Notizen zu Nordkorea 19

Asylbewerber, Sony-Hack und ein hungriger Mörder

Nordkoreanischer Soldat tötet vier Menschen in China – aus Hunger?

Ein nordkoreanischer Soldat soll Ende Dezember bei mehreren Raubüberfallen zwei ältere Ehepaare in der chinesischen Provinz Jilin, die an Nordkorea grenzt, getötet haben. Die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua schreibt, dass der Deserteur die Grenze überquert habe, um nach Lebensmitteln zu suchen. Er soll noch am Tatort etwas gegessen haben und dann mit umgerechnet etwa 14 Euro geflohen sein. Er wurde später beim Versuch der Verhaftung durch chinesische Sicherheitskräfte angeschossen und starb an seinen Verletzungen.

In diesem Fall wurde öffentlich, dass sich China offiziell bei Nordkorea über den Vorfall beschwerte. Dabei sind solche Überfälle nicht selten. Im September soll ein Nordkoreaner drei Menschen wegen 500 Yuan (etwa 70 Euro) getötet haben. Eine chinesische Quelle spricht davon, dass eine einzige Militärbasis, die sich von der chinesischen Seite des Grenzflusses in Sichtweite befindet, für 20 Todesfälle in China verantwortlich sein soll.

Als die chinesischen Medien den Vorfall mit einiger Verzögerung meldeten, beriefen sie sich anfänglich auf die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap. In einem Leitartikel der chinesischen Ausgabe der Global Times wurden chinesische Behörden daraufhin dafür kritisiert, dass das Verbrechen zunächst von chinesischer Seite verschwiegen wurde: Warum müsse man durch südkoreanische Medien erfahren, dass ein nordkoreanischer Soldat illegal in chinesisches Territorium eingedrungen sei? Man solle den Vorfall als ein Verbrechen bewerten und nicht politisieren. Die chinesisch-nordkoreanischen Beziehungen seien in der Lage, sich zu einer “konventionelleren Art” von zwischenstaatlichen Beziehungen zu wandeln. In diese Richtung solle man Nordkorea führen und sich dabei nicht allzu nachgiebig mit dem Land zeigen. Beobachtern zufolge haben sich die chinesisch-nordkoreanischen Beziehungen in den letzten Jahren merklich abgekühlt.

In der Folge des Raubmordes wurden die Sicherheitsmaßnahmen an der chinesisch-nordkoreanischen Grenze weiter verstärkt: Bewaffnete Bürgerwehren und Videokameras sollen für mehr Sicherheit sorgen. Eine neue Hotline wurde eingerichtet, an die sich Bürger wenden sollen, wenn sie illegale Einwanderer aus Nordkorea sichten. Diese Maßnahmen werden sich wahrscheinlich auch auf Flüchtlinge auswirken, die sich in den nordöstlichen Provinzen Chinas verstecken müssen. Seit der Machtübernahme von Kim Jong Un wurden die Grenzkontrollen insbesondere auf der nordkoreanischen Seite stark verstärkt, was sich in Südkorea durch sinkenden Flüchtlingszahlen bemerkbar machen soll.

Durch ein Rotationssystem von Grenzsoldaten konnte auch der Warenschmuggel eingedämmt werden. Früher waren die Posten an der Grenze bei den nordkoreanischen Soldaten sehr begehrt, da sie sich durch Bestechungsgelder von Schmugglern oder Flüchtlingen sehr gut selbst versorgen konnten. Doch diese Einnahmen fallen zunehmend weg. Das soll ein Grund dafür sein, dass sich Raubzüge nach China häufen.

Kurznachrichten

Nach einer Meldung von Daily NK wurde Ende des Jahres ein Parteisekretär nach einem Vortrag vor Arbeitern einer Mine festgenommen. Das Studienmaterial, das er vortrug, soll die Errungenschaften des letzten Jahres und eine optimistische Aussicht auf das kommende Jahr betont haben. Nach seiner Rede habe der Kader “ich muss aufhören, diese Lügen zu erzählen” gemurmelt. Daraufhin soll er von der Staatssicherheit festgenommen worden sein. Die nordkoreanische Quelle sagte gegenüber Daily NK, dass der Mann auch eine Woche später noch nicht wieder freigelassen wurde.

Nordkorea scheint eine neue Devisenquellen gefunden zu haben: Wie jetzt bekannt wurde, bekam Merrill Newman, ein US-Amerikaner, der 2013 gegen seinen Willen mehrere Wochen in Nordkorea festgehalten wurde, eine Rechnung zugeschickt: Für seine sechs Wochen Arrest im Yanggakdo-Hotel in Pjöngjang sollte er 3.241 Dollar bezahlen, dazu 23 Dollar für ein Telefongespräch mit seiner Frau und drei Dollar für einen zerbrochenen Teller.
Newman wurde Ende Oktober 2013 während einer Reise in Nordkorea verhaftet, weil er – Koreakriegsveteran – Kontakt zu Nordkoreanern aufnehmen wollte, gegen die er damals gekämpft hatte. Nachdem er gezwungen worden war, Kriegsverbrechen zu gestehen, wurde der damals 85-Jährige nach 42 Tagen aus Altersgründen wieder freigelassen. Er soll die Rechnung nicht bezahlt haben.
James Clapper, Nationaler Geheimdienstdirektor der Vereinigten Staaten, der mit seinem Nordkorea-Besuch Ende 2014 die Freilassung der Inhaftierten Kenneth Bae und Matthew Miller bewirkte, hat nach einem Dinner mit Kim Yong Chol, dem Leiter der Hauptabteilung Aufklärung ebenfalls eine Rechnung präsentiert bekommen: Die Amerikaner sollten ihren Teil des Zwölf-Gänge-Menüs bezahlen. Die Höhe der Summe wurde allerdings nicht bekannt.

SARAM e.V.
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