Inge Hannemann betonte in ihrer Dankesrede, von den Medien werde meist vorgegaukelt "die Arbeitslosigkeit sinkt und die Wirtschaft boomt". Angesichts der Anzahl der Beschäftigten im Niedriglohnsektor sehe Hannemann diese Berichte sehr bedenklich und grotesk. Auch wenn Studierende und Absolventen von einem unbezahlten Praktikum zum nächsten wechselten und all dies akzeptierten und sich anpassten. "Genau das müsst ihr eben nicht", appellierte die Preisträgerin. "Kämpft für eure Rechte und eine gerechte, faire Entlohnung."
"Hartz IV gehört abgeschafft", so die Preisträgerin des Marburger Leuchtfeuers 2015, aber man müsse sehen, was jetzt möglich sei: "Wie kann ich Menschen auf Augenhöhe begegnen? Wie kann ich Menschen so vermitteln, dass es sinnvoll ist?"
Das könne kein einzelnes Jobcenter verändern, das müsse durch die Bundesagentur für Arbeit, durch das Ministerium für Arbeit und Soziales und auch durch das Finanzministerium kommen, indem mehr Gelder zur Verfügung gestellt und nicht Jahr für Jahr gekürzt würden, machte Hannemann deutlich. "Wir brauchen Gelder, wir brauchen bessere Schulungen und wir brauchen Respekt auf beiden Schreibtischseiten." Hannemann wünschte sich, dass viel mehr Menschen aufstünden, dass gesellschaftliche Teilhabe für alle Menschen möglich sei, ohne Stigmatisierung, ohne Ausgrenzung.
"Ich bin der Meinung, dass Grund- und Menschenrechte unverkäuflich sind und vor allem noch weniger verhandelbar. Dafür werde ich mich weiter einsetzen und auch weiter dafür kämpfen", machte Hannemann abschließend deutlich.
Unter den bisherigen Leuchtfeuer-Preisträgern befinden sich so illustre Persönlichkeiten wie der katholische Sozialethiker Prof. Dr. Friedhelm Hengsbach, der Forscher Prof. Dr. Dr. Dr. Rolf Schwendter und der Psychiater Prof. Dr. Horst-Eberhard Richter sowie die Journalistin Ulrike Holler, die langjährige Marburger Gewerkschaftsvorsitzende Käte Dinnebier und die Behindertenpädagogin Sabrye Tenberken. Im Jubiläumsjahr 2014 ging die Auszeichnung an den Sozialpädagogen Dr. Ulrich Schneider vom Paritätischen Gesamtverband in Berlin.
In Hannemann sieht die Jury eine würdige Fortführung dieser Tradition. Der Einsatz für die gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen ohne Ansehen ihrer gesellschaftlichen oder wirtschaftlichen Stellung sei bei ihr gepaart mit persönlichem Mut und der Bereitschaft, die eigene gesellschaftliche und berufliche Position dem Eintreten für ihre Überzeugung unterzuordnen. In dieser Grundhaltung sieht die Jury ein leuchtendes Vorbild für bürgerschaftliches Engagement zugunsten des im Grundgesetz verankerten Rechtsstaatsgebots.