Reaktionen zur Böhmermann-Affäre

"Auch der Gotteslästerungs-Paragraph gehört auf den Scheiterhaufen"

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Angela Merkel während der Stellungnahme zum Fall Böhmermann

BERLIN. (hpd) Durch die Böhmermann-Affäre wird nun die Streichung des "Majestätsbeleidigungsparagraphen" im Strafgesetzbuch diskutiert. Doch auch andere, veraltete Paragraphen werden deutlicher als zuvor in Frage gestellt.

Äußerungen zur "Majestätsbeleidigung" im Strafrecht

Die Bundesregierung antwortete am gestrigen Freitag auf die Forderung der Türkei nach einer Strafverfolgung von Jan Böhmermann. Eine Strafverfolgung werde zugelassen, erklärte Angela Merkel. Man sei allerdings der Aufassung, dass der umstrittene § 103 StGB zur Beleidigung von Organen und Vertretern ausländischer Staaten "für die Zukunft entbehrlich" sei. Ein entsprechender Gesetzesentwurf solle noch in dieser Wahlperiode verabschiedet werden.

Viele SPD-Politiker kritisierten die Entscheidung der Kanzlerin, der Forderung des türkischen Präsidenten nachzukommen. Zwischen Außenminister Frank-Walter Steinmeier und Justizminister Heiko Maas auf der einen und Merkel sowie Innenminister Thomas de Maizière auf der anderen Seite habe es keine Mehrheit gegeben. Thomas Oppermann, Fraktionsvorsitzender der SPD, erklärte: "Ich halte die Entscheidung für falsch. Strafverfolgung von Satire wegen 'Majestätsbeleidigung' passt nicht in moderne Demokratie." SPD-Parteivorstandsmitglied Elke Ferner pflichtete bei: "Thomas Oppermann hat völlig recht! Majestätsbeleidigung ist für das vorletzte Jahrhundert", sagte sie. 

Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele bezog am Donnerstag in der Tagesschau Stellung. Gemeinsam mit anderen Abgeordneten legte er einen Gesetzentwurf für die Streichung des "Majestätsbeleidigungsparagrafen" im Strafgesetzbuch vor. Darin heißt es: 

"Angesichts der Historie aus vordemokratischen Zeiten und der genannten Schwierigkeiten ist eine Streichung des § 103 StGB unumgänglich. Über § 185 StGB können Beleidigungen – auch die ausländischer Politiker – geahndet werden. Insofern entsteht durch eine Streichung keine Strafbarkeitslücke. Die Bewertung, ob der Tatbestand einer Beleidigung erfüllt ist oder der Vorgang z.B. durch die Meinungs-und Kunstfreiheit geschützt ist, ist in unserem Rechtsstaat Sache der Strafverfolgungsbehörden und der unabhängigen Gerichte bis hin zum Bundesverfassungsgericht." 

Nicht nur § 103 StGB muss fallen

Die Giordano-Bruno-Stiftung kritisierte die Zulassung der Strafverfolgung als "Kniefall vor einem Despoten". Die Streichung von § 103 StGB sei ein längst überfälliger Schritt. In diesem Zuge müsste allerdings auch §166 StGB fallen, erklärte GBS-Vorstandssprecher Michael Schmidt-Salomon, da ‚Gotteslästerung‘ und ‚Majestätsbeleidigung‘ seit jeher eng miteinander verbunden seien. "Beide Paragraphen gehen zurück auf die unselige Zeit der Vermählung von Thron und Altar und haben in einer modernen offenen Gesellschaft nichts zu suchen, da sie die Fundamente des demokratischen Rechtsstaats untergraben", so Schmidt-Salomon.

Ähnlich kommentierte Tilo Jung, Redakteur der Interview-Sendung "Jung & Naiv", die Sachlage auf Facebook: "Wir begrüßen die Entscheidung der Bundesregierung die Straftat "Majestätsbeleidigung" (StGB §103) abzuschaffen. Und wenn sie schon dabei ist, unsinnige Paragrafen zu streichen, dann sollte auch gleich §90 ('Verunglimpfung des Bundespräsidenten') verschwinden." Da die Beleidigung von ausländischen Staatsoberhäuptern künftig straffrei sein soll, müsse das auch für das deutsche Staatsoberhaupt gelten. "Zuguterletzt gehört auch der Gotteslästerungs-Paragraf (§166) auf den Scheiterhaufen", so Jung

In gewohnter Aufregung fasste Gernot Hassknecht diese Forderungen in der ZDF-Satiresendung "heute-show" zusammen: