In Äthiopien gibt es große soziale Unruhen. Dabei wurden allein in der Region Gondar sechs Personen getötet. Dutzende wurden während einer Kundgebung der Oromo und Amhara gegen Diskriminierung in der Hauptstadt Addis Abeba festgenommen.
Eine Quelle bestätige, dass in der Nordregion Gondar, zusätzlich zu zwei getötet Menschen, bereits am Freitag vier Menschen ums Leben gekommen seien. Gondar liegt ca. 700 km nördlich von Addis Abeba. Hier dominiert die ethnische Amhara Region.
Mindestens 500 Menschen der Oromia protestierten gegen wirtschaftliche Ungleichheit und Diskriminierung in der Hauptstadt auf dem "Meskel" Hauptplatz. Es gab ein großes Polizeiaufgebot. Die Demonstranten riefen Parolen, wie z. B. "Wir wollen unsere Freiheit" und "unsere politischen Gefangenen sollen frei sein“. Sie wurden von der Polizei mit Schlagstöcken attackiert und versucht zu vertreiben. Sehr viele Demonstranten wurden verhaftet.
Die Nachrichtenagentur Aljazeera veröffentlichte ein Video der Konfrontationen, welches unbewaffnete Demonstranten zeigt, die von der Polizei geschlagen und getreten wurden. Viele Demonstranten rannten fort, um einer Verhaftung zu entgehen.
Der Premierminister Hailemariam Desalegn kündigte am vergangenen Freitag an, ein Verbot von Demonstrationen zu erlassen. Er verkündete, dass die "nationale Einheit bedroht“ sei, und rief die Polizei dazu auf, alle Mittel die zur Verfügung stehen einzusetzen, um Demonstrationen zu verhindern.
Die Kundgebungen in der Hauptstadt wurde von Oppositionsgruppen der Oromo, welches die größte ethnische Gruppe in Äthiopien darstellt, unterstützt. Die Proteste sind bereits seit einigen Monaten im Gange und richten sich gegen die Diskriminierung durch die "Tigray" in vielen Bereichen der Verwaltung und in der Regierung. Sie haben trotz des Demonstrationsverbotes weitere Proteste in anderen Teilen des Landes angekündigt. Die Zahl der Todesopfer bestätigen äthiopische Behörden nicht. Allerdings ist bereits Anfang des Jahres bekannt geworden, dass es bei zahlreichen Demonstrationen der ethnischen Gruppen in der Region der Oromia zu mehreren Hundert Toten gekommen ist.
Gewaltsame Unterdrückung und Verletzung der Menschenrechte der Oromo
"In den letzten drei Monaten wurden mehr als 140 Menschen getötet. Hunderte wurden verwundet, Tausende verhaftet." Das war die staatliche Antwort auf Demonstrationen der Volksgruppe der Oromo in Äthiopien, bestätigten politische Flüchtlinge.
Bereits im Februar forderten einige Mitglieder der Oromo-Gemeinde in Frankfurt am Main öffentlich: "Wir fordern die politischen und gesellschaftlichen Kräfte in Deutschland, sich bei der äthiopischen Regierung für die Einhaltung der Menschenrechte einzusetzen." Außerdem ginge es darum, einen konstruktiven Dialog mit den Betroffenen, der Zivilgesellschaft und der verfolgten Opposition anzuregen. Eine weitere Forderung bezieht sich auf die Freilassung der zu Unrecht Verhafteten sowie die Aufklärung der gewaltsamen Übergriffe durch Militär und Polizei auf Demonstrierende. "Nur auf demokratischem Wege und unter Einhaltung der Menschenrechte kann es eine dauerhafte Lösung der gegenwärtigen Probleme in Äthiopien geben", heißt es in der Mitteilung.
Gisela Egler-Köksal von der Oromo-Gemeinde teilte mit, dass "auch Kinder ins Gefängnis gesteckt, Schulen und Universitäten geschlossen wurden. Da sind auch Freunde und Bekannte unserer hier lebenden Oromo betroffen." Hintergrund für die gewaltsamen Auswirkungen ist der sogenannte "Masterplan". Dieser sehe eine großflächige Ausweitung des Bundeslandes Addis Abeba auf Kosten des Bundeslandes Oromia vor. Außerdem solle das Bundesland in zwei Teile aufgespaltet werden, was die Vertreibung von großen Teilen der lokalen Bevölkerung vorsehe. Verschärfend kommt eine drohende Hungersnot hinzu, die sich in dem Wetterphänomen "El Nino" begründet. Dieses führt in diesem Jahr zu einer "gravierenden Dürreperiode, Ernteausfällen und Tiersterben" in Äthiopien. Die FAO (Food and Agriculture Organization of the United Nations) geht davon aus, dass 10,2 Millionen Äthiopier dadurch an Ernährungsunsicherheit leiden. Das Frühwarnsystem für Hungersnöte FEWSNET warnt sogar, dass die Zahl bis Ende des Jahres 2016 auf 18 Millionen steigen kann.
Durch "Landgrabbing“ verlieren die Bauern ihr Land
Die Ausweitung der Flächen des Landes auf Kosten der Oromo ist mit dem geltenden Recht in Äthiopien vereinbar. Denn in Äthiopien gehört das Land dem Staat, nicht Privatpersonen. Von daher kann der Staat darüber verfügen. Den Bauern wird das Land weggenommen und beschlagnahmt, um es an internationale Konzerne zu verpachten. Die Einnahmen erhält dann der äthiopische Staat. So würden beispielsweise Obst und Blumen für europäische Kunden dort angebaut. Den vor Ort lebenden Bauern fehle dadurch ihre Existenzgrundlage. Die Studenten und Kinder der Bauern protestieren gegen diese Beschlagnahmung und kommen dann ins Gefängnis oder werden sogar getötet.