Am vergangenen Wochenende fand der 5. internationale "Cradle to Cradle"-Kongress an der Leuphana Universität in Lüneburg statt. Bei der hochkarätig besetzten Veranstaltung wurde ein innovatives Konzept diskutiert, das eine zukunftsfähige und humanistische Antwort auf die gegenwärtigen Umweltprobleme liefert.
Der Mensch wird von großen Teilen der Umweltbewegung als Schädling und Sünder wahrgenommen, der die Natur mit seinem Konsum zerstört. Bislang wurde im traditionellen Ökologismus daher Verzicht und die Reduktion eines negativen ökologischen Fußabdruckes gepredigt, um der Welt etwas weniger zu schaden. Doch muss das so sein?
Das Designkonzept "Cradle to Cradle" (C2C) bietet für die Umweltprobleme unserer Zeit einen radikal anderen Lösungsansatz an, in dem der Mensch als Teil der Natur ein potenzieller Nützling ist, der einen positiven Fußabdruck hinterlassen kann. Dafür zielt C2C nicht auf das Ausbessern bestehender Rahmenbedingungen, sondern will grundsätzlich neue Wege gehen: Produkte werden neu erfunden und von Anfang an so designt, dass die verwendeten Materialien problemlos in endlose technische oder biologische Kreisläufe zurückgeführt werden können.
Das Credo lautet daher nicht wie bisher "von der Wiege zur Bahre", sondern "von der Wiege zur Wiege". Schon jetzt gibt es biologisch abbaubare T-Shirts, essbare Verpackungen, sortenreine Kunststoffe und sogar ganze Gebäude, die nach C2C-Kriterien produziert werden. Das ambitionierte Ziel ist nichts weniger als eine Welt ohne Abfall, in der "intelligente Verschwendung" keine Sünde ist.
I ♥ your footprint!
Dass dieses ökologische Umdenken auf großes Interesse stößt, zeigte sich vergangenes Wochenende beim international besetzten "Cradle to Cradle"-Kongress an der Leuphana Universität in Lüneburg, an dem etwa 800 Personen teilnahmen. Namhafte Akteure unter anderem aus den Bereichen Bau und Architektur, Kunststoffe, Verpackungen, ökologische Landwirtschaft sowie aus dem diesjährigen Schwerpunktthema "Fashion und Textil" diskutierten in unterschiedlichen Formaten über C2C als Innovationsmotor.
Die Schirmherrschafft für den Kongress übernahm der niedersächsische Umweltminister Olaf Lies. Das C2C-Konzept sei die einzige Möglichkeit, "wenn wir vernünftig mit den Ressourcen [...] umgehen wollen", erklärte Lies in seinem Grußwort. Er plane deshalb auch ein Partnerschaftszentrum Wattenmeer in Wilhelmshaven, das ein C2C-inspiriertes Gebäude und C2C-Außenstelle werden soll.
Auch Bela B, Mitglied der Punkrock-Band "Die Ärzte", nahm an dem Kongress teil und zeigte sich begeistert von C2C: "Was mich sehr überzeugt hat, ist, dass der C2C-Gedanke nicht mit einem großen Hammer daherkommt und nicht mit einem großen Zeigefinger." C2C vermittele ein positives Gefühl, das er auch seinen Fans vermitteln möchte. So plant der Musiker Merchandise-Artikel, die nach C2C-Kriterien produziert werden und will künftig als Beiratsmitglied des C2C e. V. Aufklärungsarbeit leisten.
"Der erste ökologische Ansatz, der zutiefst humanistisch ist"
Unterstützt wurde der "Cradle to Cradle"-Kongress unter anderem von der humanistischen Giordano-Bruno-Stiftung (gbs). Michael Schmidt-Salomon, gbs-Vorstandssprecher und C2C-Beirat, sieht in "Cradle to Cradle" eine umwelt- und zugleich menschenfreundliche Lösung der ökologischen Herausforderungen. Denn der positive Blick auf die Entwicklungspotentiale des Menschen weise C2C als "den ersten ökologischen Ansatz aus, der zutiefst humanistisch ist." Bei C2C handele es sich sogar um nichts Geringers als um die "vierte industrielle Revolution, von gesellschaftlichen Umwälzungen, die etwa vergleichbar sein dürften mit jenen, die mit der Verbreitung der Dampfmaschine, der Elektrifizierung und der Digitalisierung einhergegangen sind", so Schmidt-Salomon. Womöglich würden Menschen in 100 Jahren gar nicht begreifen, dass jemals ohne C2C produziert wurde.
"Ein starkes Zeichen der Veränderung"
Tim Janßen, Geschäftsführender Vorstand des C2C e. V. resümierte den diesjährigen Kongress: "Der deutliche Zuwachs an internationalen SprecherInnen und Gästen motiviert uns enorm und bestärkt uns in unserer Arbeit als NGO. Mit dem "Cradle to Cradle"-Kongress senden wir ein starkes Zeichen der Veränderung in die Gesellschaft: Die Community ist auf dem richtigen Weg; die Innovationskraft der "Cradle to Cradle"-Unternehmen ist beeindruckend. Daher sind wir stolz, die weltweit wichtigste Plattform für 'Cradle to Cradle'-Innovation zu sein!"
Nora Sophie Griefahn, geschäftführende Vorständin des C2C e. V., ergänzte: "Wir müssen unser Wirtschaften verändern, die ganze Gesellschaft umbauen! Es ist toll, dass sich dieses Wochenende über 100 ehrenamtliche Helfende dafür engagieren, doch die Älteren können das nicht alles den jungen Generationen überlassen. Es geht uns alle an, wir müssen jetzt handeln und uns für eine C2C Welt engagieren!"
Weitere Informationen zu "Cradle to Cradle" unter www.c2c-ev.de
2 Kommentare
Kommentare
Kay Krause am Permanenter Link
Ich wünsche mir , dass auch dieses Thema von der neuen Sammlungs-bewegung "Aufstehen!" der Lady Sarah Wagenknecht aufgegriffen wird!
Gerhard Baierlein am Permanenter Link
Leider wird das nicht geschehen, da die Dame zu sehr in die Politischen Machenschaften verstrickt ist um noch vernünftig und zukunftsorientiert denken zu können.