Abgelehnte Plakate der "Säkularen Buskampagne"

Deutsche Bahn bestreitet mangelnde weltanschauliche Neutralität

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Religiöse Plakate finden sich auf den Flächen der Deutschen Bahn zuhauf. Plakate der Säkularen Buskampagne untersagte der Konzern jedoch. Allerdings bestreitet die Deutsche Bahn, dass dies aufgrund mangelnder weltanschaulicher Neutralität geschah.

Derzeit rollt die Säkulare Buskampagne durch Deutschland und wirbt für die Trennung von Staat und Kirche. Eigentlich wollten die Veranstalter ihre Kampagne mit Großplakaten in Berliner Bahnhöfen bewerben, doch die Deutsche Bahn untersagte dies. Sie teilte den Veranstaltern mit, dass sie die Plakate wegen "fehlender Neutralität" nicht genehmigen würde. Die Veranstalter der Buskampagne warfen daraufhin ihrerseits der Deutschen Bahn fehlende weltanschauliche Neutralität vor, da der Konzern Plakate religiöser Gruppierungen genehmige, jene der säkularen Buskampagne jedoch nicht.

Auf Nachfrage des hpd antwortete DB-Konzernsprecher Achim Stauß nun, dass sich die Deutsche Bahn sehr wohl als weltanschaulich neutrales Unternehmen betrachte, "nicht zuletzt, weil in unserem Unternehmen allein in Deutschland Menschen aus über 100 Nationen mit unterschiedlichen Religionen und Weltanschauungen beschäftigt sind", so Stauß. Entsprechend sei religiöse und weltanschauliche Werbung auf Flächen der DB aus Gründen der Religionsfreiheit selbstverständlich möglich. "Wir versagen Werbung nur, wenn sie andere Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen diskreditiert oder zu ihrem Boykott aufruft. Dies ist bei den Motiven der 'Säkularen Buskampagne' der Fall", so der DB-Konzernsprecher.

Diese Interpretation ihrer Plakate sorgt bei den Veranstaltern der säkularen Buskampagne für massives Kopfschütteln. "Die Deutsche Bahn hat die Aussagen der Plakate leider völlig falsch verstanden", sagt Michael Schmidt-Salomon, Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung, die die säkulare Buskampagne initiiert hat und mitveranstaltet. "Unsere Plakate werben überhaupt nicht für eine bestimmte Weltanschauung, sondern vielmehr für das Verfassungsgebot des weltanschaulich neutralen Staates", so Schmidt-Salomon, der weiter erklärt: "Für Säkularismus können sich auch religiöse Menschen wie Seyran Ateş einsetzen, die zwar Imamin der liberalen Moschee in Berlin ist, aber zugleich das Berliner Neutralitätsgesetz vor Gericht verteidigt hat. Ich gebe zu: Es gibt einige Leute, die das Prinzip der Säkularität offenkundig nicht wirklich begriffen haben – wie etwa Volker Beck, der den Säkularismus mit dem Islamismus gleichgesetzt hat. Aber solche Aussagen sind komplett unsinnig, da es sich beim Säkularismus um ein neutrales Rechtsprinzip und eben nicht um eine bestimmte Religion oder Weltanschauung handelt. Es ist absurd, die Abwesenheit einer Weltanschauung als Ausdruck einer Weltanschauung zu verstehen. Eine Glatze ist ja auch keine Frisur."

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Beispiel für religiöse Werbung auf den Flächen der Deutschen Bahn. (© schlussmachen.jetzt)

Für höchst bemerkenswert hält Schmidt-Salomon ferner die Erklärung von DB-Sprecher Stauß, dass die Bahn Werbung nur dann versagen würde, wenn sie andere Glaubensrichtungen oder Weltanschauungen diskreditiere oder zu ihrem Boykott aufrufe. "Die Deutsche Bahn übersieht leider, dass die religiöse Werbung in den Bahnhöfen sehr wohl Andersdenkende herabwürdigt", so der Vorstandssprecher der Giordano-Bruno-Stiftung gegenüber dem hpd. "Ein besonders markantes Beispiel ist ein Plakat der Stadtmission, gegen das die DB offenkundig keine Bedenken hatte. Auf diesem Plakat stand zu lesen: "Bedenke, du lebst ewig bei vollem Bewusstsein – entweder bei Jesus im HIMMEL (lies die Bibel!) oder in der HÖLLE ohne Jesus (lies die Bibel!)." Dies aber bedeutet nichts anderes als die Androhung ewiger Folterqualen für Andersdenkende – und eine schlimmere Herabwürdigung eines anderen ist eigentlich kaum vorstellbar! Wir dagegen haben niemanden herabgewürdigt, wir haben weder gegen die Religionen noch für den religionsfreien Humanismus geworben, sondern bloß ein Grundprinzip unserer Verfassung in Erinnerung gebracht, das leider viel zu wenig Beachtung findet. Offenkundig auch bei der Deutschen Bahn."

Auf die Nachfrage des hpd, wie die Deutsche Bahn zu dem Vorwurf stünde, dass sie als Hauptsponsor des diesjährigen Evangelischen Kirchentags in Dortmund eine zu große Nähe zu einer bestimmten Religion zeige, antwortete Konzernsprecher Stauß ausweichend: "Die Deutsche Bahn unterstützt das Anliegen des Deutschen Evangelischen Kirchentages, einen Kirchentag zu veranstalten, der klimaschonend ist. Zu diesem Großereignis werden rund 100.000 Menschen aus ganz Deutschland nach Dortmund reisen. Denn alle Fernzüge der DB fahren zu 100 Prozent mit Ökostrom. Zur umweltfreundlichen An- und Abreise bieten wir unter anderem auch ein spezielles Veranstaltungsticket. Es ist also naheliegend, dass sich die Deutsche Bahn als Hauptsponsor und Mobilitätspartner dieses Großereignisses engagiert. Kooperationen dieser Art sind unabhängig von der religiösen Ausrichtung des Veranstalters möglich."

Es bleibt daher abzuwarten, ob die Deutsche Bahn sich demnächst auch als Hauptsponsor klimaschonender säkularer Großevents engagieren wird. Sponsoringanfragen nimmt die Deutsche Bahn auf Ihrer Webseite entgegen.