Genitalverstümmelung im Irak und Süd-Kurdistan

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Straßenplakat in Uganda gegen Genitalverstümmelung
Straßenplakat in Uganda gegen Genitalverstümmelung

Nach Angaben der UNICEF wird in 29 Ländern Genitalverstümmelung praktiziert. Die im Jahr 2013 veröffentlichte Studie der UNICEF belegt, dass 80% der Frauen im Irak von Genitalverstümmelung betroffen sind und diese nach wie vor praktiziert wird. Die Mehrzahl der Betroffenen kommt aus der Region Südkurdistan. Wir wissen, dass insbesondere in den Dörfern diese Genitalverstümmelung (Beschneidung) verbreitet ist. Das Alter der Frauen, die der Genitalverstümmelung ausgesetzt waren/sind liegt zwischen 15-49 Jahren.

Bei der Genitalverstümmelung (Female Genital Mutilation/Cutting – FGM/C) handelt es sich auf direktem Wege um die Einnahme des weiblichen Körpers, einen Eingriff in die Würde der Frau, die Verhinderung ihrer Selbstbestimmung und ihrer Entwicklung. Da andere Personen glauben, dass sie das Recht haben über Frau und über den weiblichen Körper bestimmen zu können.

In der Bevölkerung werden oftmals religiöse Gründe für die "Sunna" (also die durch den Propheten "empfohlene" Praktik) der Genitalverstümmelung vorgetragen. Jedoch steht die weibliche Beschneidung nicht im Einklang mit dem Koran.

Diejenigen die versuchen, die Genitalverstümmelung mit der Religion zu verbinden und den Koran als Referenz für diese grausame Handlung angeben, möchten in erster Linie einfach nur Macht über den weiblichen Körper ausüben. Sie verhindern die Selbstbestimmung von Frauen, weil für sie die Frau wertlos ist. Zugleich erhoffen sie sich Gehör und Zustimmung in der Gesellschaft. So wird behauptet: "dass unbeschnittene Frauen unrein sind und dass man aus ihren Händen weder essen noch trinken sollte."

Menschenrechtsorganisationen und Soziologen sehen mehrere Gründe hinter der Genitalverstümmelung. Die weibliche Beschneidung wird als Waffe gegen die Frau eingesetzt. Ziel ist es, der Frau jegliche Selbstbestimmung zu nehmen. Sie wollen durch die Verstümmelung der Klitoris, die sexuelle Empfindung der Frau beschränken. Männer wollen auf diese weise die Frau mehr unter Kontrolle halten. Die Frau soll nicht dazu neigen, ihren sexuellen Gefühlen nachzugehen, sondern ihrem Mann gefügig und treu sein.

Im Jahr 2011 wurde aufgrund der eindeutigen Ergebnisse ein Gesetz gegen häusliche Gewalt erlassen, dass sich auch explizit gegen die Genitalverstümmelung richtet. Während diese grausame Praktik im Autonomiegebiet Nordkurdistan nun strafbar ist, bleibt die Praktik im Zentralirak weiterhin leider erlaubt. Die erlassenen Gesetzten sind oft nur auf dem Papier und die Praktika werden nach wie vor innerhalb der Familien durchgeführt. Eine strikte Verfolgung dieser Grausamkeiten gibt es noch nicht.

Nach Angaben von WADI e.V. sind in den naheliegenden Dörfern um die Städte Suleymani und Germiyan zirka 66% der Frauen betroffen. In den Regionen um Raniya, Qeladize, Pisder gehen die Zahlen etwas zurück. In den Städten Suleymanu und Hewler sind es wesentlich weniger.

Das unbegreifliche ist, dass die Polizeikräfte wohl angeben, dass sie bis heute keinen offiziellen Erlass oder Befehl erhielten haben, um die Genitalverstümmelung strafrechtlich zu verfolgen. Einige weibliche Abgeordnete haben im Parlament der Autonomie Region Kurdistan mehrfach betont, dass der Erlass gegen häusliche Gewalt und explizit gegen die Genitalverstümmlung nicht umgesetzt wird.

Es jedoch nicht nur so, dass auf der politischen Ebene zu wenig gegen die Genitalverstümmelung gemacht wird, sondern es wird auch in den Frauenverbänden und in den Medien zu wenig getan. Wenn Kinder in der Schule aufgenommen werden und die ärztlichen Schuluntersuchungen stattfinden, werden die Eltern nicht gefragt, ob die Kinder beschnitten sind. Sind sie beschnitten, wird nicht geschaut, wie man auf diese Kinder (Mädchen) eingehen kann, wie man sie aufklären kann.

Die Medien begrenzen sich auf eine kurze Berichterstattung und Statistiken. Es ist jedoch keine weiträumige Kampagne in Süd-Kurdistan durchgeführt worden. Während des Gesetzeserlass und der Abstimmung gegen häusliche Gewalt und Genitalverstümmelung sind sogar einige männliche Abgeordnete soweit gegangen, dass sie das Parlament verlassen haben, um nicht mit abzustimmen, da das Thema für sie ein Tabu und Schamhaft war.

Es ist wichtig zu erwähnen, dass einige Personen ihren Lebensunterhalt mit der Durchführung der Genitalverstümmelung betreiben. Eine Frau aus dem Dorf Totakal im Nordirak, bestätigt das fast alle Mädchen und jungen Frauen aus dem Dorf beschnitten sind. Das tragische an der ganzen Sache ist, dass die Familien den Mädchen mehr Wert geben, wenn sie beschnitten wurden. Eine Frau die nicht beschnitten ist, wird als minderwertig gesehen.

Nur eine gute Aufklärung und Bildung kann dieser grausamen Praktika entgegenwirken.

CENÎ
Kurdisches Frauenbüro für Frieden e.V.
Kurdish Women's Office for Peace
Buroya Aşitıyê ya Jinên Kurd

http://www.ceni-kurdistan.com/