Buchtipps von der Denkladen-Redaktion zu Weihnachten

Lesen und Schenken

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Es gibt kein Papier, jedenfalls nicht so viel wie sonst. Sicher zuckt ein Teil des hpd-Publikums nun mit den Achseln. Aber für alle, die noch gerne ein gutes Stück Papier in der Hand halten, haben wir vom Denkladen ein paar Buchtipps zusammengestellt. Bücher, die zu haben sind, und die es sich lohnt zu lesen.

Pandemie, Nachschärfen, Wer ist schuld? – Worte und Fragen, die niemand mehr hören will. Doch es gibt sie: Informationen und Fragen zu Pandemien, die gehaltvoller sind als Politikerreden und "Daily News". Zum Beispiel die Frage: Was bewirkt Corona langfristig? Bernd Ingmar Gutberlet wirft in seinem Buch "Heimsuchung" einen Blick auf die Seuchen der Neuzeit, die neben dem bereiteten Schrecken auch immer – so seine These – zu einer Verbesserung der Lebensumstände führten (und damit ist nicht nur medizinischer Fortschritt gemeint). Das Buch wirft außerdem die Frage auf, ob das sinnvolle Konzept der Erinnerungskultur nicht ausgeweitet werden muss: Denn Verschwörungstheorien und Impfgegner:innen gab es schon immer, man hätte also auch hier aus der Geschichte lernen können... Wer hoffnungsvoller in die Zukunft sehen möchte, kann in diesem Buch Bereicherndes finden.

Ebenso gehaltvolle, und – auch körperlich gesehen – tiefergehende Informationen finden wir im Buch von Philipp Dettmer. Denn dass viele SARS-CoV-2 wohl überleben werden, haben wir nicht zuletzt unserem Immunsystem zu verdanken. Wie das im Detail funktioniert, welche Legionen auf dem "Schlachtfeld Körper" gegeneinander antreten, das stellt der YouTube-Wissenschaftsblogger sehr anschaulich und gut verständlich in seinem reich illustrierten und höchst bunt "be-coverten" Buch "Immun" dar.

Wer wie unser Immunsystem das Schlachten-Schlagen liebt, findet im Graphic Novel "Storm" von Tim Minchin "Munition". Denn wer kennt das nicht: Du bist auf einer Party, alles – Stimmung, Getränke, Gespräche – ist gut. Bis jemand anfängt zu quacksalbadern, Sternzeichen erklärt und dass die Wissenschaft eigentlich gar nichts weiß, über den Menschen, das Leben, die Seele. Das kam auch dem Klangkünstler und Pionier der Spoken-Word-Szene Dirk Hülstrunk höchst bekannt vor, sodass er sich sogleich an eine künstlerische Übersetzung des "Slams" aus dem Englischen gemacht hat. Wer also gerne losheulen würde, aber die sozialen Folgen scheut, kann in "Storm" genießen, wie sich ein solcher Sturm Bahn bricht. Eine befreiende Geschichte für Skeptiker:innen, die sich auferlegt haben, immer ruhig und rational zu antworten.

Auch "Das illustrierte Kompendium der Philosophie" von Tanaka und Saito setzt auf Bilder. In dieser Einführung in die Philosophie mittels Piktogrammen werden auf ein bis zwei Seiten mithilfe sympathisch gezeichneter Figürchen Begriffe erklärt, die je einem Philosophen zugeordnet werden (leider nur selten auch einer Philosophin). Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Moderne und der Gegenwartsphilosophie. In gleicher Weise "auf den Kern reduziert" wie die Zeichenstift-Protagonisten sind auch die Informationen. Ein hervorragendes Geschenk für Einsteiger:innen, Lexikon-Verliebte und diejenigen, die über die Feiertage entspannt und mal ohne Bleiwüste ihr Wissen testen wollen. Denn wer kann schon von sich sagen, auf den Punkt über Dialektik, Substanz, Ontologie oder Bio-Macht Auskunft geben zu können...

In Noshin Shahrokhis Roman "So leicht kommst du nicht ins Paradies" spielen Bilder, auch im übertragenen Sinne, hingegen keine Hauptrolle. Es sind vier Figuren, die alle aus der Ich-Perspektive ihr Leben erzählen. Zwei Geschwister, die in einer streng religiösen Familie aufwachsen; ein Mädchen, das von der Familie als Dienerin gekauft wurde; und ein Musikstudent aus dem Nachbarland. Sie alle suchen ihr "Paradies", haben aber sehr unterschiedliche Vorstellungen, wonach zu streben sich lohnt. Der Roman besticht insbesondere durch die Zeichnung dieser lebendigen, niemals schablonenhaften Charaktere.

Die zentralen Motive "Flucht" und "Vertreibung" werden von der Autorin in Beziehung gebracht mit einer rigorosen Religiosität. Eine solche Kritik an negativen Folgen von Religion für Individuum und Gesellschaft wird immer wieder als "Rassismus" attackiert. Dahinter steht ein eindimensionales Weltbild, das beispielsweise den Islam als angeborene Identität begreift. Solche eindeutigen Zuweisungen führen, gerade wenn es um Identität geht, meist in intellektuelle Sackgassen. In seinem "Selbstporträt in Schwarz und Weiß" zeigt Thomas Chatterton Williams, dass es viel lohnender sein kann, Zweifel und Unsicherheit zuzulassen, wenn es um Selbstbeschreibungen geht. Als "schwarzer" Vater zweier "weißer" Kinder stellt sich Williams dem Gefühl, dass bestimmte Kategorien nicht funktionieren und eine universelle Ethik als antirassistische Strategie angemessener wäre.

Dass Vielfalt eben nicht trennen darf, dass alle dazugehören, auch diejenigen, die ein Handicap haben, ist die Botschaft des Kinderbuches "Wir gehören dazu" von Anne Hassel und Eva Künzel. Der hyperaktive Fuchs, die ängstliche Fledermaus, der einbeinige Biber – für alle lässt sich eine Möglichkeit finden teilzuhaben. Na klar, werden jetzt einige sagen, "Pöh, ein Kinderbuch" oder "'Nen Frosch mit Knoten in der Zunge gibt's ja gaaanich". Im Gegenteil: ein voll realistisches Buch – und welche Utopie hätte Humanismus sonst zu bieten?

Alle vorgestellten Bücher gibt's im Denkladen oder in jedem anderen Buchladen.

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