Richard Dawinks schreibt:
Denjenigen, die unerschrocken genug sind, um sich auf meinen Twitter-Feed zu wagen, wird die jüngste Hysteriewelle nicht entgangen sein, für die ich mich hier entschuldigen möchte. Es geht um die Frage der moralischen Vertretbarkeit von Abtreibung nach der Diagnose eines Down-Syndroms.
Gestern schrieb eine Frau, die zu unseren angesehenen Stammgästen auf RichardDawkins.net gehört, auf Twitter, dass sie unsicher sei, was sie tun würde, wenn ein Fötus, der in ihr heranwächst, das Down-Syndrom hätte. Ich antwortete ihr, indem ich meinen Tweet mit "@" begann, womit – so dachte ich jedenfalls (wie ich inzwischen erfahren habe, könnten sich die Richtlinien von Twitter in dieser Hinsicht vor Kurzem geändert haben) – gewährleistet sei, dass er nicht all die Millionen meiner Follower erreichen würde, sondern lediglich eine Minderheit, die sowohl mir als auch ihr folgt. Das war meine Absicht. Allerdings kann man so diejenigen, die danach suchen, nicht davon abhalten, solche Tweets zu finden, selbst wenn diese nicht automatisch auf ihrem Twitter-Feed erscheinen. Viele machten es so, und die ganze Angelegenheit schaukelte sich zu der oben angesprochenen Welle von Hysterie hoch.
Folgendes hätte ich der Frau geantwortet, hätten mir mehr als 140 Zeichen zur Verfügung gestanden:
"Die Entscheidung liegt offensichtlich bei dir. Wäre es meine Entscheidung, würde ich den Down-Fötus abtreiben lassen und – angenommen, du wünschst dir überhaupt ein Kind – es noch einmal versuchen. Vor der Wahl stehend, entweder eine frühzeitige Abtreibung durchzuführen oder absichtlich ein Down-Kind zur Welt zu bringen, denke ich, dass es eine moralische und vernünftige Entscheidung wäre, abzutreiben. Und genau das tut die große Mehrheit der Frauen in Amerika und vor allem im Europa auch tatsächlich. Ich persönlich würde noch weiter gehen und sagen: Wenn deine Moral, so wie meine, auf dem Wunsch begründet ist, die Summe an Glück zu vergrößern und das Leiden zu verringern, könnte die Entscheidung, absichtlich ein Down-Baby zur Welt zu bringen, obwohl die Möglichkeit einer Abtreibung in der frühen Schwangerschaft besteht, im Hinblick auf das Wohlergehen des Kindes sogar unmoralisch sein. Ich bin mir im Klaren darüber, dass diese persönliche Meinung anfechtbar ist und weiterer Diskussion bedarf, möglicherweise auch, um zurückgenommen zu werden. Jedenfalls würdest du dich selbst dazu verdammen, als Mutter (oder zu zweit als Elternpaar) vermutlich ein Leben lang für einen Erwachsenen mit den Bedürfnissen eines Kindes sorgen zu müssen. Dein Kind würde wahrscheinlich eine kurze Lebenserwartung haben, und falls es länger lebte als du, müsstest du dir Sorgen darüber machen, wer für es da ist, wenn du nicht mehr lebst. Es ist also kein Wunder, dass sich die meisten Menschen für eine Abtreibung entscheiden, wenn sie die Wahl haben. Doch wie ich bereits sagte, liegt die Entscheidung ganz bei dir, und ich würde nicht im Traum daran denken, dir oder jemand anderem meine Ansichten aufzuzwingen."
Das also hätte ich gesagt, wäre ich von einer Frau um Rat gefragt worden. Und wie man sieht, braucht es dazu viel mehr als 140 Zeichen! Ich fasste das Ganze in einem kurzen Tweet zusammen, und das Ergebnis wurde in manchen Kreisen verständlicherweise als ziemlich herz- und gefühllos aufgefasst: "Treibe es ab und versuche es noch einmal. Es wäre unmoralisch, es zur Welt zu bringen, wenn du die Wahl hast." Selbstverständlich bedauere ich es, diese verkürzte Ausdrucksweise verwendet zu haben, die so viel Aufruhr verursacht hat. Ich hatte niemals vor, "Mord!" zu rufen!