Spanien: Vorlage für neues Trans-Gesetz angekündigt

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Mit einem neuen Gesetz sollen Hürden für Menschen mit Transhintergrund fallen. Die Einnahme von Hormonen und medizinische sowie psychologische Diagnosen sollen nicht mehr notwendig sein, um eine Änderung des Geschlechtseintrages in offiziellen Dokumenten erwirken zu können. Während Bündnisse transsexueller Menschen die Schritte begrüßen, warnen einige feministische Gruppen vor dem Missbrauch der neuen Gesetzgebung durch Männer.

Nachdem bereits im März 2018 ein Entwurf zur Novellierung der Trans-Gesetzgebung unter anderem von Podemos in den Kongress eingebracht worden war, soll es in diesem Jahr so weit sein und ein neues Gesetz verabschiedet werden. Im vergangenen Dezember verkündete Ángela Rodríguez vom Gleichstellungsministerium, dass zu Beginn diesen Jahres ein Gesetzesentwurf vorgelegt werden solle.

Der Entwurf von 2018 sollte transplural und offen sein, um der Diversität der unterschiedlichen Identitäten Rechnung zu tragen und nicht-binäre Menschen nicht ausklammern. Es wird angenommen, dass die Forderungen des Entwurfes in den neuen Gesetzestext übernommen werden. Diese Forderungen sind die Depathologisierung von Menschen mit Transhintergrund, die Möglichkeit der Änderung des Geschlechtseintrages für Minderjährige und die Anerkennung nicht-binärer Geschlechtsidentität mit einer dritten Geschlechtsoption, wie es sie in Deutschland als "divers" bereits gibt.

Eine Depathologisierung würde bedeuten, dass nicht nur medizinische und psychologische Gutachten zur Änderung des Geschlechtseintrages in offiziellen Dokumenten der freien Willenserklärung weichen, sondern auch die zwei Jahre währende Einnahme von Hormonen zur Anpassung des Körpers an vermeintlich wichtige Merkmale des anderen Geschlechts vor einer Änderung des Eintrages wegfallen. Nachdem bereits im Trans-Gesetz von 2007 der Zwang zu einer operativen Anpassung des Körpers gestrichen wurde, ist dies der nächste logische Schritt.

Die Vorsitzende der Federación Plataforma Trans ("Bündnis Transplattform"), Mar Cambrollé, begrüßt nicht nur die Initiative zur Gesetzesnovelle sondern auch den Wegfall dieser Hürden. Für sie macht es wenig Sinn, dass ein Körper zwanghaft an Geschlechtsvorstellungen angepasst werden müsste. Auch sieht sie großes Diskriminierungspotential, wenn eine Person bereits nach fünf Monaten Hormoneinnahme deutliche körperliche Veränderungen durchmacht, aber noch immer mit einem Namen verbunden und gerufen wird, der dem anderen Geschlecht zugeordnet wird.

Minderjährige konnten den Geschlechtseintrag bisher nicht ohne Einverständnis der Erziehungsberechtigten ändern. Mit dem neuen Gesetz könnten Personen ab 16 Jahren den Geschlechtseintrag selbst anpassen. Unter-16-Jährige benötigten nur noch die Zustimmung eines Erziehungsberechtigten oder könnten – falls diese der Entscheidung entgegenstehen – juristischen Beistand einfordern. Außerdem sollen nicht-binäre Personen nach dem Willen des neuen Gesetzes einen dritten Geschlechtseintrag wählen können.

Obwohl der Gesetzesvorstoß bei Trans-Bündnissen auf Zustimmung stößt, gibt es auch kritische Stimmen. Frauen feministischer Bündnisse wie Contra el borrado de las mujeres ("Gegen die Auslöschung der Frauen") befürchten, dass hart erkämpfte Frauen- und Mädchenrechte geopfert werden können. Sie befürchten auch, dass jeder Mann sich kurzerhand als Frau bezeichnen könnte, um zum Beispiel in ein Frauengefängnis oder in andere, Frauen vorbehaltene Räume zu kommen. Für Contra el borrado de las mujeres ist Geschlecht auch keine Identität, sondern eine Mischung aus Stereotypen und Rollen, die die Gesellschaft für Personen eines Geschlechts vorsieht.

Für Mar Cambrollé sind das keine guten Gründe, die gegen eine Gesetzesnovelle sprächen. Wie bei jedem anderen Gesetzesbruch sei es an den Behörden, Männer zu verfolgen, die versuchten, das neue Trans-Gesetz zu missbrauchen. Sie weist vielmehr auf die hohen Raten an Suizid, Mobbing und Gewalt hin, denen Menschen mit Transhintergrund ausgesetzt sind. So sind Suizidgedanken und -versuche vor allem bei jungen transsexuellen Personen höher als bei anderen, Mobbing in der Schule und am Arbeitsplatz häufig und die Gewalt hoch. Besonders Frauen mit Transhintergrund sind betroffen. Zwischen Oktober 2019 und September 2020 wurden 350 Menschen mit Transhintergrund oder nicht-binärem Geschlecht allein wegen der Tatsache getötet, nicht in das althergebrachte Geschlechtsmodell zu passen.

Eine veränderte Gesetzgebung könnte nicht nur Hindernisse aus dem Weg räumen, sondern auch die Akzeptanz geschlechtlicher Diversität vergrößern. Ob ein Strafkatalog für den Missbrauch des Gesetzes vorgesehen ist, ist nicht bekannt.

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