Alternativer Kirchentagsverein will sich der evangelischen Kirche nicht aufdrängen

"Mit unserem guten Namen kann die Kirche nun Subventionen in Millionenhöhe abrufen"

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Pressekonferenz in Düsseldorf mit den Vereinsvorsitzenden Mario Ickert und David Farago sowie Ricarda Hinz (DA!), Ingrid Matthäus-Maier und Michael Schmidt-Salomon (Aufsichtsräte des Vereins) (v.l.n.r.)
Pressekonferenz in Düsseldorf

"Wir sind freundliche Piraten: Wer von uns nicht gekapert werden möchte, dem drängen wir uns nicht auf!" Mit diesen Worten erklärt Mario Ickert, Vorsitzender der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters Deutschland sowie Vorstandsmitglied des "40. Deutscher Evangelischer Kirchentag Düsseldorf 2027 e.V.", warum der alternative Kirchentagsverein den Forderungen der evangelischen Kirche nachkommt. "Wir haben nach Abwägung aller Optionen beschlossen, der Löschung unseres Vereins nicht zu widersprechen. Mit unserem guten Namen kann die Kirche nun Subventionen in Höhe von 13 Millionen Euro abrufen."

Am Donnerstag hatte der alternative Kirchentagsverein sein ungewöhnliches Programm für den 2027 in Düsseldorf geplanten evangelischen Kirchentag vorgestellt. Dabei sollte unter dem biblischen Motto "Es hatte aber alle Welt einerlei Zunge und Sprache" (1. Moses 11,1) ein Reigen von Veranstaltungen stattfinden, der die Mehrheit der Düsseldorfer Bürgerinnen und Bürger tatsächlich interessieren könnte – und nicht bloß die 13 Prozent Protestanten, die in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt leben. "Ein wenig enttäuscht sind wir schon, dass der 'Verein zur Förderung des Deutschen Evangelischen Kirchentages' die Zusammenarbeit mit uns verweigert und stattdessen ein Amtslöschungsverfahren unseres Vereins anstrebt. Immerhin wollten wir den Stadtratsbeschluss umsetzen, der davon ausging, dass der Evangelische Kirchentag nicht der 'Missionsarbeit' dienen, sondern mit jenen Menschen in einen offenen Dialog treten wird, die keiner Glaubensrichtung angehören", sagt David Farago, der ebenfalls dem Vorstand des alternativen Kirchentagsvereins angehört.

Ein subversiver Streich zur Verdeutlichung des engen Verhältnisses von Staat und Kirche

Ricarda Hinz, die 2023 als Vorsitzende des Düsseldorfer Aufklärungsdienstes (DA!) ein Bürgerbegehren gegen die öffentliche Finanzierung des evangelischen Kirchentags angestrengt hat und nun auch an dem Alternativkonzept für den Kirchentag 2027 beteiligt war, ergänzt: "Wir wollten den alternativen Kirchentag tatsächlich durchführen, gingen aber von Anfang an davon aus, dass ein solch weltoffenes Konzept bei den Verantwortlichen des Evangelischen Kirchentags nicht gerade auf Begeisterung stoßen würde. Unser subversiver Streich, einen eigenen Kirchentagsverein zu gründen, hat sich dennoch gelohnt! Schließlich wollten wir damit nicht zuletzt auch aufzeigen, wie eng das Verhältnis von Staat und Kirche noch immer ist. Unsere Vermutung war, dass kirchennah erscheinende Vereinigungen von staatlichen Behörden kaum überprüft werden. Und tatsächlich: Während religionskritische Vereine oft Monate darauf warten müssen, ins Vereinsregister eingetragen zu werden, wurde unser Kirchentagsverein in Rekordgeschwindigkeit eingetragen! Die Probe aufs Exempel ist also geglückt!"

Auf den alternativen Kirchentagsverein mit seiner ungewöhnlichen Besetzung wurden die Verantwortlichen des "Deutschen Evangelischen Kirchentags" erst Ende November 2024 durch ein Schreiben des Finanzamts Fulda aufmerksam gemacht, in dem sie gebeten wurden, zu steuerlichen Sachverhalten Stellung zu nehmen. Am 24. Dezember landete dann ein Schreiben des Amtsgerichts Fulda bei den Vereinsvorsitzenden David Farago und Mario Ickert mit der Aufforderung, sich zu dem 120-seitigen Antrag zu äußern, den der "Deutsche Evangelische Kirchentag" zur Löschung des Alternativvereins eingereicht hatte. Zu diesem Zeitpunkt war die Lokalität für die Pressekonferenz des Vereins am 9. Januar in der Laterne des Düsseldorfer Schlossturms allerdings bereits gebucht.

"Auch ohne die Aufforderung des Amtsgerichts hatten wir vor, am 9. Januar die gravierenden Unterschiede zwischen uns und den traditionellen Verantwortlichen des Evangelischen Kirchentags aufzudecken", erklären die Vereinsvorsitzenden Farago und Ickert. "Mit unserem Alternativkonzept haben wir dargelegt, wie ein zeitgemäßes Großereignis über 'Gott und die Welt' heute aussehen könnte. So gerne wir dieses Konzept durchführen würden, so wenig lohnt sich das Risiko, einen Markenrechtsstreit mit einem Verein einzugehen, hinter dem ein milliardenschwerer Glaubens- und Dienstleistungskonzern steht! Der evangelische Kirchentag will zwar den Eindruck erwecken, eine reine Laienorganisation zu sein, tatsächlich handelt es sich dabei aber um einen hochprofessionellen Verein mit 100 Beschäftigten, der von einer Pfarrerin der evangelischen Kirche geleitet wird. Mit den Anfängen des Deutschen Kirchentags, der nach dem 2. Weltkrieg in klarer Abgrenzung zu den Amtskirchen gegründet wurde, hat das heutige Kirchentagsreglement nur noch wenig zu tun. Auch deshalb empfehlen wir dem Bund, den Ländern und Kommunen, sehr viel gründlicher zu überprüfen, ob die öffentlichen Gelder zur Finanzierung von Kirchentagen tatsächlich im Sinne der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler verwendet werden. Immerhin wird ein Großteil dieser Gelder inzwischen von konfessionsfreien Menschen aufgebracht, die religiösen Glaubensüberzeugungen und Institutionen nichts mehr abgewinnen können."

"Wir sind jederzeit gesprächsbereit!"

Der alternative Kirchentagsverein hat nun beschlossen, der beantragten Löschung aus dem Vereinsregister nicht zu widersprechen. Die Entscheidung wurde bei der Mitgliederversammlung am Freitag getroffen, sagt Ricarda Hinz: "Wir standen vor der Frage, ob wir das finanzielle Risiko eines Rechtsstreits mit der Kirche eingehen, den Verein auflösen oder den '40. Deutscher Evangelischer Kirchentag Düsseldorf 2027 e.V.' in '1. Deutscher Nudeltag Düsseldorf 2027 e.V.' umbenennen sollten. Letztlich hat die Mehrheit der Mitglieder entschieden, den Löschantrag der Kirche nicht juristisch anzugreifen, zumal unser Verein einige seiner Funktionen ja bereits erfüllt hat, etwa die Aufdeckung der Hintergründe der öffentlichen Kirchentagsfinanzierung. Unabhängig davon werden wir den Düsseldorfer Kirchentag natürlich weiterhin kritisch begleiten – und 2027 wohl auch einige der Ideen umsetzen, die wir im Rahmen unseres alternativen Kirchentagsprogramms vorgestellt haben."

Würde sie denn auch eine Kooperation mit dem offiziellen Kirchentagsverein eingehen, falls dieser auf sie zukäme? "Mit einer solchen Offerte rechnen wir eigentlich nicht", antwortet Hinz lachend, "aber wir sind nicht nur freundliche Piraten, sondern auch jederzeit gesprächsbereit!"

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