Ich liebe Feuerwerke, ABER…

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Feuerwerk
Feuerwerk

LONDON. (hpd/rdf) Nach einem Tweet über seine Bedenken, welche Auswirkungen laute Feuerwerke auf nichtmenschliche Tiere haben, wurde Richard Dawkins gebeten, einen 1.200 Worte langen Artikel zu diesem Thema zu verfassen. Auf der Webseite der Richard-Dawkins-Foundation erschien die ungekürzte Originalversion, die der hpd hier ebenfalls wiedergibt.

Am 12. Oktober 1984 legte ein provisorisches Mitglied der IRA eine Bombe im Grand Hotel, Brighton; es handelte sich um ein versuchtes Attentat auf den Premierminister. Dieses Ziel wurde verfehlt, doch es gab fünf Tote und viele Verwundete. Wollen wir ein landesweites Fest an jedem 12. Oktober, bei dem wir alle im Gedenken an dieses Ereignis Feuerwerke veranstalten? Und würde es unsere Abscheu nicht noch steigern, wenn wir im ganzen Land den Attentäter, Patrick Magee, symbolisch verbrennen würden?

In der Bonfire Night wird ein katholischer Terrorist noch früherer Tage – oder Freiheitskämpfer, wenn man es so sehen möchte – symbolisch verbrannt. Unsere “Remember remember” – Feuerwerke dienen dem Gedenken an eine fehlgeschlagene mörderische Explosion des Jahres 1605. Ein terroristischer Bombenanschlag, wenn auch ein fehlgeschlagener, ist ein ziemlich garstiger Grund für Feierlichkeiten, weshalb ich natürlich auch den Vergleich mit dem Bombenanschlag in Brighton zog. Aber zwischen Guy Fawkes und uns liegen 400 Jahre: Genug Zeit, damit die Gedenkfeiern anstelle von schlechtem Geschmack vielmehr die Wunderlichkeit der fernen Geschichte suggerieren. Ich versuche also nicht, ein Spaßverderber zu sein.

Richard Dawkins mit seinen Hunden
Tycho (links) Coton de Tulear, benannt nach dem dänischen Astronom aus dem 16. Jahrhundert, und Cuba (rechts), benannt nach der Insel, von der die Züchtung stammt (Havaneser Terrier)

Und ich liebe Feuerwerke. Seit ich geboren wurde. Für mich sind sie mehr ein Genuss für die Augen als für die Ohren – die spektakulären Farben, die den Himmel psychedelisch bemalen, der Lichtschein, der auf lachende Kinder mit Wunderkerzen fällt, das Surren der Feuerräder, die “Catherine Wheels” genannt werden (auch hier hilft uns die geschichtliche Entfernung, den garstigen Ursprung dieses Namens zu vergessen). Den Reiz der lauten Knalle kann ich nicht so sehr nachvollziehen, ich nehme jedoch an, dass viele Menschen sie lieben, sonst würden die Hersteller von Feuerwerken sie nicht so konstruieren. Ich will also nicht leugnen, dass Feuerwerke, und auch die Knalle, Spaß machen, und ich habe die Bonfire Night seit meiner Kindheit viele Jahre lang genossen.

Doch obwohl ich Feuerwerke liebe, liebe ich auch die Tiere. Einschließlich der menschlichen Tiere, doch hier geht es um die nicht-menschlichen Tiere. Wie etwa unsere beiden Hunde, Tycho und Cuba, die nur zwei von Millionen im ganzen Land sind, die jedes Jahr von den erstaunlich antisozialen Dezibel der heutigen Feuerwerke terrorisiert werden. Es wäre erträglich, wenn sie nur am 5. November stattfänden. Aber im Laufe der Jahre wurde der “5. November” unnachgiebig in beide Richtungen ausgeweitet. Anscheinend sind viele Leute zu ungeduldig, um ihre gekauften Feuerwerke für die eigentliche Nacht aufzubewahren. Oder ihnen gefiel diese Nacht so gut, dass sie nicht widerstehen können, sie noch Wochen später zu wiederholen. Und in Oxford ist die Feuerwerks-Saison überhaupt grenzenlos; sie erstreckt sich auf fast alle Wochenenden während der Universitätssemester.

Wenn es nur um Tycho und Cuba ginge, denen das Leben zur Qual gemacht wird, würde ich nicht davon sprechen. Aber als ich einen Tweet zu meinen Bedenken wegen des Lärms schrieb, waren die Reaktionen von Besitzern von Hunden, Katzen und Pferden überwältigend. Dieser subjektive Eindruck wird von wissenschaftlichen Studien bestätigt. Die tierärztliche Fachliteratur kennt mehr als 20 physiologisch messbare Stresssymptome bei Hunden, die von Feuerwerk verursacht werden. In Extremfällen führt die Angst, die Feuerwerke hervorrufen, sogar dazu, dass Hunde entgegen ihrer sonst sanftmütigen Art ihre Besitzer beißen. Schätzungen zufolge leiden ca. 50 Prozent der Hunde und 60 Prozent der Katzen an Feuerwerk-Phobie.

Und jetzt denken wir an all die wilden Tiere im ganzen Land. Und an die Rinder, die Schweine und die anderen Nutztiere. Es gibt keinen Grund zur Annahme, dass sich die wilden Tiere, die wir nicht sehen, weniger ängstigen als die Haustiere, die wir sehr wohl sehen. Eher im Gegenteil, wenn man bedenkt, dass geliebte Haustiere wie Tycho und Cuba menschliche Tröster haben, die sie besänftigen und beruhigen. Die natürliche Umgebung und stillen Nächte der wilden Tiere jedoch werden ohne jede Vorwarnung durch das akustische Äquivalent einer Schlacht aus dem ersten Weltkrieg verpestet. Da wir gerade davon reden: Unter den positiven Antworten auf meine Feuerwerks-Tweets waren solche von Kriegsveteranen, die an dem heutigen Pendant zum Schützengrabenschock des ersten Weltkriegs leiden.