Heiler usw. ihren Klienten heilende Hilfe bei allen Beschwerden und Krankheiten versprechen. In der Schweiz tummeln sich mehr Heiler als Pfarrer.
Jährlich pilgern Millionen Katholiken an den Fuss der Pyrenäen und hoffen, von der Jungfrau Maria und dem Heilwasser von Krankheiten erlöst zu werden. Ein Irrglaube.
Die deutsche Heilerin und Theologin Annette Grübnau hat ein Buch über die angeblich bahnbrechenden Erfolge der "Aurachirurgie" geschrieben. Die riesige Gilde der Heilerinnen und Geistheiler – die schweizer Szene umfasst weit über 10.000 Exponenten – nutzt alle sprachlichen und methodischen Tricks, um potenzielle Kundinnen und Kunden anzulocken.
Tausend tolle Sachen, die gibt es überall zu sehen. Wozu und weshalb sollte also jemand an einen Gott glauben? Nehmen wir mal an, jemand lebt auf der Welt, wird älter, hat Spaß und manchmal Ärger, hat Freunde, Geliebte, Kinder, Kollegen und einen Lieblingsverein, und irgendwann, wenn alles einigermaßen gut geht, springt er in einem angemessenen Alter in die Kiste. Wozu braucht so ein Mensch Gott? Andererseits: Warum? Warum sollte irgendwer annehmen, dass es einen Gott gäbe, obwohl der sich in acht Lebensjahrzehnten nirgends bemerkbar gemacht hat?
Wo sind eigentlich all die Wunderheiler verschiedenster religiöser Kulte, während die Welt versucht, ein Heilmittel gegen Covid-19 zu finden? Warum können sie dem Coranavirus nicht im Namen von Jesus oder Allah befehlen, keinen Menschen zu infizieren? Haben sie vielleicht die Arbeit niedergelegt und aufgehört, Wunder zu wirken? Oder – wesentlich besser: Erleben wir gerade das Ende des Wunderheilungs-Business?
"Heiliges Öl" sollte die Gläubigen von Krankheiten heilen und vor bösen Zaubern schützen. Stattdessen brachte es ihnen den Tod, als sie sich beim Versuch, zu ihm zu gelangen, gegenseitig zertrampelten.
Zahlreiche Wunderheiler, Propheten und Scharlatane jeglicher Richtung versuchen mit angeblichen Heilungen von schweren und tödlichen Krankheiten Kasse zu machen. Nicht selten kommt es dabei zu Todesfällen, weil behandelbare Krankheiten nicht adäquat versorgt werden. In Zimbabwe bekam ein vermeintlicher Prophet, der mit dem Bild eines Kindes bei Facebook für seine Heilkräfte warb, Gegenwind von Aktivist*innen.
Glaube und Aberglaube nehmen in diesen Zeiten, die von einem Rückgang des Glaubens gekennzeichnet sind, zu. Auf diese Paradoxie verweist Chefredakteur Christoph Lammers im Editorial der gerade ausgelieferten MIZ 4/17.