USA: Mehr protestantische Kirchenschließungen

Noch immer sind religiöse Vorstellungen in der amerikanischen Bevölkerung weit verbreitet. Mehr als die Hälfte konnte 2019 allein dem Christentum zugerechnet werden. Doch nun zeichnet sich zumindest bei den Protestant:innen ein Trend ab, wonach mehr Kirchen aufgrund von Mitgliederschwund zumachen, als dass diese Zahl durch Neueröffnungen ausgeglichen werden könnte. Auch weitere Faktoren könnten dazu beitragen, dass sich diese Entwicklung fortsetzt.

Das Christentum ist in den USA unter den religiösen Weltanschauungen anteilsmäßig am stärksten vertreten. Dabei entfallen auf evangelikale Protestant:innen 26,3 Prozent der religiös Gläubigen, auf Katholik:innen 23,9 Prozent, auf Protestant:innen 18,1 Prozent und schwarze Kirchen machen einen Anteil von immerhin 6,9 Prozent aus. Eine der drei größten religiösen Gruppierungen muss nun aber mit einem Einflussverlust rechnen. Untersuchungen ergaben, dass im Jahr 2019 ungefähr 4.500 protestantische Kirchen schließen mussten, während lediglich 3.000 neue gegründet wurden. Der Trend des Anwachsens, welcher zumindest bis 2014 – in diesem Jahr waren es noch 300 mehr Neueröffnungen als Schließungen – nachgewiesen werden konnte, hat sich nun also erstmalig umgekehrt.

Diese Entwicklung ist für religiöse Autoritäten vor Ort vor allem deshalb überraschend, weil sie in den von Mitgliederschwund betroffenen Regionen viele Ressourcen investiert haben, um zu versuchen, eine Kirchenschließung zu vermeiden. Mit einem Rückgang neuer religiöser Gemeindegründungen haben die Protestant:innen hingegen gerechnet. Den Grund hierfür machen die Verantwortlichen vor allem in der Schwierigkeit aus, neue Pastor:innen zu finden. Die im Hinblick auf die Gründung neuer Kirchen allgemein beschwerliche Lage hat sich durch die Conronapandemie noch weiter verschärft, da hierfür gerne gewählte Orte wie Schulaulen, Kinos oder Theater externen Veranstaltungen generell eine Absage erteilt haben, um die Gefährdungslage so klein wie möglich zu halten.

Eine weitere Untersuchung im Auftrag der United Church of Christ kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. Diese ergab, dass im letzten Jahrzehnt pro Jahr zwischen 3.850 und 7.700 protestantische Gotteshäuser ihre Pforten dauerhaft schließen mussten. Die Studie weist auch auf den Umstand hin, dass das Coronavirus diesen Trend begünstigt. Dieser Schrumpfungsprozess trug dazu bei, dass erstmals seit Erhebung der Daten zur Kirchenmitgliedschaft des Gallup-Instituts im Jahr 1937 die Zahl der Personen, die Mitglied einer Kirche, Synagoge oder Moschee sind, im Jahr 2020 auf unter 50 Prozent fiel. Bis zur Jahrtausendwende noch blieb dieser Wert relativ stabil bei 70 Prozent.

Während der Pandemie sind einige Kirchen in den USA nicht sonderlich verantwortungsvoll mit den Coronaauflagen umgegangen. Etwa in Kalifornien wehrten sich viele Kirchenmitglieder gegen die Einschränkungen, die häufig mit einer vorübergehenden Schließung einhergingen. Dass das Problem bei öffentlichen Veranstaltungen nicht ausschließlich die Innenräume sind, in denen durchaus mit Masken und Mindestabständen die Gefahr von Ansteckungen minimiert werden kann, sondern etwa auch die Anfahrtswege oder der Gang zur Toilette, bei denen die Einhaltung von Abständen schwierig ist, wurde dabei völlig ignoriert. Diese unnötigen Gefahrenpotenziale zur Ansteckung auszuklammern, mag zwar dem Versuch des Erhalts von generell kleiner werdenden Kirchen dienlich sein. Wenn dafür jedoch unnötige Todesfälle durch ein Virus in Kauf genommen werden, wird der Gesellschaft damit ein Bärendienst erwiesen. Ob solch ein im Kern antiwissenschaftlicher Protest dazu führt, dass die Kirche aufhört, zu schrumpfen oder ob solch ein Protest diesen Prozess sogar noch beschleunigt, wird sich in den kommenden Jahren zeigen.

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