Im August vergangenen Jahres ermordete ein Syrer während des Stadtfests der Vielfalt drei Menschen und verletzte acht Menschen. Die Terrororganisation "Islamischer Staat" bekannte sich zu dem Anschlag. Wer schuld daran hatte, dass der Attentäter noch in Deutschland war, obwohl er seit 2023 hätte abgeschoben werden können, ist immer noch nicht vollständig geklärt. Die nordrhein-westfälische Landesregierung reagierte mit einer Ausweitung ihrer Präventionsarbeit auf den Anschlag und schuf in diesem Bereich insgesamt 45 neue Stellen, fünf davon für den Justizbereich.
Bei einem Besuch der Jugendvollzugsanstalt Wuppertal-Ronsdorf sagte NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne):
"Im Justizvollzug spielt die Radikalisierungsprävention eine herausragende Rolle. Sie ist ein wichtiger Bestandteil der Resozialisierung. Unter Berücksichtigung des Behandlungsauftrages des Justizvollzugs wird in Nordrhein-Westfalen daher seit vielen Jahren ein besonderes Augenmerk auf die Präventionsarbeit und Deradikalisierung von Inhaftierten gelegt."
Einen besonderen Schwerpunkt auf islamistische Gefährder, wie ihn verschiedene Medienberichte nahegelegt haben, gibt es nicht. Auf Anfrage des Humanistischen Pressedienstes teilte das NRW-Justizministerium mit, die Radikalisierungsprävention im nordrhein-westfälischen Justizvollzug befasse sich mit allen Phänomenbereichen des Extremismus:
"Ziel ist die Prävention gegen den religiösen und politischen Extremismus und die Bekämpfung von Radikalisierungsgefahren im Justizvollzug."
Der Fachbereich Radikalisierungsprävention als zentrale Organisationseinheit im Justizvollzug des Landes Nordrhein-Westfalen verfüge neben den über fünf direkt zuständigen Mitarbeitern in den Anstalten über Extremismus-, Integrations- und Präventionsbeauftragte.
Über 13.000 Häftlinge sitzen in den Gefängnissen des einwohnerreichsten Bundeslandes. Wann und wie oft die Präventionsexperten in den 36 Justizvollzugsanstalten und fünf Jugendarresten vorbeischauen, ist nicht geregelt. Auch ob Islamisten sie in ihrer Funktion als Seelsorger besuchen, sieht das Land nicht als seine Sache an. Das Strafvollzugsgesetz NRW regele, dass Gefangenen die religiöse Betreuung durch einen Seelsorger ihrer Religionsgemeinschaft nicht versagt werden darf, teilte das Ministerium auf HPD-Anfrage mit.
Doch nicht alle, die Kontakt zu Gefangenen suchen, sind Seelsorger. Über Jahre hinweg erhielten auch Häftlinge in Nordrhein-Westfalen Besuch von Bernhard Falk. Falk war Mitglied der linken Terrorgruppe "Antiimperialistische Zellen" und wurde vom Oberlandesgericht Düsseldorf 1999 wegen vierfachen versuchten Mordes und diverser Sprengstoffverbrechen zu 13 Jahren Gefängnis verurteilt. 2008 kam er aus der Haft frei. Er konvertierte schon vor Beginn seiner Haftstrafe zum Islam. Heute wirbt er in den sozialen Netzwerken nicht nur für die Taliban und das iranische Regime, sondern stellt sich auch auf die Seite Nordkoreas, Putins und Chinas. Auf Anfrage des hpd, ob er immer noch Häftlinge besucht, antwortete Falk nicht. Allerdings bietet er nach wie vor offen und unter Nennung seiner Telefonnummer und E-Mail-Adresse "juristische Beratung in der BRD verfolgter Antiimperialisten" an.
Ob Falk in NRW-Gefängnissen noch aktiv ist, wollte das Justizministerium auf Nachfrage aus Gründen des Datenschutzes nicht mitteilen. Eine zentrale Regelung, wer Häftlinge besuchen könne, gibt es allerdings nicht: Jede Anstalt entscheide selbst, welche Personen zum Besuch zugelassen werden.