Ein jüngst gefälltes Urteil des Bundesgerichtshofs beschreibt die Anforderungen an eine Patientenverfügung; diese soll so konkret wie möglich sein. Bei einer nicht perfekt formulierten Patientenverfügung läuft man hingegen Gefahr, jahrelang im nicht mehr kommunikationsfähigen Zustand zwangsweise am Leben gehalten zu werden.
In einem Streitfall über künstliche Ernährung erklärte der BGH eine vorliegende Patientenverfügung als nicht konkret genug an. Hintergrund war ein Streit unter drei Schwestern über die Behandlung ihrer Mutter. Diese wird seit einem Hirnschlag 2011 von einer Magensonde künstlich ernährt. Nach mehreren epileptischen Anfällen kann sie nicht mehr sprechen.
Zuvor hatte die Mutter eine Patientenverfügung nach einer Vorlage der evangelischen Landeskirche in Bayern verwendet. Darin hieß es, dass im Falle eines schweren Dauerschadens ihres Gehirns "lebensverlängernde Maßnahmen unterbleiben" sollten und sie "in Würde" sterben wolle. Über die Frage, ob die Mutter einer künstlichen Ernährung nun zugestimmt hätte, waren sich die Schwestern uneinig, der Fall kam vor Gericht.
Im BGH-Urteil, das am 08. August veröffentlicht wurde, heißt es nun: "Von vornherein nicht ausreichend sind allgemeine Anweisungen, wie die Aufforderung, ein würdevolles Sterben zu ermöglichen oder zuzulassen, wenn ein Therapieerfolg nicht mehr zu erwarten ist." Ohne Verweis auf bestimmte Maßnahmen oder Krankheiten sei unklar, ob die Ablehnung lebenserhaltender oder lebensverlängernder Maßnahmen auch die künstliche Ernährung umfasse. Zudem hätten die Zusätze in der notariellen Vorsorgevollmacht für Unbestimmtheiten gesorgt, so der BGH.
Gita Neumann, Referentin Lebenshilfe beim Humanistischen Verband äußerte sich wie folgt zu dem Urteil: "Wir von der Bundeszentralstelle Patientenverfügung sehen das Urteil als sehr streng im Sinne des Lebensschutzes an. Viele Menschen sind nun besorgt, ob ihre Patientenverfügung Gültigkeit besitzt und befürchten, Angehörige und Ärzte könnten ihre Patientenverfügung nach eigenem Gutdünken interpretieren. Das Urteil bestätigt uns aber sehr in unserer Arbeit. Beide Varianten unserer Patientenverfügung entsprechen den vom BGH formulierten Anforderungen. Unsere vielen tausend KundInnen, die bisher eine unserer Patientenverfügungen unterschrieben haben, können also beruhigt sein."
1 Kommentar
Kommentare
Klaus Bernd am Permanenter Link
So recht beruhigen kann mich das nicht. Die "Konkretisierung" kann man schließlich beliebig weit treiben. Ibs.
Es bestätigt sich aber auch, wie wichtig es ist, - diesen Hinweis bekam ich auf entsprechende Anfrage von der DGHS - eine Rangfolge von Einzelpersonen in Patientenverfügung und Vorsorgevollmachten festzulegen.