Mit vielen religionssoziologischen Daten wartet Gerhard Rampp in seinem Artikel “Kirchen in Deutschland”, einschließlich der DDR, auf. Darin zeichnet er den Weg der christlichen Kirchen auf dem Wege einer Monopolstellung noch 1949 bis hin zur Bedeutungslosigkeit auf. Ergänzend zu Welker heißt es bei ihm außerdem: “Noch immer hält sich das Vorurteil, vom Kirchenschwund profitierten vor allem die Muslime. Tatsächlich wurde deren Zahl um 2010 auf 3,5 bis 4 Millionen geschätzt. Nach dem Zensus 2011 steht aber fest, dass die Einwohnerzahl um 1,5 Millionen niedriger liegt als vermutet und dass davon rund 1,2 Millionen auf unregistriert zurückgekehrte Ausländer zurückzuführen sind. Davon wiederum machen türkische Sunniten rund eine Million aus. Muslimische Verbände gehen heute eher von 2,5 Millionen aus, das sind drei Prozent der Bevölkerung. Aber handelt es sich dabei immer um Muslime oder nicht eher um ‘Personen aus dem islamischen Kulturkreis’? Je nach Umfrage ist zwischen einem Drittel und der Hälfte dieser Zielgruppe gar nicht religiös. Vor allem von den etwa 700.000 Aleviten verstehen sich viele als säkular. Ferner haben alle Moscheevereine zusammen nur etwa 500.000 Mitglieder…” (S. 37)
Aber das ficht weder die bundesdeutsche Politik noch die Statistik an und auch nicht das bürgerliche Feuilleton, denn unentwegt ordnen diese jedem Menschen eine Religion zu und reduzieren Menschen auf Religion; lassen Ethnien, Nationalitäten, Kulturen außen vor. Warum wohl, das sollte man immer wieder fragen?
Auf bemerkenswerte kommunale Entscheidungen, egal ob noch zaghaft oder doch schon recht deutlich, geht Corinna Gekeler in ihrem Interview mit dem oberbayerischen Gemeinderat Markus Rainer ein; optimistisch fragend hier diese Überschrift: “Geht das Ende des diskriminierenden Kirchenarbeitsrechts von Gröbenzell aus?” Das Interview wird ergänzt durch Auszüge aus kommunalen Beschlüssen in Osnabrück, Oldenburg und Stuttgart.
Einen Blick ins östliche Polen gewährt Daniela Wakoniggs Interview mit der polnischen Kinderschützerin Maria Mucha. Allein schon die Überschrift sagt alles über dort herrschende Zustände aus: “Leider wiegt in Polen die Autorität eines Priesters noch immer schwerer als das Wort eines unschuldigen Kindes.”
Die aktuelle MIZ blickt ferner nach Italien bzw. in den Vatikanstaat. Nicole Thies’ Beitrag ist treffender Weise so überschrieben: “Maul halten und weiterdienen!” Darin setzt sie sich mit der öffentlichkeitswirksamen, aber ansonsten absolut unwirksamen “Anti-Mafia-Strategie” des Bergoglio-Papstes auseinander, die sie grotesk findet. Sie fragt, die Mainstream-Jubel-Meldungen nicht hinnehmend: “…ist die (…) verkündete Exkommunikation der Mafiosi tatsächlich erfolgt? Oder steckt hinter den hehren Worten doch nur wieder eine ‘Don-Quijote-Strategie’, die den heldenhaften Widerstand des Papstes vorgaukelt?” (S. 41) Nun ja, der aufgeklärte Leser kann wohl darauf selbst eine Antwort geben: “Schöne Worte, aber nichts dahinter. Wie immer bei Sonntagspredigten und -reden.”
Die Rubrik “Zündfunke” informiert kurz über die Letzte-Hilfe-Kampagne zum humanen Sterben “Mein Ende gehört mir”, ein neues IBKA-Faltblatt zum Kirchenaustritt, eine österreichische Menschenrechtskonferenz und über praktische Flüchtlingshilfe des Humanistischen Freidenkerbundes Havelland. In der Rubrik “Blätterwald” wird informiert darüber, wie sich die “Neue Osnabrücker Zeitung” von einem Islam-Funktionär hat instrumentalisieren lassen. Hingewiesen wird hier auf den neuen Freidenker-Kalender aus Ulm/Neu Ulm und auf ein Periodikum der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Zu dieser Zeitschrift heißt es, dass darin u.a. von der Bedeutung des Paulus für die LINKE die Rede ist. Nun ja, von Lenin will diese Partei gar nichts mehr wissen, von Marx eigentlich auch nicht und selbst Rosa Luxemburg kann sich gegen partei- und stiftungsoffiziellen Missbrauch nicht mehr wehren. Dafür aber entdeckt man, von Kirchen- und Religionskritik will das gegenwärtige Führungspersonal kaum noch etwas und gegen den Laizismus wird gar mit Macht gerammelt, den Apostel Paulus als neuen Vordenker…
Neben Saages Buch werden in der aktuellen MIZ noch Lena Naumanns Erzählung “Mariam geht fort” (Siegfried R. Krebs) sowie das Buch von Kurt Flasch “Warum ich kein Christ bin” (Nicole Thies) besprochen.
Abgerundet wird auch diese Ausgabe durch die von Gerhard Rampp betreute “Internationale Rundschau” mit Nachrichten von der Europäischen Union, aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Irland, Italien, Österreich, Polen, der Schweiz, der Türkei, dem Vatikanstaat, aus den USA, der Dominikanischen Republik, aus Indonesien, dem Iran, Israel, dem Libanon und aus Pakistan. In einer der Nachrichten heißt es lakonisch: “Katholische Verbände starteten vor Monaten eine Petition gegen die strengen Blasphemiegesetze in Pakistan – haben aber nichts gegen Blasphemiegesetze in christlich geprägten Staaten, denn dort sind ja sie die Nutznießer.” (S. 62)
MIZ - das bedeutet Materialien und Informationen zur Zeit. Das Vierteljahresmagazin des IBKA (Internationaler Bund der Konfessionslosen und Atheisten) erscheint seit 1972 und kann über den Alibri-Verlag Aschaffenburg bezogen werden.