BERLIN. (hpd) Die Abgeordneten des schleswig-holsteinischen Landtags beraten heute, am 29. April 2016, in erster Lesung über den Entwurf einer Verfassungsänderung, mit der ein Gottesbezug in die Präambel aufgenommen werden soll. Die von Abgeordneten aus CDU, SPD, Grünen und SSW vorgeschlagene Änderung (Drs. 18/4107(neu)) ist nach Ansicht der Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union völlig verfehlt und widerspricht den verfassungsrechtlichen Geboten der Religionsfreiheit sowie der religiös-weltanschaulichen Neutralität des Staates.
Dr. Kirsten Wiese vom Bundesvorstand der Humanistischen Union kritisiert den Vorschlag, da er zentrale Werte unserer Verfassung konterkariere. "Ein Gottesbezug in der Verfassung widerspricht nicht nur der gebotenen Neutralität des Staates in religiösen Fragen, sondern auch dem demokratischen Grundverständnis unserer Verfassung. Gott ist nicht verhandelbar, die Inhalte der Verfassung eines demokratischen Gemeinwesens in gewissem Rahmen schon."
Aus Sicht der Humanistischen Union sei es keineswegs gerechtfertigt, einzelnen Religionen in der Verfassung einen Sonderstatus einzuräumen. "Bei aller Modernisierung, die mittlerweile in den Religionsgemeinschaften stattgefunden hat: zwischen deren Glaubensinhalten und den Werten unserer Verfassung – den Grundrechten – gibt es bis heute unübersehbare Differenzen, etwa bei den Fragen der Selbstbestimmung über Körper und Leben, privaten Beziehungen oder dem Arbeitsrecht." Kirsten Wiese erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass auch heute noch regelmäßig um Beschränkungen der individuellen Meinungs-, Glaubens- und Handlungsfreiheit gestritten wird, die etwa die christlichen Kirchen ihren Mitgliedern auferlegen.
Helga Lenz vom Landesverband Schleswig-Holstein der Humanistischen Union hält es für einen misslungenen Vorschlag, den Verfassungstext mit der Leerformel von "andere(n) universellen Quellen" zu beginnen. Darüber hinaus sei die Gottesformel auch unpassend, denn die Landesverfassung regle im wesentlichen den Aufbau der Landesbehörden sowie deren Handeln. Weder Gesetzgeber, Verwaltung noch Rechtsprechung sollten ihr Handeln aus einer speziellen Glaubensüberzeugungen ableiten, da dies immer die Gefahr einer Ausgrenzung oder Benachteiligung andersgläubiger Menschen mit sich bringe.
"Wo bleibt die Anerkennung für Muslime, Buddhisten, Juden, Atheisten, Agnostiker oder Humanisten?", fragt Lenz. Der Vorschlag zur Änderung der Landesverfassung sei auch unverständlich, weil die Initiatoren bisher keine Begründung vorgelegt haben. "Jenseits von populistischen Überlegungen sind keine Gründe ersichtlich, warum ein Bezug auf Gott und andere universelle Glaubenswerte sinnvoll und notwendig sein soll", so Lenz.
Die Humanistische Union fordert daher alle Abgeordneten des Schleswig-Holsteinischen Landtags auf, der Verfassungsänderung nicht zuzustimmen.
3 Kommentare
Kommentare
Wolfgang am Permanenter Link
Ein Bundesland, das einen Gott in seiner Verfassung haben will, ist in keiner guten Verfassung. Da sind sie wirklich schon von Gott verlassen.
Rainer Bolz am Permanenter Link
Die Verschwendung geistiger Ressourcen im Schleswig-holsteinischen Landtag wird dabei nicht beklagt; man ist daran gewöhnt.
Gott hat sich so für sein Volk eingesetzt, als hätte es ihn nie gegeben, - als hätte ihn sich sein Volk nur eingebildet.
Wir benötigen keine Mirakelspielchen mit einem über das Wasser laufenden Prediger. Welchen halbwegs gebildeten Mitteleuropäer soll das bitte überzeugen.
Haushaltsgelder sind verantwortungsvoll, sinnvoll einzusetzen. Gerade in Schleswig-Holstein fehlen Gelder an so vielen Stellen, Zuschüsse für Abergläubische Vereine sind absolut fehl am Platz.
Aberglauben in einer Verfassung erst recht.
Martin Hartig am Permanenter Link
Der bisherige Text der Verfassung beruft sich auf die „Grundlage der unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechte als Fundament jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit“.