Rund 800 'verschwundene' Kinder

Irland: Massengrab bei katholischem Waisenhaus

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Rund 800 unehelich geborene Kleinkinder wurden von katholischen Nonnen in Irland in einem Massengrab entsorgt.
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Auf dem Gelände eines ehemaligen katholischen Waisenhauses in Irland wurden die Gebeine von vielen Kindern gefunden. Das bestätigte eine staatliche Untersuchungskommission am vergangenen Freitag.

In der westirischen Kleinstadt Tuam betrieben katholische Nonnen des Bon Secours-Ordens von 1925 bis 1961 ein Mutter-Kind-Heim - eines von damals rund einem Dutzend Heimen für Waisen und unverheiratete Mütter in Irland. In der Regel brachten unverheiratete schwangere Frauen ihre Kinder in diesen Heimen unter widrigsten Umständen zur Welt, um ‚ihre Sünde‘ zu büßen. Die Kinder wurden den Müttern weggenommen, als ‚uneheliche Missgeburten‘ mehr schlecht als recht von den Nonnen versorgt und meist ohne Einwilligung der Mütter gegen Geld für den Orden an Adoptiveltern vermittelt. Bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts eine gängige Praxis, für die katholische Heime nicht nur in Irland seit geraumer Zeit scharf kritisiert werden.

Das Mutter-Kind-Heim in Tuam steht jedoch noch wegen anderer Vorkommnisse in der Kritik. 2012 hatte die Lokal-Historikerin Catherine Corless die Frage aufgeworfen, was wohl mit 796 Kindern sowie einigen unverheirateten Müttern geschehen sei, die in dem Heim gestorben waren. Für diese hatte Corless in den historische Unterlagen zwar Totenscheine gefunden, einen Nachweis für eine Beerdigung gab es jedoch nur für zwei Kinder.

Aufgrund der Entdeckungen von Historikerin Corless ordnete die irische Regierung offizielle Ermittlungen an. Da nicht nur im Mutter-Kind-Heim in Tuam, sondern auch in vergleichbaren Einrichtungen in Irland immer mehr verdächtige Unregelmäßigkeiten festgestellt und Fälle von Gewalt berichtet wurden, setzte die Regierung 2015 sogar eine eigene Untersuchungskommission ein, die Mother and Baby Homes Commission of Investigation.

Am vergangenen Freitag bestätigte die Kommission nun offiziell, was Corless und andere Einheimische schon längst wussten, nachdem spielende Kinder auf dem Gelände des ehemaligen Heims bereits in den 1970er Jahren Menschenknochen entdeckt hatten: Neben dem Heim befindet sich ein Massengrab. Die Ermittler entdeckten bei Ausgrabungen auf dem Gelände eine Abwassergrube sowie ein unterirdisches Gangsystem mit 20 Räumen, in denen sich "beträchtliche Mengen menschlicher Überreste" befanden. Rechtsmedizinische Untersuchungen der bisher gefundenen Überreste ergaben, dass sie zu ungeborenen Babys und kleinen Kindern im Alter von 35 Wochen bis zu 2 bis 3 Jahren gehörten, die hauptsächlich in den 1950er Jahren gestorben waren.

"Die Untersuchungskommission ist schockiert über diese Entdeckung", heißt es in der schriftlichen Stellungnahme der Mother and Baby Homes Commission of Investigation. Die Kommission erklärte, dass man nun die Ermittlungen fortsetzen werde, um herauszufinden, wer dafür verantwortlich war, dass menschliche Überreste in dieser Weise entsorgt wurden.

Überhaupt hat die Untersuchungskommission noch einiges in Bezug auf die Mutter-Kind-Heime zu ermitteln. Von Vorwürfen hinsichtlich eines regelrechten Schwarzhandels mit Babys, Berichten von medizinischen Experimenten mit Impfstoffen an den Heim-Insassen bis zur erhöhten Sterberate von Kindern in diesen Heimen. Im Bon Secours-Heim in Tuam beispielsweise war die Kindersterblichkeit doppelt so hoch wie in den meisten übrigen Mutter-Kind-Heimen jener Zeit - dies berichtet die irische Internetzeitung The Journal unter Berufung auf Daten aus nationalen Archiven. Danach starben im Bon Secours-Heim in Tuam 31,6% der Kinder unter einem Jahr im Verlauf eines Jahres. Unter anderem wurde als Todesursache bei 25% aller Kinder "Schwäche nach der Geburt" angegeben, 15% starben an Atemwegserkrankungen, 10% an der Grippe und den Masern, 8% wurden zu früh geboren, um überlebensfähig zu sein, und 1% der Kinder starb an Unterernährung.