Was auf einer Konferenz in Istanbul beschlossen wurde, könnte sich bald auf Deutschland auswirken

Heiliger Krieg gegen Israel

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Istanbul
Istanbul

Im August trafen sich in Istanbul Islamisten aus der ganzen Welt auf einer Konferenz der Internationalen Union muslimischer Gelehrter (IUMS). Die 2002 in Katar gegründete IUMS nimmt für sich in Anspruch, Muslime der unterschiedlichsten Glaubensrichtungen zu vertreten. Wegen ihrer Nähe zum Regime in Katar wurde sie 2022 in Ägypten, Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Bahrain verboten und als terroristische Organisation eingestuft, was in der Türkei für große Empörung sorgte.

Die Teilnehmer der Konferenz, darunter auch Ali Erbas, dem als Präsident der türkischen Religionsbehörde Diyanet die in Deutschland tätige DITIB untersteht, beschlossen gemeinsam: "Als die Gelehrten, die an der Konferenz teilnehmen, sind wir entschieden gegen die Entwaffnung des Widerstands. Wir lehnen alle Aufrufe, die darauf abzielen, das palästinensische Volk von seinem legitimen Recht auf Widerstand abzuhalten, kategorisch ab. Wir bekräftigen mit Nachdruck, dass das palästinensische Volk alle legitimen Widerstandsformen gegen die zionistische Besatzung hat, einschließlich des bewaffneten Widerstands. Des Weiteren halten wir es für notwendig, die Ummah (islamische Gemeinschaft) für alle Formen des Dschihad auf dem Wege Allahs zu mobilisieren."

Der Mann, der bestimmt, welche Imame in den über 1.000 DITIB-Moscheen Deutschlands predigen und dem die gesamte Organisation, die sie bezahlt, untersteht, unterstützt den Aufruf zu einem Heiligen Krieg gegen Israel und lehnt die Entwaffnung der Terrororganisation Hamas ab, die bei dem Überfall auf Israel am 7. Oktober 2023 fast 1.200 Menschen ermordet und mehrere hundert entführt hat. Zudem rief Erbas zum Boykott israelischer Waren auf und vermied es, Israel beim Namen zu nennen. Für ihn ist das Land nur "das zionistische Regime". Es sei "haram", also aus religiösen Gründen verboten, über den seiner Ansicht nach von Israel begangenen "vollständigen Völkermord" in Gaza zu schweigen.

Der Hamburger CDU-Politiker Ali Ertan Toprak, Ehrenpräsident der Bundesarbeitsgemeinschaft der Immigrantenverbände, sieht nach Erbas Auftritt eine Gefahr: "Wenn der Chef der Religionsbehörde der Türkei, Diyanet, Israel dämonisiert und die Muslime zum Dschihad aufruft, was ja bedeutet, dass die Bekämpfung Israels von Gott gewollt ist, hat das natürlich Auswirkungen auf die türkischen Muslime in Deutschland." Für die in Deutschland lebenden Juden bedeute der Aufruf, dass sie nicht nur Angst vor dem arabisch-islamistischen Antisemitismus haben müssten, sondern auch vor dem türkisch-muslimischen Antisemitismus. "Die Türkei war früher ein laizistischer Staat und hatte auch politische, wirtschaftliche und sogar militärische Beziehungen zu Israel. Dass Israel und die Juden vor den Angriffen von türkischstämmigen Menschen geschützt wurden." Seit Erdogan sei das anders. Die deutschen Behörden wüssten seit Jahren von der Radikalisierung der DITIB. Trotzdem habe man mit der Organisation zusammengearbeitet und sie finanziell unterstützt. "Weil man die Beziehung zum türkischen Staat nicht gefährden wollte, hat man all das die letzten Jahre einfach mitgemacht."

Dass das Bundesinnenministerium nach einem Bericht der Welt in Folge der Konferenz in Istanbul beschlossen hat, die DITIB zu beobachten und einer ihrer Sprecher gegenüber der Zeitung erklärte, Erbas repräsentiere nicht den DITIB-Bundesverband und seine Aussagen gäben nicht die Position oder die Haltung der DITIB wieder, beeindruckt Toprak nicht: "Wenn die DITIB sagt, Erbas spreche nicht für sie, ist das so, als wenn die Deutsche Bischofskonferenz sagen würde, der Papst spreche nicht für sie." Die Politik müsse endlich Konsequenzen ziehen. Nur wenn die DITIB sich vollständig von der türkischen Religionsbehörde Diyanet trennt, könne sie Partner der Politik sein. Zurzeit sei es das Ziel der DITIB, in Deutschland keine türkische Parallel-, sondern eine Gegengesellschaft zu etablieren.

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