Christliche Theologie-Professoren haben sich in einer Erklärung vehement für Söders Kreuzerlass ausgesprochen. Die Argumente, mit denen sie ihre Position untermauern, verraten viel über den Ungeist, der offenkundig noch immer an vielen theologischen Lehrstühlen herrscht.
"Ganz in der Tradition unserer Verfassung ist der Blick auf das Kreuz zweifellos der Blick auf ein Wertefundament unserer pluralistischen Gesellschaft, da es für den menschlichen Zusammenhalt aus einem Geist des Miteinanders auch gegenüber dem vermeintlich Fremden steht", heißt es in der "Ökumenischen Erklärung katholischer und evangelischer Professoren und Hochschullehrer der Theologie zum bayerischen Kreuzerlass". Kaum, dass man den logischen Widerspruch zwischen einem staatlich verordneten "Blick auf das Kreuz" und "unserer pluralistischen Gesellschaft" verarbeitet hat, setzen die Autoren noch eins drauf: "Dieses Fundament freiheitlicher Toleranz ist sowohl im Grundgesetz als auch in der Bayerischen Verfassung gerade nicht auf einen gottlosen Humanismus (Hervorhebung durch den Verfasser) reduziert. Es gründet im Heilswerk und in der Botschaft Jesu Christi, die er selbst auf vollkommene Weise vorgelebt hat."
Es ist schon beachtlich, in welchem Umfang die hochdekorierten Hochschullehrer, die die Erklärung unterzeichnet haben, das Verfassungsgebot der weltanschaulichen Neutralität des Staates ignorieren – oder wie sehr sie darauf pfeifen. Offenkundig lähmt sie die Furcht vor einem "gottlosen Humanismus" so sehr, dass sie verkennen, dass niemand je einen "gottlosen Humanismus" als Staatsideologie gefordert hat. In der Verfassung verankert ist allerdings – und nur das fordern säkular denkende Menschen aller Konfessionen – das Gebot eines "weltanschaulich neutralen Humanismus", den jede Bürgerin und jeder Bürger nach eigenem Gutdünken religiös oder nichtreligiös deuten kann.
Nur wenn dieses Gebot der weltanschaulichen Neutralität erfüllt ist, kann der Staat eine "Heimstatt aller Bürger" sein, wie es das Bundesverfassungsgericht 1965 formulierte. Nur unter dieser Voraussetzung können die Normen des Staates auch für alle Bürgerinnen und Bürger gelten und von ihnen akzeptiert werden. Beruhten staatliche Normen hingegen auf besonderen weltanschaulichen oder religiösen Traditionen, etwa auf der "Botschaft Jesu Christi", wären all diejenigen ausgeschlossen, die diese Traditionen nicht wertschätzen. Und so ist es für konfessionsfreie Menschen in der Regel überhaupt nicht einsichtig, warum ausgerechnet das Christentum das "Fundament freiheitlicher Toleranz" stellen sollte. Immerhin spielte "freiheitliche Toleranz" in der "Kriminalgeschichte des Christentums" (Deschner) nicht gerade eine herausragende Rolle. Und auch dem biblischen Jesus, der jedem Andersdenkenden ewige Höllenqualen androhte, kann man bei nüchterner Betrachtung kaum attestieren, dass er die Prinzipien der Toleranz "auf vollkommene Weise vorgelebt hat".
Hemmungslose Geschichtsverfälschung
Beängstigender noch als die Missachtung der weltanschaulichen Neutralität ist die hemmungslose Neigung zur Geschichtsverfälschung, die in der Erklärung der Theologen zum Ausdruck kommt. Dort heißt es: "Zudem sind wir dankbar für die durch den Kreuzerlass zum Ausdruck kommende Transparenz der bayerischen Staatsregierung, dass sie sich auch künftig wie schon bisher der christlichen Tradition Bayerns verpflichtet weiß, wie es auch dem Geist der nach Kriegsende 1946 verabschiedeten Präambel der Bayerischen Verfassung entspricht, wonach es in Bayern nie mehr eine 'Staats- und Gesellschaftsordnung ohne Gott' und damit ohne Achtung des Gewissens und der Menschenwürde geben darf."
Machen wir einmal einen kurzen Faktencheck: In der Zeit des Nazi-Regimes, die hier als "Staats- und Gesellschaftsordnung ohne Gott" etikettiert wird, war das öffentliche Bekenntnis zum Atheismus hochgradig verpönt, da es als Ausdruck einer "jüdisch-bolschewistischen Gesinnung" betrachtet wurde. Mehr als 95 Prozent der Deutschen waren damals Mitglieder der katholischen oder evangelischen Kirche, alle anderen wurden in der Kategorie der "Gottgläubigen" geführt (offiziell gab es in der Nazidiktatur also gar keine "Atheisten" mehr). Die Wehrmachtssoldaten trugen den Spruch "Gott mit uns" auf dem Koppelschloss und der "Führer" berief sich unentwegt auf die "göttliche Vorsehung". Während die atheistischen Freidenkerverbände verboten wurden, schenkten die Nazis den Kirchen neue Privilegien, von denen sie teilweise noch heute profitieren (wie etwa von der 1934 erfolgten Eintragung der Konfessionszugehörigkeit auf der Lohnsteuerkarte, die den Einzug der Kirchensteuer durch den Arbeitgeber ermöglicht).
Das Nazi-Regime war also alles andere als eine "Staats- und Gesellschaftsordnung ohne Gott". Mehr noch: Gerade die Berufung auf Gott wurde von den Nationalsozialisten (auch von nationalsozialistischen Theologen) genutzt, um jegliche "Achtung des Gewissens und der Menschenwürde" in Misskredit zu bringen (siehe hierzu mein Buch "Jenseits von Gut und Böse – Warum wir ohne Moral die besseren Menschen sind"). Auch in der Gegenwart ist dieser Zusammenhang zu beobachten: Vor allem Gottesstaaten wie Saudi-Arabien und Iran missachten die Würde des Einzelnen, während weltanschaulich neutrale Staaten sie schützen. Der Grund hierfür liegt auf der Hand: Die universellen Menschenrechte beruhen nämlich auf der Idee des Gesellschaftsvertrags, die besagt, dass die fundamentalen Werte des Zusammenlebens nicht von einer höheren Instanz ("Gott") vorgegeben sind, sondern unter den Menschen unter fairer Berücksichtigung ihrer Interessen ausgehandelt werden.
Halten wir fest: Man sollte sich die Namen der Hochschullehrer, die diese Erklärung unterzeichnet haben, gut merken – und vielleicht auch ihre Forschung und Lehre etwas gründlicher unter die Lupe nehmen. Denn in den letzten Jahren wurde von deutschen Hochschullehrern selten ein Text publiziert, der so deutlich gegen demokratische Grundwerte wie auch gegen das wissenschaftliche Prinzip der intellektuellen Redlichkeit verstößt.
33 Kommentare
Kommentare
Wolfgang Schaefer am Permanenter Link
Leidet ein Mensch an einer Wahnvorstellung, nennt man es Geisteskrankheit.
Leiden viele Menschen an einer Wahnvorstellung, dann nennt man es Religion.
Robert M.Pirsig
Helmut Lambert am Permanenter Link
Vielen Dank für diesen faktenreichen Kommentar.
Rene Goeckel am Permanenter Link
Diese Argumente sind nur wort- und luftreiche Hilfsbehauptungen. Sie sind nicht einmal gekonnt gelogen sondern sagen nur: Wir wollen unsere Pissmarken auch im öffentlichen Raum setzen!
Wer lesen kann erkennt die Absicht und ist verstimmt.
Hans Trutnau am Permanenter Link
Versuchte Reconquista und schleimiger Bückling vor dem Brötchengeber.
Josef am Permanenter Link
die Angst geht um, unter den Theologen
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
"Man sollte sich die Namen der Hochschullehrer, die diese Erklärung unterzeichnet haben, gut merken – und vielleicht auch ihre Forschung und Lehre etwas gründlicher unter die Lupe nehmen."
Ja, Michael, dem stimme ich zu. Ich vermute, dass sich Kleriker mehr als wir bewusst sind, dass sie längst weidwund daniederliegen. Sie bäumen sich auf, sammeln ihre Kräfte und Truppen, um sich an einer erneuten Spaltung der Gesellschaft zu laben. Denn das kann Kirche seit Jahrhunderten brillant: Spalten! Sie beherrscht den Dualismus im Schlaf. Selbst der ehemalige Vorwand einer globalen Friedensordnung - symbolisiert durch den Reichsapfel - kann nur Frieden nach katholischer Lesart bedeuten. Wer ein bisschen seinen Verstand beisammen hat, muss einsehen, dass es nie eine Welt - nicht mal ein Bayern - geben wird, in dem sich alle unter dem Kreuz zu Jesus Christus bekennen.
Aber wir können uns problemlos unter der Charta der Menschenrechte in einem säkularen Staat vereinigen. Wir können Freiheit, die die Freiheit des anderen akzeptiert, leben - egal wo wir herkommen, wie wir glauben, denken oder was wir hoffen.
Diese freie Welt ist den Vertretern eines in der frühen Eisenzeit eher unbedeutenden Wettergottes der Levante ein Gräuel - wie sie auch dem Wettergott ein Gräuel gewesen wäre, hätte er davon erfahren können. Daher sollten wir seine Vertreter nicht aus dem Auge lassen.
Zum Schluss noch ein Zitat:
"Die [...] Regierung sieht in den beiden christlichen Konfessionen die wichtigsten Faktoren zur Erhaltung unseres Volkstums."
Ist das von Söder? Das Volkstum steht ihm ja nah. Nein, der Satz fiel am 23.03.1933 bei der Rede zur Begründung des Ermächtigungsgesetzes - von Adolf Hitler...
Rüdiger Volz am Permanenter Link
Sehr gute Analyse. Welche Zeitung drückt dies so ab?. Zu welcher Tageszeit darf man sowas im TV sagen?
Bernd Kammermeier am Permanenter Link
Gestern Abend bei TTT ging es schon deutlich in diese Richtung - wenn auch noch ör-verhalten. Und in der Tagesschau vor ein paar Tagen konnte man sogar die gbs-Aktion in München sehen.
Dranbelieben! Aktionen! Aufklären! Weitermachen...
Dieter Bauer am Permanenter Link
...."Was kann von Nazareth Gutes kommen?.... steht schon im als Bibel bezeichneten Märchenbuch abrahamitischer Prägung.
Wer des freien Denkens mächtig ist, der Wirklichkeit/Wahrheit/Realität anhängend ist, kann über die Widersinnigkeit des religionsgeprägten Denkens nur kopfschüttelnd reagieren.
Karol Dittel am Permanenter Link
Wenn nennt man denn eine Gruppe von Menschen die mir versuchen ein zu reden, es gäbe da so ein.. "Wesen ?" welches den Menschen Gesetze und Verhaltensregel auferlegt.
Ich weiß nicht wie es euch allen geht, aber ich fühle mich ziemlich angelogen und verarscht. Zumindest nicht für voll genommen. Irgendwie ziemlich unverschämt wie ich finde.
Klaus Bernd am Permanenter Link
Auch diese beiden Passagen aus dem Theologen-Text sind für mich bemerkenswert. Einmal diese etwas merkwürdig formulierte Aussage:
Zum einen glaube ich, dass über diese Person Jesus Christus so wenig zuverlässig bekannt ist, dass sie kein Anker für eine humanistische Toleranzkultur sein kann. Das wenige was bekannt ist, zeugt, wie MSS bemerkte, von einer fundamentalen Intoleranz gegenüber Menschen, die „nicht an ihn glauben“. Desweiteren glaube ich, dass er nicht der Sohn Gottes ist oder war. Die pastorale Überheblichkeit dieses Missionierungsversuchs, der da geäußert wird und damit auch dem aufgehängten Kreuz zugeschrieben wird, muss ich entschieden zurückweisen.
Und damit bin ich bei dem Punkt, warum der folgende Vergleich total daneben ist:
„Wenn sich beispielsweise die Linkspartei am 1. Mai in Demonstrationen einreiht oder Grüne sich gegen Lebensschützer solidarisieren, wittert keiner die Instrumentalisierung der Arbeiter oder der Genderisten. Man glaubt ihnen, dass das ihrer ehrlichen Überzeugung entspricht. Wenn aber christliche Politiker sich mit dem Kreuz solidarisieren, wird suggeriert, es müsse selbstverständlich reine Parteitaktik sein. Wir sagen nein dazu, dass hier offenbar mit zweierlei Maß gemessen wird. Wir sagen ja zum Kreuz.“
Bei den angesprochenen Engagements von Linken oder Grünen geht es um politische Fragen und nicht darum, eine Religion zu propagieren. Und es geht um Unterstützung und nicht um Instrumentalisierung. Wie weit diese einem politischen Kalkül, sprich Wählerfang, folgt oder persönlicher Überzeugung, wage ich im einzelnen gar nicht zu entscheiden. Das wage ich übrigens auch nicht zu entscheiden, wenn Politiker von CSU, SPD oder CDU lauthals und medienwirksam ihren christlichen Glauben verkünden.
Im übrigen ist mir völlig schleierhaft warum und in welchem Sinn hier der Begriff Genderist eingeführt wird. Die Frage der Abtreibung ist keineswegs eine „Gender“ - Frage, sondern in erster Linie eine Frage von Frauen in Not. Man muss befürchten, dass mit diesem Begriff ein christliches Feindbild aufgebaut werden soll, vergleichbar mit Atheist, Kommunist … und ein Glaubensbekenntnis als Abtreibungsgegener abgelegt wird.
Die Instrumentalisierung des Kreuzes für Wahlkampfzwecke ist nicht das, was mich sonderlich stört, das ist doch Alltag bei jedem öffentlich zelebrierten Kirchenbesuch von Politikern, mich stört vor allem umgekehrt die Instrumentalisierung staatlicher Institutionen zur Verkündigung des christlichen Glaubens. Das ist verfassungswidrig und für mich persönlich ein anmaßender, besserwisserischer Missionierungsveruch, den ich mir entschieden verbitte.
Ich sage NEIN zum Kreuz, als Atheist und als Bürger Bayerns.
Johann Beck am Permanenter Link
Wieder ein vorzüglicher Report von Ihnen.
Udo Endruscheit am Permanenter Link
Deutsche Universitätsprofessoren geben eine Erklärung zur Verteidigung von Söders Kreuzerlass heraus und erklären den "Blick auf das Kreuz" zur "Tradition des Grundgesetzes".
Das negative Abziehbild der "Göttinger Sieben"?
Ok, könnte man abtun mit "Theologen eben". Dann aber raus mit den Theologen und ihren Leerstühlen aus den staatlichen Universitäten, in ihren Kirchen mögen sie dies unter sich verbreiten (obwohl auch da beklagenswert). Aber mit der Autorität von Professoren, von Staatsbeamten, sich hinzustellen und so etwas abzusondern, das zeugt von einer Selbstvergessenheit, die, ja, "typisch Theologe" ist. Ob jemand von offizieller Seite hat, die zur Ordnung zu rufen?
Gegen diese Melange aus Verblendung und verfassungsfeindlichen Äußerungen erhebt Michael Schmidt-Salomon seine Stimme völlig zu Recht. Es geht nach meiner Ansicht hier um nicht weniger als um die Verteidigung demokratischer Verfassungsgrundlagen.
Was für ein Klima ist entstanden, dass solche Äußerungen von solchen Personen verbreitet werden und zurückgewiesen werden müssen? Woher kommt der Mut (die Dreistigkeit) dieser Leute, sich ihrer staatlich privilegierten Rolle zu bedienen und offen gegen die Grundlagen der staatlichen Gemeinschaft zu agitieren? Ist der Vergleich mit der klerikal-kirchlich geprägten Adenauer-Ära überhaupt noch ausreichend?
Den Humanismus als Feindbild hinzustellen und ihn in (guter Lütz'scher Manier) gleich mal pauschal als "gottlos" zu qualifizieren, zeugt von der Annahme, von einer gesicherten Position aus zu operieren. Da haben die Herrschaften wohl sogar recht. Der Wind weht für sie. Politische Kultur - und leider auch intellektuelle - sind von partikular-religiösem Gedankengut in einem Maße durchsetzt, wie ich es vor zehn Jahren - und in meiner gesamten Lebenszeit zuvor - eigentlich nicht für möglich gehalten hätte.
Zeitgeist? Ich fürchte ja, ich hoffe nicht! Ich finde einen solchen "Zeitgeist" in meiner Umgebung eigentlich nur in geringem Maße. Machtanspruch? Ja. Indokrination, Verdrehung. Diffamierung, Diskriminierung. Das Publikum schaut mehr oder weniger gleichgültig zu...
Die Idee eines Menschen verbindenden Humanismus muss der Idee einer doktrinär-ausgrenzenden religiösen Prägung des Gemeinwesens immer und überall entgegengestellt werden. Zumal der Humanismus - was unsere Theologen sicher entrüsten würde - das Grundgesetz und die republikanische Idee auf seiner Seite hat. Ich kann doch nicht schon wieder meinen hpd-Beitrag "Religion und republikanischer Staat" verlinken...
Kreuzerlass, Masernausbrüche, Verbot der "Werbung" für Schwangerschaftsabbrüche, Verbot von Suizidbeihilfe, Legalisierung der Beschneidung von Kindern... In welchem Jahr leben wir nochmal gerade? 1491?
Manfred Lohnbauer am Permanenter Link
Ich bin zwar Atheist, doch halte ich das Christentum mindestens für ein Kulturgut, das Europa entscheidend und tief geprägt hat.
Volker Dets am Permanenter Link
Hallo Hr. Lohnbauer,
Ihre Einlassung ist nicht falsch - aber auch zu Ende gedacht?
Richtiger wäre, die Gelegenheit endlich zu nutzen (und damit dem Grundgesetz entsprechend) den Islam und andere Religionen auf die Regeln(Grundgesetz) unserer Gesellschaft zu verpflichten und deren Einhaltung zu überprüfen.
Damit könnte endlich auch dem Christentum Einhalt geboten werden. Zumindest raus mit allem Religiösen aus den Schulen (Ethikunterricht für alle) und allen öffentlichen Bereichen. Raus mit Vertretern aller Religionen aus Rundfunk- / Fernsehräten u. a. Einstellung steuerfinanzierter Zahlungen an Kirchenfürsten und konfessionellen Einrichtungen. Verbot von Missionierung (z. Bsp. Zeugen Jehovas an der Haustür) Religionen nur im privaten Bereich und Beobachtung von deren Tun durch staatliche Institutionen.
Wolfgang am Permanenter Link
Ich bezweifle einen wahren Atheismus bei Ihnen.
"Wer sich nicht über das Christentum empört, kennt es nicht." Dr. Dr, Joachim Kahl, ehemaliger Theologe.
Ein Leben nach dem Tode ist die größte Lüge der Weltgeschichte. Ein gemeiner Glaube fern jeglicher Menschenwürde. Ob ein Stück Käse vor oder in der Kirche liegt, der Gestank wird sich mit Beten nicht verziehen. Das Wort "Käse" kann auch durch ein anderes Wort ersetzt werden, aber dann herrscht Entsetzen bei den Kommentatoren und ich bin verloren!
Ich bin Atheist, aber ziemlich wütend. Amen.
Rene Goeckel am Permanenter Link
Söder hat in Bayern Kreuz und Krone wieder zusammengeführt. Natürlich jubeln die Theologen und lecken Söders Leftzen. Bleibt ihnen ja auch nichts anderes übrig.
Ockham am Permanenter Link
Zitat: „Die Wehrmachtssoldaten trugen den Spruch "Gott mit uns" auf dem Koppelschloss und der "Führer" berief sich unentwegt auf die "göttliche Vorsehung“.“
Bei diesem Vorgehen handelte es sich um eine ausgefeilte Strategie! Die Berufung der Nazigrößen auf Gott war von Anfang an scheinheilig. Sie bezeugt aber eines: Es ging ihnen darum, ein verbindliches Glaubenssystem für alle Bürger zu konstituieren (Quelle: Ludwig Feuerbach und die Welt des Glaubens, Jens Grandt, 2006, vgl. S. 207).
Es gelang Hitler, an einen nichtchristlichen Gott zu glauben, ohne den christlichen Gott je offiziell zu verwerfen (Quelle: https://www.iirf.eu/site/assets/files/92173/iirf_bulletin_2013_10.pdf; vgl. S. 18).
Thomas Göring am Permanenter Link
@ Ockham
Zu Ihrer "ausgefeilten Strategie!" noch einige Anmerkungen.
Unter Bezugnahme u.a. auf ein Bulletin des protestantischen Theologen Thomas Schirrmacher "Zur religiösen Sprache Adolf Hitlers" schreiben Sie über Hitler und die anderen Nazigrößen: "Es ging ihnen darum, ein verbindliches Glaubenssystem für alle Bürger zu konstituieren. Es gelang Hitler, an einen nichtchristlichen Gott zu glauben, ohne den christlichen Gott je offiziell zu verwerfen."
Dies zeigt klar, dass Hitler – da an einen nichtchristlichen "Kriegs"-Gott glaubend – KEIN ATHEIST war (wie von gewissen Klerikern immer wieder öffentlich lauthals verkündet, um den Atheismus zu diskreditieren, der ihrem Glauben nach absolut von Übel sei und deshalb unbedingt weg gehöre).
Wer ein allgemeinverbindliches "Glaubenssystem" für alle Bürger herstellen will, und wem es dabei "gelingt", an was für einen Gott(!) auch immer zu glauben (wie Ihren Sätzen zufolge Hitler), der ist (in welch widerwärtiger Art auch immer) RELIGIÖS: "Hitler glaubte wirklich an seinen Gott" (so Schirrmacher) und sah sich selbst als "Werkzeug" seines "Kriegsgottes" (These 27 im o.g. Bulletin des Theologen Schirrmacher).
Eine religiöse Sprache kann m.M.n. nur auf diejenigen Menschen einwirken, deren Geist & Psyche (vorwiegend) religiös geprägt bzw. konditioniert ist, sie setzt also ein dafür empfängliches religiös durchwirktes Publikum voraus, - zumal im damaligen Deutschland rund 95% der Bevölkerung den Kirchen angehörte und größtenteils noch (kirchen-)gläubig war. Bei einem weltanschaulich anders beschaffenen Publikum war diese Sprache wohl eher wirkungslos, letzteres wurde deshalb nach der Machteinsetzung des Naziregimes mittels Zwang & Terror & Erpressung entsprechend "bearbeitet".
Und gesetzt den (von Schirrmacher detailliert dargestellten) Fall, der Hitlersche "Gott" sei nicht der christliche "Gott", dann stellt sich doch gerade deshalb umso mehr die folgende brennende Frage: WARUM & AB WANN & BIS WANN haben sich beide Kirchen und insbesonders deren führende Kleriker denn ÜBERHAUPT auf den (vermeintlich so "gottlosen") Nazi-Faschismus (sowie zuvor schon die Römische Kirche Italiens auf den Faschismus des einstmaligen Sozialisten Mussolini) EINGELASSEN?
Ockham am Permanenter Link
Das sehe ich anders. John Lennox schreibt folgendes:
(Quelle: Gott im Fadenkreuz, John Lennox)
Wie sie schon richtig schreiben, der Gott Hitlers war nicht der christliche Gott.
Ob ein „religiös durchwirktes Publikum“ vorausgesetzt werden muss, damit eine religiöse Sprache einwirken kann, weiss ich nicht. Das kommt wohl auf die Sprache an.
Es kommt auch auf die Umstände an:
Die Niederlage im ersten Weltkrieg und das entwürdigende Friedensdiktat von Versaille, die durch den Verrat der Sozialdemokratie an der Revolution von 1918 hervorgegangenen Weimarer Republik mit ihrer desperaten Politik, die Wirtschaftskrise hatten eine offene Wunde hinterlassen. Daher sehnten sich die Menschen nach einer gefestigten Gemeinschaft. Diese Sehnsucht stilisierten die Ideologen des Nationalsozialismus zu einem "Erlösungsantisemitismus" (Saul Friedländer).
(Quelle: Ludwig Feuerbach und die Welt des Glaubens, Jens Grandt, 2006, vgl. S. 209).
Auf jeden Fall produzieren Religionen in Abgrenzung zu anderen ein Wir-Gefühl und verpflichten ihre Anhänger auf eine verbindliche Binnenmoral (Quelle: Soziobiologie, Eckard Voland, vgl. S. 226).
Diese Voraussetzung ist ideal, um eine In- und eine Outgroup zu schaffen!
Thomas Göring am Permanenter Link
interessante Ergänzung, die Lennox-Aussage. Danke!
Und klar: die sozialen und politischen Umstände (Weltkriegsniederlage, gewollt demütigend-bestrafender Friedens"vertrag", kapitalistische Weltwirtschaftskrise, etc.) spielen natürlich ihre Rolle dabei.
Wer weiß, was & wer ohne diese damaligen Umstände in Deutschland (und über Europa) gekommen wäre.
Roland Fakler am Permanenter Link
Unter dem Kreuz gab es nie Toleranz, sondern nur Verfolgung Andersdenkender.
Verfolgt wurden von den Katholiken: die Arianer, Markioniten, Priscillianer, Pelagianer, Donatisten, Novatianer, Nestorianer, Monophysiten, Begharden und Beguinen, Fraticellen … und später die Katharer = Albigenser, die Waldenser, die Hugenotten, die Hussiten, die Wiedertäufer und andere „Ketzer“. Verfolgt wurden Heiden und Juden. Verfolgt und vernichtet wurden alle Kulturen, die nicht christlich waren.
Sie hat mit ihrer Intoleranz unzählige Glaubenskriege verursacht: die Kriege gegen die Arianer, die Hussitenkriege, die Hugenottenkriege, den Dreißigjährigen Krieg, auch der Zweite Weltkrieg ist eigentlich ein Krieg gegen die ungläubigen Bolschewisten.
Es gibt keinen Satz in der Bibel, der die Demokratie oder eine Verfassung begründen könnte. Dementsprechend haben die Päpste die Demokratie und die Menschenrechte - 1864 Syllabus Errorum – für Wahnsinn erklärt.
Die Könige von Gottes Gnaden und größenwahnsinnige Päpste konnten sich auf die Bibel und die Kirchenlehrer berufen. Noch heute glauben sie, dass alle Obrigkeit von Gott kommt. Nur wenn sie vom Volk eine aufs Dach bekommen, werden sie merken wer oben steht!
Siehe hierzu mein Essay: Was an Deutschland ist christlich: http://rolandfakler.de/?p=3189
Andrea Diederich am Permanenter Link
Religion ist heute noch im 21. Jahrhundert, eine der grössten Fortschrittsbremsen überhaupt.
Kay Krause am Permanenter Link
Zum wiederholten Male und immer wieder:
Dieses als "wissenschaftlich" herausgestellte religiöse Geseibel von sogenannten Theologie-Professoren ist für mich leichter erträglich,
Diese leute sind definitiv KEINE Wissenschaftler! Sie erzählen jungen Menschen die selben Märchen, welche diese weitaus kostengünstiger in der Kirche erfahren können!
Roland Weber am Permanenter Link
... Ich freue mich jedenfalls kolossal auf anstehende Gerichtsentscheidungen!!
Resnikschek Karin am Permanenter Link
meine BRD-Utopie, lieber Herr Schmidt-Salomon, : atheistische und christliche Humanisten kommen über die Werte der Zivilgesellschaft überein.
Dr. Jochen Lengerke am Permanenter Link
Ich befürworte Söders Kreuzerlass nachdrücklich - stellt er doch ein Eigentor der Sonderklasse dar: Die Verpflichtung zum Aufhängen des leidigen Marterholzes, dem Widerwärtigsten unter der Sonne (Goethe) ist ein Verfa
Resnikschek Karin am Permanenter Link
Gibt es Gott - gibt es ihn nicht? Das ist und bleibt eine offene Frage. Es erfordert nur ein wenig intellektuelle Redlichkeit zuzugeben: niemand weiss es. Man muss sich entscheiden zu glauben oder nicht.
wir diesseitigen Humanisten vertreten einen "gottlosen Humanismus" in die Welt hinausposaunt, die schon genug Probleme hat. "Gottlos" ist das übelste Schimpfwort, das es in der Geschichte gibt.Für kein Schimpfwort sind so viele Mnschen gefoltern, gemordet und geschändet worden. Wer als Christ das in den Mund nimmt, hat nicht nur einen Menschen, er hat die Menschheit beleidigt. Und seinen Gott dazu, der angeblich alle Menschen liebt. Menschen, denen Gott nichts sagt, nichts bringt, hat es im Laufe der Geschichte immer gegeben. Von Kritias bis Heine, von den ersten Horden, die wir mal waren bis zu unseren hochorganisierten Gesellschaften. Und das ist gut so, weil es redlich ist. Eigentlich müßten wir Diesseitigen uns daher Agnostiker nennen - aber das ist ein schwieriges Wort. Unbekannt. Nennen wir uns A-theisten, haben wir uns schon wieder negativ bestimmt. Aber als Kampfbegriff mag es taugen. Wir sind in erster Linie Humanisten. Denn die Menschen bewegen uns. Ihr Wohlergehen, ihre Lebensverhältnisse, ihre Ideen. Da müssen wir in den Vordergrund stellen.
Aus Ehrlichkeit sollten wir allen Gläubigen ihren Glauben lassen und mit ihnen zusammenarbeiten um die Welt besser zu machen. Die hat es nötig.
Glaubenskriege, gegenseitige Missachtung, Intoleranz anderen Weltanschauungen gegenüber muss geächtet werden. Besonders in der BRD ist das wichtig. Die Kirchen haben das Erbe der Nazis angetreten im Doppelsinn des Wortes. Wieder sind es Theologen, die Menschen ausgrenzen und Andersdenkende diskriminieren. Das dürfen wir nicht zulassen. Wir sind die notwendige Korrektur zu einer masslos gewordenen Christlichkeit und einer unchristlich gewordenen Kirchenmacht. Religion first ist fatal. Ist gegen Art. 18 der Menschenrechte. Gut, dass die Bayern dafür auf die Strasse gehen. Eigentlich aber müßte in Deutschland Weltanschuungsfrieden herrschen,
Religion untergeordnet sein. Dann ist sie brauchbar. Dann kann sie Gutes erreichen. Wenn sie andere unterdrückt, wenn sie vergißt, dass sie nur eine Option ist unter vielen, eine Alternative für Deutschland, nicht die Lösung - dann gehört sie nicht auf den Boden von Rechtsstaatlichkeit und offener Gesellschaft. Religion als Zwang, als alleinige Wahrheit ist ein Schreckgespenst aus dem Mittelalter. Hier muss man alle Christen aufrufen, sich davon zu distanzieren. Selbst die Muslime wissen genau: "kein Zwang in der Religion". Aber auch sie vergessen es in der Hitze des Gefechts. Also prüfen wir die Religiösen, ob sie denken und tun, was sie sagen. Eine freiheitliche Gesellschaft braucht Freiheit von Religion. Gleichgestellt neben Freiheit für Religion. Dafür müssen wir kämpfen. Gegen die Demenz unter Theologen, was ihre eigenen Grundlagen betrifft. Gegen Amtskirchen, die das Menschenrecht verletzen. Karin Resnikschek, Tübingen
Thomas am Permanenter Link
"Gibt es Gott - gibt es ihn nicht? Das ist und bleibt eine offene Frage."
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"Wir sind in erster Linie Humanisten. Denn die Menschen bewegen uns."
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Nunja, ich bin KEIN Humanist, weil mich nicht nur die Menschen, sondern ALLE leidensfähigen Wesen "bewegen". Schon oft habe ich "den Humanismus" als speziesistisch kritisiert, und noch ist für mich nicht erkennbar, daß ihn seine Anhänger von diesem verheerenden Makel jemals restlos befreien werden. Warum sollten sie auch? Sie sind ja >Human<isten.
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"Dann ist sie [die Religion] brauchbar. Dann kann sie Gutes erreichen."
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Religiotie besteht in evidenzwidrigem Glauben. Die Neigung dazu ist die katastrophalste aller menschlichen Dispositionen, weil sie den Erwerb zutreffender Erkenntnisse über die Welt behindert und Menschen davon abhält, sich ethisch zu entwickeln. Religion ist also keine "Lösung", sondern die Wurzel allen vermeidbaren Übels. Da es keine harmlose Form des Irrationalismus gibt, ist es sinnlos, ihn "zähmen" zu wollen. Man kann ihn nur unschädlich machen, indem man ihn möglichst gründlich aus den Köpfen der Menschen vertreibt.
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"Religion als Zwang, als alleinige Wahrheit ist ein Schreckgespenst aus dem Mittelalter. Hier muss man alle Christen aufrufen, sich davon zu distanzieren."
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Es liegt in der Natur irrationaler Überzeugungen, kritikimmunisiert und in diesem Sinne "fanatisch" zu sein. Es ist also mehr als zweifelhaft, ob man mit "Aufrufen" irgendetwas erreicht.
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"Eine freiheitliche Gesellschaft braucht Freiheit von Religion. Gleichgestellt neben Freiheit für Religion. Dafür müssen wir kämpfen."
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Das denke ich nicht, denn aus einem Recht auf Ignoranz, Lüge und Wahnsinn (aka Religionsfreiheit) leitet sich für Rationalisten nicht das Geringste ab. Wer keine Religion hat oder ihr gar in wohlbegründeter Feindschaft gegenübersteht, braucht keine Religionsfreiheit - weder positive, noch "negative". Er kann sich mit der Meinungsfreiheit zufriedengeben - einem Recht, das gut genug für ALLE Menschen sein sollte.
Petra Pausch am Permanenter Link
Sie schreiben: "Nunja, ich bin KEIN Humanist, weil mich nicht nur die Menschen, sondern ALLE leidensfähigen Wesen "bewegen".
Haben Sie sich schon einmal mit dem evolutionären Humanismus beschäftigt? Dann werden Sie nämlich erkennen, dass Sie hier Schattenboxen betreiben und Fehlinformationen verbreiten.
Thomas am Permanenter Link
"Haben Sie sich schon einmal mit dem evolutionären Humanismus beschäftigt?"
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"Dann werden Sie nämlich erkennen, dass Sie hier Schattenboxen betreiben und Fehlinformationen verbreiten."
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Was für "Fehlinformationen"? Kann man etwa NICHT gleichzeitig Humanist und Karnist sein? (Mindestens) ein besonders aggressiver Antiveganer ist sogar in den Beirat der GBS aufgenommen worden. Und hat es irgendjemand auf dieser Seite für nötig befunden, nichtmenschliche Tiere oder das Speziesismusproblem auch nur beiläufig zu erwähnen? Nach meinem Überblick ist das "humanistische Normalität", wann immer es nicht gerade explizit um "tierethische" oder "tierrechtliche" Fragen geht. Offenbar schließen nicht einmal Humanismus und Religion einander aus. Das ist mir entschieden zu viel der Toleranz gegen Denk- und Verhaltensstrukturen, die UNBEDINGT überwunden werden müssen, wenn die Erde jemals ein nennenswert leidfreierer Ort werden soll.
Resnikschek Karin am Permanenter Link
"Gottfreier Humanismus" - das wäre doch ein Begriff ohne negative Konnotation, das könnten wir doch unseren Mitstreitern ebenso mitgeben wie unseren Christenfreunden. Gottfrei wie konfessionsfrei.
Vernetzt Euch gut. Wir haben für unsere Gesellschaft wichtige und gute Botschaften - die müssen an Frau und Mann. Mundtot lassen wir uns nicht machen: wir lassen uns von niemand ein schlechtes Gewissen machen. Unsere klerikalisierte Gesellschaft braucht mehr Säkulare, die stolz sind, ihr Leben ohne Gott und kirchliches Brimborium zu meistern. Wir Menschen sind aus neurophilosophischer und neurobiologischer Sicht
fürs Sozialverhalten und für Moral und Gewissen vorprogrammiert. Das ist eine gute Botschaft - von P. Churchland aus La Jolla. Hoffe sie hat gute Arbeit
geleistet und so der Wissenschaft und dem gottfreien Humanismus einen Dienst getan. Humanistische, gottfreie Grüße Karin Resnikschek, Tübingen
M.Buchold am Permanenter Link
Das oberste Gebot Christi lautet: „Liebe deinen Nächsten, wie dich selbst!“ Dem ordnet sich alles unter.
Ich kann mich nicht daran erinnern, etwas über angedrohte Höllenqualen (was auch immer das bedeutet) für anders Denkende seitens Jesu gelesen zu haben, aber im Angesicht des Satzes spielt es keine Rolle, wessen Religionssymbol an der Wand hängt, ...oder ob da gar keines hängt. Ein „Blick aufs Kreuz“ ist sinnlos. Entscheidend ist, das sie den Inhalt dieses Satz in ihrem Herzen verankert haben, und leben.