Wie die Beulenpest zur Epidemie wurde

Die Beulenpest gilt zu Recht als Inbegriff einer verheerenden Seuche. Als "Schwarzer Tod" entvölkerte sie im Mittelalter ganze Landstriche Europas. Doch schon in der Spätantike grassierte die "Justinianische Pest", und bei einer aktuellen Epidemie in Madagaskar infizierten sich bis Herbst 2017 über tausend Menschen mit dem Erreger, Yersinia pestis. In weiten Teilen der Welt stellt die Beulenpest noch immer eine ernste Bedrohung für die Bevölkerung dar.

Das "Erfolgsgeheimnis" des Erregers: Er kann durch Flohbisse auf Menschen und andere Säuger übertragen werden, was die Infektion hochansteckend macht. Das war in der Entwicklungsgeschichte nicht immer so. Den bislang ältesten Stamm von Yersinia pestis mit dem typischen Genom der Beulenpest hat nun ein Forscherteam in Skeletten von Pestopfern aus der Bronzezeit nachgewiesen – rund tausend Jahre älter als bisher angenommen. In ihrer Entdeckung sehen die Forscher einen Schlüssel zum Verständnis, wie sich die Epidemie ausgebreitet hat.

Vor rund 3800 Jahren wurden die beiden Pestopfer in der Samara-Region im heutigen Russland gemeinsam bestattet./© V.V. Kondrashin and V.A. Tsybin; Spyrou et al. 2018. Analysis of 3,800-year-old Yersinia pestis genomes suggests Bronze Age origin for bubonic plague. Nature Communications.
Vor rund 3800 Jahren wurden die beiden Pestopfer in der Samara-Region im heutigen Russland gemeinsam bestattet./© V.V. Kondrashin and V.A. Tsybin; Spyrou et al. 2018. Analysis of 3,800-year-old Yersinia pestis genomes suggests Bronze Age origin for bubonic plague. Nature Communications.

Die beiden Skelette stammen aus der Region Samara (Russland) und wurden vor rund 3800 Jahren bestattet. Zwar sind auch ältere Yersinia-Stämme vom Ende der Jungsteinzeit und der frühen Bronzezeit bekannt, doch zeigt ihr Genom, dass sie noch nicht über die Fähigkeit verfügten, den Floh als Zwischenwirt zu nutzen. Deshalb waren ihrer Verbreitung engere Grenzen gesetzt, sie lösten noch keine Pandemien aus.

Ganz anders der neu entdeckte Stamm, so MPI-Forscherin Maria Spyrou, Erstautorin der aktuellen Veröffentlichung: "Die Linie, die unsere Yersinia-pestis-Isolate hervorbrachten, verfügte über alle notwendigen genetischen Eigenschaften für die effiziente Übertragung von Pest bei Nagetieren, Menschen und anderen Säugetieren."

Es gab also während der Bronzezeit offenbar nicht nur einen, sondern zwei Stämme des Erregers gleichzeitig in Eurasien. Wie weit sie jeweils verbreitet waren, ob und wie der Mensch zu ihrer Verbreitung beigetragen hat, sollen künftige Forschungen klären. In ihrer Entdeckung sehen die Forscher einen Schlüssel zum Verständnis, wie sich die Beulenpest ausgebreitet hat. Studienleiter Johannes Krause erhofft sich Aufschlüsse durch die Untersuchung weiterer Pestgenome aus Bronze- und Eisenzeit.

Originalpublikation:

Maria A. Spyrou, Rezeda I. Tukhbatova, Chuan-Chao Wang, Aida Andrades Valtueña, Aditya K. Lankapalli, Vitaly V. Kondrashin, Victor A. Tsybin, Aleksandr Khokhlov, Denise Kühnert, Alexander Herbig, Kirsten I. Bos and Johannes Krause

Analysis of 3,800-year-old Yersinia pestis genomes suggests Bronze Age origin for bubonic plague, Nature Communications 2018